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Ich nehme alles zurück und behaupte das Gegen

Ich nehme alles zurück und behaupte das Gegen

Titel: Ich nehme alles zurück und behaupte das Gegen
Autoren: J Rautenberg
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immerzu und vollkommen im Griff haben. Kunststück! Wenn ich jemand anderen in meinem Namen fett werden lasse, kann ich auch vier Wochen nach der Entbindung wieder bei Victoria’s Secret laufen. Gut, Heidi Klum widerlegt meine Argumentation, aber die ist ja ohnehin nicht ganz knusper. Wer will schon vier Wochen nach Niederkunft wieder eine Modenschau laufen? Hallo?
    Nadine, die würde so was machen. Bei den Maßen…
    Aber Beziehungskatze– dass ich nicht lache! Konrad und ich haben noch nicht einmal eine Beziehungs pflanze. Im Supermarkt um die Ecke habe ich neulich Schnittlauch im Angebot gesehen. Ich schreibe sofort auf den Einkaufszettel: Beziehungsschnittlauch kaufen. Dann brauchen wir nur noch einen hübschen Namen für unser Pflänzchen. Vielleicht Wanne-Eickel.

Erdbeerwoche
    Dienstag, 23 . November, um 18 : 05 Uhr
    Wir haben ein Problem. Besser gesagt: Ich habe ein Problem. Nun ja, eigentlich ist es kein Problem, sondern ein– organisch betrachtet– sehr begrüßenswerter Umstand einer jungen, fortpflanzungsfähigen Frau. An sich ist es kein Weltuntergang, und grundsätzlich kann Konrad sich freuen, dass bei seiner Freundin die primärgeschlechtlichen Merkmale so hervorragend funktionieren. Für den Fall, dass wir irgendwann mal über Familienplanung nachdenken wollen sollten.
    An Kinder müssen wir momentan allerdings noch nicht denken, ich habe nämlich etwas extraordinär Saublödes gemacht: Ich hab die Pille durchgenommen. Im ersten Monat fand ich das noch ziemlich klasse, weil ich meine Regel nicht bekam und Konrad und ich, wann immer uns danach war, weitere Vaginadialoge führen konnten. Doch jetzt rächt sich mein Körper an mir, ich habe außerplanmäßig und vollkommen unerwartet meine Tage bekommen– nein, das trifft es noch nicht einmal ansatzweise: Mein Unterleib revanchiert sich für den von mir zugeführten unregelmäßigen Zyklus mit einer Art Schlachtfest. Ich verliere so viel Blut, dass ich zwischenzeitlich ernsthaft darüber nachdenke, mir eine Transfusion verabreichen zu lassen, bevor ich anämisch werde.
    Sex ist derzeit jedenfalls vollkommen unmöglich. Und ich übertreibe ausnahmsweise mal nicht.
    Bleibt nur eine Frage: Wenn wir keinen Sex haben können, was machen wir stattdessen?
    Gestern Abend, Tatort Badezimmer. Ich stehe am Waschbecken und putze mir die Zähne, und Konrad direkt hinter mir versucht, mir unters T-Shirt zu grabbeln.
    » Hmmm«, schnurrt er selbstvergessen und knabbert an meinem Hals.
    Ich putze stoisch weiter.
    Konrad legt den zweiten Gang ein und lässt seine Hand über meinen Rücken wandern.
    » Du bist so lecker«, seufzt er und dreht mich zu sich um. Ich kaue auf der Zahnbürste herum.
    » Isch bin vo’allem scho unrein«, nuschele ich verlegen.
    Konrad stutzt. » Unrein?!«
    Ich nicke peinlich berührt. Nicht peinlich berührt, weil mir mein Umstand peinlich ist. Immerhin habe ich den zum gefühlten zweihunderteinundsiebzigsten Mal in meinem Leben. Sondern peinlich berührt, weil ich mich peinlich berührt fühle. Wie auch immer: saublöd.
    » Ach so.« Konrad lächelt verständnisvoll. » Und da magst du jetzt lieber keinen Sex haben?«
    Ich schüttle den Kopf. Die Zahnbürste schüttelt sich mit.
    » Ist doch kein Problem. Wir müssen ja bei Gott«, Konrad lacht auf, » nicht jede Nacht durchmachen. Wir lassen uns einfach was anderes einfallen. Hm?«
    Diese emanzipiert erzogenen Männer sind schon echt klasse. Sie sind empathisch und so verständnisvoll, als hätten sie selbst ihre Tage.
    Konrad denkt laut nach. » Irgendwie auch mal ganz angenehm. So ohne Sex. Ich meine, versteh mich nicht falsch, aber irgendwie haben wir jetzt ja auch mehr… Möglichkeiten.«
    Stimmt. In den letzten Wochen haben wir immer mal wieder Versuche gestartet, etwas zu unternehmen. Ins Kino wollten wir, sind aber nicht hingegangen, weil wir uns beim Anziehen unserer Jacken gegenseitig so scharfgemacht hatten, dass wir uns direkt wieder auszogen. Wir haben Mona versetzt, Konzertkarten verfallen lassen, Treffen mit Konrads Jungs abgesagt, weil im letzten Moment einer von uns beiden immer am anderen rumschraubte. Von unserer sehr mangelhaften Ernährung mal ganz zu schweigen. Es liegt also auf der Hand: Wir können dringend eine Sex-Auszeit vertragen.
    » Gut«, beschließt Konrad. » Dann hol ich mal die Fernsehzeitung.«
    Aha. Da sind sie also, die Möglichkeiten. Ich fühl mich schon gleich viel freier.

Liebe geht durch den Magen
    Mittwoch, 24 . November, um 21 : 22
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