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Ich will dir glauben

Ich will dir glauben

Titel: Ich will dir glauben
Autoren: Elisabetta Bucciarelli
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abgeschrieben. Jede der vom Staatsanwalt zusammengetragenen Zeugenaussagen trug dazu bei, dass diese Vermutung traurige Gewissheit wurde.
    Nun ging es darum, die letzten Mosaiksteine zusammenzusetzen. Die Last der Verantwortung auf die Gewissen zu verteilen. Mit der ein oder anderen Form von Gewahrsam, diejenigen zu schützen, die möglicherweise sich selbst oder jemand anderem etwas antun könnten, ohne es unbedingt zu beabsichtigen.
    »Wir werden Anselmo in eine psychiatrische Klinik einweisen lassen, wo man ihn behandeln wird«, erklärt Achille Funi Pina Maggi, während die Polizei den Bauernhof räumen lässt.
    Die Frau zeigt keinerlei Regung, verhält sich, als ginge nichts Ungewöhnliches um sie herum vor.
    »Sie werden wohl mit einer Haftstrafe zu rechnen haben. Besser, Sie suchen sich einen Anwalt, ansonsten wird man Ihnen einen Pflichtverteidiger zuweisen.«
    Sie schweigt weiterhin.
    »Sie machen sich der Mittäterschaft schuldig. Nur wenn Sie sprechen, wird der Richter ein gutes Wort für Sie einlegen können.« Er hofft, eine Drohung könne sie womöglich zu einer Zeugenaussage bewegen. Oder vielleicht begeht er den gleichen Fehler wie immer, nämlich sich zu erhoffen, dass die Anklage ungefähr dem entsprach, was die Beschuldigten auch wirklich verdienten. Er weiß, dass Pina Maggi im besten Falle wegen Beihilfe zur Beseitigung eines Leichnams dranzukriegen war. Und das scheint ihm eindeutig zu wenig.
    »Sie hat dabei zugesehen, wie sie alles wegtrugen, hat ihre Gäste herzlich verabschiedet und sich anschließend in ein Zimmer auf dem Bauernhof zurückgezogen.«
    Nina Parisi hört Funi zu und spürt, dass irgendetwas nicht stimmt.
    »Es ist alles so verzwickt, und die banalen, offensichtlichen Dinge habe ich noch immer nicht gelöst.«
    »Du meinst die Kreuze?«
    »Ja. Es sind riesige Teile, die an vierzehn verschiedenen Orten aufgestellt wurden. Jeweils dort, wo eines der magersüchtigen Mädchen lebte. Und ich komme einfach nicht dahinter, wer sie hingepflanzt haben könnte.«
    »Genügt es dir denn nicht zu wissen, warum sie aufgestellt wurden?«
    »Nein.«
    Er begreift plötzlich, dass eine halbe Wahrheit nie ausreicht. Sein Wissensdurst wird erst vollständig gestillt sein, wenn er weiß, wer die Kreuze errichtet hat.

120
    § 415, Antrag auf Einstellung der Ermittlungen. Einen Tag später bat Maria Dolores Vergani um eine Anhörung. Es ist ihre erste Zeugenaussage überhaupt. Sie plädiert auf Notwehr. Max Nagel hat bereits Berufung eingelegt und die Einstellung des Verfahrens beantragt.
    Gerade ist sie wieder nach Hause zurückgekommen. Hat es sich gemütlich gemacht und liegt auf dem Sofa ausgestreckt. Die Füße auf den weißen Kissen. Sie betrachtet ihre schlanken, schön geformten Beine. Zum ersten Mal in ihrem Leben richtig durchtrainiert. Sie hatte endlich wieder etwas Zeit für die nebensächlichen Dinge.
    Sie öffnet den Rucksack mit ihren persönlichen Sachen. Sie haben ihr alles ausgehändigt. Kleider, Uhr, Taschenlampe, Diensthandy. Nur das Taschenmesser fehlt. Ihre Eltern bereiten gerade gemeinsam das Abendessen vor. Ihr Vater hat leckere Sachen aus dem Ayas-Tal mitgebracht. Und immer wieder Blumen. Holzschnitzereien. Geschenke von Dorfbewohnern. Und Bücher, von Margot, einer Buchhändlerin und Maria Dolores’ Freundin.
    Sie fühlt sich erleichtert, befreit von der Last drückender Gedanken. Nur ein einziger bleibt noch zurück. Ihre Kündigung. Das Schreiben liegt fertig da. Sie hatte sich überreden lassen, das Ende des Prozesses abzuwarten. Nichts sollte dem weiteren Verlauf und dem guten Ausgang im Wege stehen.
    Sie schaltet ihr Nokia nach langer Zeit das erste Mal wieder ein. Der Akku ist fast leer. Sie sucht nach dem Ladegerät und findet es ganz unten im Rucksack. An jenem Tag hatte sie wirklich an alles gedacht. Sie steckt das Ladegerät ein, wartet einen Moment ab und gibt dann ihre PIN ein. Es erscheinen alle unbeantworteten Nachrichten. Die Anrufe des vergangenen Jahres. Sie geht alle durch, bis zum Datum des besagten Tages. Eine SMS von ihrer Mutter. Eine von Michele. Von Funi. Und schließlich eine Nummer, die mit keiner aus ihrem Telefonbuch übereinstimmt.
    Sie setzt sich. Überprüft die Details des Anrufs. Er ging am Abend davor ein. Genau an besagtem Abend. Uhrzeit: 21:30 Uhr. Sie überlegt kurz. Jemand klopft an ihre Tür. Sie schafft es gerade noch rechtzeitig, die Nummer zu wählen.
    »Pension Mailand, Guten Abend, was kann ich für Sie tun?«
    »Wer spricht da
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