Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ich, Heinrich VIII.

Ich, Heinrich VIII.

Titel: Ich, Heinrich VIII.
Autoren: Margaret George
Vom Netzwerk:
geschrieben, sondern Euer wahrer Vater: der König.
    Catherine Knollys an Will Somers:
    30. September 1557, Basel
    Will:
    Der König war nicht – ist nicht! – mein Vater. Wie könnt Ihr es wagen, derart zu lügen und meine Mutter zu beleidigen, meinen Vater, mich selbst? Ihr wühlt also all die Lügen aus längst vergangenen Zeiten wieder hervor? Und ich hielt Euch für meinen Freund. Ich wünsche dieses Tagebuch nicht zu sehen. Behaltet es für Euch, ebenso wie alle die anderen irregeleiteten Abscheulichkeiten Eurer Gedanken! Kein Wunder, dass der König Euch so schätzte. Ihr wart vom gleichen Schlag: niederen Sinnes und voller Lüge. Ihr werdet mein Leben nicht besudeln mit Euren unwürdigen Lügen und Unterstellungen. Christus hat uns aufgetragen, zu verzeihen, aber Er hat uns auch gesagt, wir sollen den Staub von unseren Füßen schütteln, wo Lügner, Ketzer und ihresgleichen hausen. Ebenso schüttele ich nun Euch von mir ab.
    Will Somers an Catherine Knollys:
    14. November 1557, Kent
    Catherine, meine Liebe:
    Versagt Euch, diesen Brief in Fetzen zu reißen, statt ihn zu lesen. Ich kann Euch Euren Ausbruch nicht verdenken. Er war großartig. Ein Paradigma von empörter Empfindsamkeit, Moral und so weiter. (Würdig des alten Königs selbst! Ah, was für Erinnerungen werden da wach!) Aber nun gebt es zu: Der König war Euer Vater. Das habt Ihr immer gewusst. Ihr sprecht davon, dass Euer Vater entehrt werde. Wollt Ihr den König entehren, indem Ihr Euch weigert, zuzugeben, dass es so ist, wie es ist? Das war vielleicht die oberste unter seinen Tugenden (ja, meine Gnädigste, er hatte Tugenden) und Eigenschaften: Er erkannte die Dinge immer als das, was sie waren, nicht als das, wofür man sie im Allgemeinen hielt. Habt Ihr das nicht von ihm geerbt? Oder seid Ihr wie Eure Halbschwester, Königin Maria (auch ich finde Eure Verwandtschaft mit ihr bedauerlich): blind und von einzigartiger Unfähigkeit, etwas zu erkennen, und ragte es auch riesenhaft vor ihrem matten Aug empor. Eure andere Halbschwester, Elisabeth, ist anders; und ich nahm an, Ihr wäret es auch. Ich dachte, es sei das Boleyn-Blut im Verein mit dem der Tudors, das Euch zu einer unvergleichlich festen, klaren Sicht der Dinge verhelfe, ungetrübt von spanischem Unfug. Aber wie ich sehe, habe ich mich geirrt. Ihr seid ebenso voreingenommen und dumm und erfüllt von religiösem Eifer wie die spanische Königin. König Harry ist also wirklich tot. Seine lang ersehnten Kinder haben dafür gesorgt.
    Catherine Knollys an Will Somers:
    5. Januar 1558, Basel
    Will:
    Euren Beleidigungen muss Antwort werden. Ihr sprecht davon, dass ich den König, meinen Vater, entehre. Wäre er mein Vater, hätte er dann nicht mich entehrt, indem er mich niemals als sein Eigen anerkannte? (Heinrich Fitzroy hat er anerkannt, ihn zum Herzog von Richmond gemacht –
den Sprössling dieser Hure Bessie Blount!) Warum also sollte ich ihn anerkennen oder ehren? Erst verführte er meine Mutter vor ihrer Ehe, und jetzt sagt Ihr mir, dass er nachher ihren Gemahl zum Hahnrei machte. Nicht Ehre verdient er, sondern Verachtung. Er war ein böser Mensch und verbreitete Entsetzen, wohin er auch kam. Ein einziges Mal nur tat er etwas Gutes, und da war es bloß ein Nebenerzeugnis des Bösen: Seine Gelüste nach meiner Tante Anne Boleyn waren ihm Anlass, mit dem Papst zu brechen. (So bediente der Herr sich eines Sünders für seine Zwecke. Aber das ist ein Verdienst des Herrn, nicht des Königs.) Ich spucke auf den verblichenen König und auf sein Andenken! Und was nun meine Base angeht, die Prinzessin Elisabeth (die Tochter meiner Mutter Schwester, weiter nichts), so bete ich, sie möge … doch nein, es ist zu gefährlich, dies niederzuschreiben, mag der Bote oder der Empfänger noch so vertrauenswürdig sein.
    Geht Eurer Wege, Will. Ich will von Euch nichts weiter hören.
    Will Somers an Catherine Knollys:
    15. Man 1558 zu Kent
    Catherine:
    Habt noch einmal ein wenig Geduld mit mir. In Eurem wunderbar verworrenen Brief fand ich eine wesentliche Frage; der Rest war pures Gepolter. Ihr fragtet: Wäre er mein Vater, hätte er dann nicht mich entehrt, indem er mich niemals als sein Eigen anerkannte?
    Ihr kennt die Antwort: Er war um den Verstand gebracht worden von dieser Hexe (und nun muss ich Euch schon wieder beleidigen) Anne Boleyn. Sie versuchte, den Herzog von Richmond zu vergiften. Hätte sie denn Hand auch an Euch legen sollen? Jawohl, Eure Tante war eine Hexe. Mit Eurer Mutter war es
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher