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Idioten auf zwei Pfoten

Idioten auf zwei Pfoten

Titel: Idioten auf zwei Pfoten
Autoren: Edda Minck
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gesagt, sie sei noch nicht einmal bis zur nächsten Straßenecke gekommen. Wie er uns erklärte, war sie taub und hat die Schüsse gar nicht gehört.«
    »Und Alfonso? Was ist mit Alfonso?«
    »Lopo wusste zu berichten, dass er schwer verletzt wurde, aber mit zertrümmerten Hinterläufen doch noch fliehen konnte. Später, als Lopo selbst eingefangen worden war, von den Leuten, die auch dich aufgenommen hatten, sah er Alfonso in einem Käfig liegen. Er hatte nur noch drei Beine. Er fieberte und war nicht ganz bei sich. Er rief nach dir, aber aus Respekt vor einem Todgeweihten hat Lopo ihm nichts von deinem Verrat gesagt … dass sie dir einen neuen Namen verpasst hatten, ganz wie du es geplant hattest, und dass du dann aus dem Land geschafft worden bist – ein Leben in Saus und Braus vor dir. Und jetzt, João, stehst du auf einmal vor unserer Tür. Was glaubst du, sollen die anderen denken?«
    In meinem Kopf drehte sich alles. »Assunta tot, Alfonso in Agonie … und ich in Saus und Braus?! Ha! Wo ist er? Wo ist Lopo? Ich werde diesen Verräter auf der Stelle töten. Ich werde ihm alle Glieder einzeln ausreißen. Er hat die Cães herbeigerufen.
    Nachdem ich ihn vor zwei Jahren aus dem Rudel geworfen habe, hat ihn kein anderer Clan mehr aufgenommen. Er ist bis nach Teixoso gelaufen, aber auch dort wussten alle, was für ein mieser Charakter er ist. Und in seiner Not hat er in speichelleckerischer Art und Weise das Vertrauen der Cães und der Jäger gewonnen und uns verraten. So muss es gewesen sein. Denn wer ist denn wohlbehalten, ohne eine Schramme, hier angekommen? Wer? Und jetzt will er sich bei euch lieb Kind machen, indem er Märchen erzählt. Was hat er denn dazu gesagt, warum er überhaupt Zeuge des Ereignisses geworden ist?«
    »Er hat gesagt, er wäre Vizekanzler in deinem Rudel gewesen und du hättest ihn genauso ans Messer geliefert wie die anderen. Er hatte keine Ahnung. Sein einziges Glück sei gewesen, dass er ein wenig zu spät gekommen sei, weil er bei irgendeinem Typ unter der Bank gelegen habe und die Zeit verschlief.«
    »Das klingt ganz nach Lopos Intrigen. Und offensichtlich hat er geglaubt, wir würden uns nie wiedersehen. Du musst mir glauben, Brezel, Lopo ist ein Lügner und Verräter.«
    »Es ist zu vermuten«, sagte Brezel und schob seine lange Nase zwischen seine Pfoten. »Weine nicht, João. Deine Assunta ist zum Regenbogen gegangen. Und Alfonso, dein Freund …? Wer weiß? Erzähl mir von ihm. Vielleicht verschafft es deinem Herzen ein wenig Erleichterung.«
    Ja, Alfonso, in jener Nacht habe ich dem Alten von dir erzählt, von deinem großen Kopf, einem kleinen Weinfass gleich, der auf einem riesenhaften Leib und so starken Pfoten thront und einen Hals krönt, der so dick wie ein Baumstamm ist, dass dich der stärkste Wind nicht umwerfen kann. Noch nicht einmal die mutigsten Cães haben es je gewagt, sich im offenen Kampf mit dir zu messen. Und die Menschen sind vor deiner Erscheinung davongerannt. Ich weiß, Alfonso, in deinem großen Kopf befindet sich nicht viel mehr als in der Suppenschüssel von Dona Clara, aber dein Herz, Alfonso, dein Herz ist größer als der Torre. Ach, was sage ich? Größer als alle Berge der Serra da Estrela und weicher als der Reis, den der alte Oliveira mümmelt. Der Mut, der in deinem Herzen wohnt, reicht für drei. Mein Vater, Alfonso, mein Vater hat immer gesagt, »Pass auf Alfonso auf. Es gibt keinen Besseren.«
    Ach, mein Freund, hat dieses gesegnete Herz wirklich aufgehört zu schlagen? Ich zittere vor dem Gedanken, mein Vater könnte im Jenseits erfahren, dass ich dich nicht vor dem großen Unglück habe bewahren können. Ich bin auch dieser Aufgabe nicht gerecht geworden.
    Werde ich nun nie wieder deine tiefe Stimme hören, nie wieder im Schatten deines mächtigen Leibes dösen? Alfonso, du bist so viel mehr als ein Hund. Du bist mein Freund. Und sollte auch ich alsbald den dunklen Gang betreten müssen, dann wirst du der Erste sein, dem ich begegnen will. Wirst du am Ende des Regenbogens auf mich warten? Auf mich, El-Rei Dom João, der voller Scham vor dir auf die Knie fallen und unter Tränen um Verzeihung bitten wird. Versprich es, Alfonso, versprich es. Denn das ist mir der einzige Trost.
    Als ich unter großen Seufzern geendet hatte, war es der Alte, der Tränen in den Augen hatte. Seit dieser Nacht fallen mir die Haare aus. Ich fresse nicht mehr, ich kümmere mich um nichts. Ich warte ab, bis der Tod mich holt und wir uns endlich wiedersehen.
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