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Ich muss Sie küssen, Miss Dove

Titel: Ich muss Sie küssen, Miss Dove
Autoren: Laura Lee
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dass in diesem Raum stets mehrere Anzüge und eine Vielzahl von sauberen Oberhemden zur Verfügung standen. Er goss Wasser aus dem Krug in die Schüssel des Waschstands und seifte den Rasierpinsel ein.
    Innerhalb von fünfzehn Minuten hatte er sich rasiert, seinen schwarzen Abendanzug angezogen und die schweren silbernen Manschettenknöpfe angelegt. Nachdem er den Hemdkragen hochgeklappt hatte, schlang er sich einen schwarzen Seidenbinder um, verstaute seine Uhr in der Westentasche, streifte ein Paar weiße Handschuhe über und setzte einen schwarzen Zylinder auf.
    Emma sah auf, als er zurückkam und vor ihrem Schreibtisch stehen blieb. „Phoebes Geschenk?", fragte er.
    „In Ihrer Jackentasche, Mylord."
    Er setzte den Hut ab und tastete mit den Händen die Taschen ab. In einer spürte er eine kleine Erhebung, fasste hinein und zog ein lächerliches kleines Etwas heraus, das in blassgelbes Seidenpapier eingewickelt und mit einer schmalen, lavendelblauen Seidenschleife versehen war. Ein cremefarbenes, ebenfalls winziges Kärtchen hing von der Schleife herab. „Was um Himmels willen habe ich eigentlich gekauft? Ein Stück Konfekt?"
    „Eine Limoges-Dose. Ihre Schwester sammelt sie, soviel ich weiß. Diese hier ist auf 1790 datiert. Auf ihr sind Engel abgebildet, recht passend, wenn ich so kühn sein darf, das zu sagen. Engelsgesicht ist doch Ihr Kosename für Ihre jüngste Schwester, nicht wahr?"
    Es verblüffte ihn immer wieder, was Miss Dove alles wusste.
    „In der Dose ist ein Saphirring fügte sie hinzu.
    Er runzelte mit leichtem Unbehagen die Stirn. „Habe ich sonst nicht immer eine Perle oder so etwas für sie?"
    „Die Kette, zu der Sie ihr zu verschiedenen Anlässen immer eine Perle dazu geschenkt haben, ist letztes Jahr vollständig geworden. Lady Phoebe ist jetzt einundzwanzig und somit alt genug, auch anderen Schmuck zu tragen. Ich hielt einen halbkarätigen Saphir für genau das Richtige."
    „Zweifellos."
    Emma griff nach einer Feder, tauchte sie in ihr Tintenfass und hielt sie ihm hin. „Dürfte ich vorschlagen, dass Sie die Karte unterschreiben, Mylord?"
    Skeptisch betrachtete er das winzige Stück Papier: „Ein Glück, dass mein Name nur aus fünf Buchstaben besteht." Er zog einen Handschuh aus und schrieb seinen Namen so klein er konnte auf das Kärtchen. Dann gab er Emma die Feder zurück, dachte daran, die Tinte trocken zu pusten und packte das kleine Päckchen zurück in seine Tasche. Er zog den Handschuh wieder an, griff nach dem Zylinder und wollte eben gehen, als Emma ihn zurückrief.
    „Mylord, Ihr Binder."
    Unterdrückt fluchend, legte er den Hut erneut zur Seite und band sich hastig eine Fliege. „Wie sieht das aus?"
    Sie schüttelte den Kopf. „Schief, fürchte ich."
    Mit einem ungeduldigen Seufzer zog er die Fliege wieder auf und unternahm einen neuen Versuch.
    „Mylord, wegen meines neuen Manuskripts ...", begann Emma, während er sich ungeschickt mit der Fliege abmühte. „Ich habe gehofft, Sie würden vielleicht einwilligen, es zu lesen und ... "
    „Zur Hölle mit diesem Ding!" Harry gab auf und winkte Emma zu sich. „Miss Dove, wenn ich bitten dürfte."
    Sie stand auf und ging zu ihm. „Wegen des Manuskripts ... ", fing sie abermals an, während sie sich mit der Fliege beschäftigte. „Es ist ganz anders als die vorherigen."
    Harry verspürte das dringende Bedürfnis wegzulaufen. Selbst die Oper war noch besser als Miss Doves Bücher über Etikette. „Inwiefern?", fragte er tapfer nach.
    „Es ist immer noch ein Buch über ordentliches Betragen, aber es spricht direkt Frauen wie mich an. Das heißt, Junggesellinnen."
    O Gott. Nicht nur Etikette, jetzt auch noch Junggesellinnen. Harry unterdrückte ein Aufstöhnen.
    „Ja", fuhr sie fort und bemühte sich den Knoten in dem Binder aufzubekommen. „Es ist eine Art ... Wegweiser durchs Leben für Junggesellinnen, so ähnlich wie Ihr Junggesellenmagazin , verstehen Sie, nur eben für Frauen. Wie man anständige Wohnungen zu vernünftigen Preisen findet. Wie man sich für vier Guineas im Monat gut ernähren kann. Solche Dinge."
    Harry betrachtete zweifelnd die zierliche Frau, die vor ihm stand. Seiner Meinung nach hätte Miss Dove gut und gern noch ein paar Guineas mehr in Lebensmittel investieren können. Vielleicht sollte er ihr das Gehalt erhöhen und ihr befehlen, das zusätzliche Geld für Kuchen auszugeben.
    Und was ihr Manuskript betraf, nun ja, Harry hätte sich lieber einen Zahn ziehen lassen als einen Wegweiser für
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