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Ich töte lieber sanft (German Edition)

Ich töte lieber sanft (German Edition)

Titel: Ich töte lieber sanft (German Edition)
Autoren: George V Higgins
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ihn trotzdem mitmachen lassen. Und er war tatsächlich der falsche Typ, und darum musste ich fast sieben Jahre lang jeden verdammten Tag, so kams mir vor, dieses fette eklige Schweinefleisch fressen. Meine Kinder wurden größer, mein Geschäft lief so lala, jedenfalls nicht so gut, wie es hätte laufen können, und ich saß im Knast. Und für diese Zeit gibts keinen Ausgleich, verstehst du? Darum kann ich mein Lieblingsessen jetzt nicht mehr essen, weil es mich immer dar an erinnert. Also lasse ich mir von jetzt an Zeit, und mehr gibt es dazu nicht zu sagen. Es ist mir egal, was du davon hältst und was dir im Genick sitzt. Wir können was machen – also gut, dann machen wir es. Aber nur, wenn wir es sicher über die Bühne bringen und nicht eine gute Sache in den Sand setzen und uns wieder in die Scheiße reiten. Ich werde nie mehr Schweinefleisch fressen. Ich werde mir nie mehr was vermasseln lassen. Ruf mich Donnerstag an. Donnerstag weiß ich Bescheid. Dann erfährst du mehr.«

2
    Auf dem zweiten Bahnsteig der U-Bahnstation Park Street blieb Russell zwei Schritte vor Frankie stehen. »Na gut«, sagte er. »Und jetzt? Gehen wir da rauf oder was?«
    Frankie lehnte sich an einen der rot-weißen Pfeiler. »Kommt drauf an«, sagte er.
    »Aber nicht auf mich«, sagte Russell. »Ich bin seit Viertel vor fünf auf den Beinen und total kaputt. Und außerdem, wenn ich jetzt nicht da raufgehe, kann ich vielleicht eine schöne Nummer schieben.«
    »Macht man das eigentlich nicht mehr abends?« sagte Frankie. »Meine Schwester, Sandy – früher hätte man die fesseln müssen, damit sie abends zu Hause bleibt, und jetzt ist sie jeden Dienstag- und Mittwochnachmittag weg. Ich wohne seit fünf Wochen bei ihr, aber dienstags und mittwochs ist sie nie da.«
    »Wahrscheinlich ein Feuerwehrmann von der Nachtschicht«, sagte Russell. »Und am Wochenende bleibt sie zu Hause – also ist er wohl eher noch jung.«
    »Oder ein Scheißbulle«, sagte Frankie. »Bei einem Bullen wärs genauso. Ich hab ihr gesagt: ›Es geht mich zwar nichts an, Sandy, aber ich hoffe doch sehr, dass du nicht mit einem Bullen in die Kiste springst.‹ Sie sieht mich an. ›Wieso? Was habt ihr denn schon, das Bullen nicht auch haben?‹ Tut mir echt leid, die Kleine.«
    »Du solltest dir lieber selber leidtun«, sagte Russell.
    »Tu ich ja«, sagte Frankie. »Aber sie hat nie eine echte Chance gehabt. Sie ist immer ganz gut zurechtgekommen, das meine ich nicht. Aber eine echte Chance hatte sie nie.«
    »Keiner hat je eine echte Chance«, sagte Russell. »War doch schon immer so. Ich hab letztens eine kennengelernt, und sie hat gesagt, ich soll doch heute Nachmittag mal vorbeikommen. Ich hab gesagt: ›Da hab ich was zu erledigen – wie wärs mit abends?‹ Geht nicht, sie muss arbeiten, Spätschicht. Macht nichts, sage ich, ich kann lange aufbleiben. Sie ist Krankenschwester. Weißt du, was sie sagt? ›Pass auf‹, sagt sie, ›ich wasche den ganzen Tag alten Männern die Ärsche und so weiter, und danach bin ich stehend k.o. Glaubst du, dass ich danach noch vögeln will? Glaubst du das wirklich? Ich nicht.‹«
    »Na, da hast du ja eine echte Perle aufgerissen«, sagte Frankie. »Ich seh sie geradezu vor mir, wie eine Reklame für Badeanzüge. Wunderschön. Pass bloß auf, dass da nicht irgendwo eine Handvoll Scherben versteckt ist.«
    »Du darfst nicht vergessen, ich war fast vier Jahre im Trockendock«, sagte Russell. »Ich hätte eine Schlange gevögelt, wenn sie einer festgehalten hätte. Diese Bräute, ich weiß schon, man will nicht gleich über sie herfallen, kaum dass man sie sieht, aber sie haben alles, was nötig ist.«
    Jenseits der Gleise, auf dem Bahnsteig für die Züge in südlicher Richtung, erschien mit schwankenden Schritten ein stämmiger Mann. Er trug einen weißen Overall und hatte einen blauen Eimer in der Hand. Er wandte ihnen den Rücken zu und musterte die gekachelte Wand. Er stellte den Eimer ab. Er stemmte die Hände in die Hüften. Auf die Wand waren mit roter Farbe halbmetergroße krakelige Buchstaben gesprüht: SOUTHIE BLÄST JEDEN . Er bückte sich und nahm eine Drahtbürste und eine Dose Verdünner aus dem Eimer.
    »Wär schön, wenn ich das auch so sehen könnte«, sagte Frankie. »Irgendwie kann ich mich auf nichts konzentrieren. Ich dachte immer: Mann, wenn ich aus diesem Scheißknast rauskomme, müsst ihr alle Frauen aus der Stadt schaffen. Aber weißt du, was ich mache? Ich schlafe. Ich hab das Gefühl, wenn man mich
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