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Ich krieg die Krise! (German Edition)

Ich krieg die Krise! (German Edition)

Titel: Ich krieg die Krise! (German Edition)
Autoren: Horst Dieter;Evers Claus;Nuhr Wiglaf;von Wagner Dagmar;Droste Katinka;Schönleber Buddenkotte
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Frau …«, »Katinka«, ergänzte ich schnell, und die Jungs nickten mir zu und taten dann Dinge, die männliche Kabarettisten hinter einer Bühne tun, sobald die einzige Frau hereinkommt. Sie putzen ihre Schuhe. Sie telefonieren lange. Sie schminken sich. Der Leitbulle fängt an zu bügeln. Niemand bügelt so hingebungsvoll wie 40jährige Kabarettisten. Sie bringen ihre eigene Sprühstärke von daheim mit. Kurz – die Kollegen agierten schlimmer als ein Rudel Riemanns, das in einer augenzwinkernd-emanzipatorischen Komödie dazu angehalten wird, »geballte Frauenpower« darzustellen. »Katja, zeig doch noch mehr Muskeln unter der Latzhose, und den Moritz an dieser Stelle noch nicht sexy anlächeln, bitte, schließlich heißt unser Film Die Lesben-Baustelle , die Romantik kommt erst später rein.«
    Die Organisatorin schaute sich das bunte Treiben leicht irritiert an, dann verstand sie den Wink: »Ja, ich sehe, Sie müssen sich noch vorbereiten, ich schaue später noch mal rein.«
    Die Jungs grinsten überlegen, dann holten sie zum Vernichtungsschlag aus. Sie kramten Kinderfotos hervor: »Das ist Luisa, und das ist der Paul, mein Großer.»
    Drei heterosexuelle Männer riefen: »Süüüüüß!«, blickten von den Fotos auf, und mich grimmig an. Nicht süß. Zufällig wusste ich, dass mindestens zwei von den Kerlen später, in ihrem Programm, eine Nummer über verblödete Eltern bringen würden, die schon bei der Namensgebung ihres Nachwuchses ihre Lebensberechtigung verloren hatten. Stichwort »Kevin und Ikeamöbel«. Aber auch die Jungs schienen ihre Hausaufgaben gemacht zu haben. »Du liest nur, oder?«, fragte mich der jüngste meiner Konkurrenten. Ich nickte, er lächelte ermutigend-gönnerhaft: »Na ja, solange die Leute dafür bezahlen.«
    »Ich finde das ja auch ganz wichtig«, warf der Bügler ein, ganz eindeutig, ohne dem Gespräch vorher gelauscht zu haben, und der Dritte ergänzte: »Gibt eh zu wenig Frauen auf der Bühne.«
    Ich entschuldigte mich kurz, vorgeblich, um eine zu rauchen, tatsächlich wollte ich die Gegend um Mechtrup erkunden – vielleicht war ja ganz in der Nähe ein plastischer Chirurg ansässig, der sich zufällig auf spontane Geschlechtsumwandlungen spezialisiert hatte.
    An der frischen Luft vermochte ich wieder zu relativieren. Auch wenn sämtliche Veranstalter es nicht wahrhaben wollen: Wettbewerbe sind scheiße. Sie kitzeln nicht das Beste aus den Kombattanten heraus, weder auf noch hinter der Bühne. Außerdem bieten sie einen ungewollten Nährboden für Sexismus der widerlichsten Art, nämlich meiner. »Es wäre fairer, wenn sie nur Männer auf die Bühne lassen würden«, dachte ich mir, nur um von meiner inneren Emanze folgerichtig zu hören: »Ja, oder besser: Nur Frauen!«
    »Igitt«, sage ich laut, denn wenn es etwas Furchtbareres hinter einer Wettbewerbsbühne gibt, als die Henne im Korb zu sein, dann die Leseratte unter Singdrosseln. Bei »Ladies Nights« und »Weiberabenden«, und natürlich immer am 8. März, labern Frauen unsägliches Zeug in Garderoben, die im Vorfeld von Mario Barth verwanzt wurden, damit er nur noch die Dialoge abschreiben und seiner imaginären Freundin in den Mund legen muss.
    Sie ziehen sich achtmal um, während sie sich mit Ingwertee eingurgeln und von der Einzigartigkeit ihrer Bühnenfigur sprechen: »Also, ich mach mich da ja absichtlich ganz hässlich und spießig, also total konträr zu meinem eigentlichen Ich, damit sich das mit meinem Gesang wieder auflöst.« Dann singen sie freche Lieder über Männer, die große Autos fahren, wir alle wissen ja, was das bedeutet, hihi.
    Absurderweise sind diese Frauen einzeln durchaus interessante, verträgliche Personen, genau wie die Herren Kollegen, solange man sie eben häppchenweise zu sich nimmt.
    Ich schnaufte durch. Endlich wusste ich wieder, warum ich auf der Bühne gelandet bin. Ich hasse Menschen, vor allem, wenn sie in der Überzahl sind.
    Wieder im Saal angekommen, versuchten die Veranstalter eine Auftrittsreihenfolge zu erarbeiten, die möglichst viel Abwechslung bieten möge. Man einigte sich schließlich auf Vorspeise, Hauptgericht, Nachtisch, Mitternachtssnack, zwischendurch Künstler.
    Die Künstler nickten entgeistert, das Essen garte fröhlich.
    Das war der Wendepunkt, wie man ihn aus Science-Fiction-Filmen kennt: Wenn die Aliens kommen, dann vereint sich die Menschheit. Es gibt keine Russen und Amerikaner mehr, kein Schwarz und Weiß, es gibt nur noch »wir« gegen »sie«. Ich
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