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Ich, die Chronik

Ich, die Chronik

Titel: Ich, die Chronik
Autoren: Vampira VA
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ich vertraut habe. So sehr, daß ich ihm hierher folgte. In diese Welt, die der Welt vorenthalten wird.
    Zu Recht! Stünde es in meiner Macht, ich würde sie zerstören -jetzt, auf der Stelle!
    Für die einen wäre es eine Erlösung, und für die anderen, für die schrecklichen Geschöpfe, die jener »Kelch« geboren hat, die gerechte Strafe .
    »Erklären?« frage ich. »Darauf bin ich gespannt.«
    Er nickt. »Aber nicht hier.«
    »Warum nicht? Mögen es ruhig alle hören!«
    Eine Geste der Verneinung. Dann winkt er Cuyo zu sich. Doch Cuyo zögert.
    »Geh nur«, erlaube ich ihm.
    Hölzern setzt er sich in Bewegung. Neben Landru bleibt er stehen. (Landru? Hector Landers? Was davon ist wahr ...?)
    »Hat sie aus dir getrunken?« Die leidlich verschlossene Wunde an Cuyos Hals bleibt dem Betrüger nicht verborgen.
    Cuyo bejaht. Daraufhin dreht Landru sich mir wieder zu und sagt: »Ich verstehe.«
    Dann versteht er mehr als ich selbst - wieder einmal. Ich für meinen Teil weiß nur, daß ich Cuyo zu mir unter die schützende Hülle des Symbionten zerrte. Nein, meine Instinkte, nicht ich selbst taten dies! Und kaum daß sich meine Augzähne in seine Adern bohrten und ich sein Blut kostete, erlahmte sein Widerstand.
    Seither ist er . gehorsam. Seither reagiert auf jede meiner Gesten, sogar auf unausgesprochene Wünsche.
    WIESO?
    Und warum mundete mir sein Blut weit mehr als jedes, das ich vorher auf Landrus Geheiß trank?
    Was hat es mit dem Mal in meiner Hand auf sich? Ich hebe die Linke, öffne und wende sie, strecke sie Landru entgegen.
    »Was ist das?« frage ich ihn. »Offenbar kennst du mich tatsächlich, du weißt, wer ich bin - und verwendest dein Wissen, um mich zu hintergehen. Dann erkläre mir das!«
    Sein Blick flackert kurz, als er sich an das Mal in meiner Handfläche heftet. Die Tätowierung - oder was immer es ist -, die eine Fledermaus mit ausgebreiteten Schwingen darstellt.
    Sie war schon vorher da. Schon seit ich im Monte Cargano meine Augen öffnete und begann, die Welt neu zu erlernen.
    Aber nicht so.
    Nicht so!
    Die Zeichnung, die nicht auf die Haut aufgetragen ist, sondern unabwaschbar und nicht im geringsten erhaben unter sie geschoben zu sein scheint, hat ihre unauffällige Farbe verloren. Sie glüht jetzt regelrecht, und ein kaum zu beschreibendes, unangenehmes Gefühl geht davon aus. Ein unterschwelliges Ziehen, ähnlich dem, das ich spürte, als sich das Pfeilgift in mir ausbreitete.
    Aber das Gift ist überwunden. Mein Organismus hat es besiegt. Auch dank Cuyos Hilfe .
    »Eine ... Entzündung«, sagt Landru lahm. Es scheint ihn nicht wirklich zu interessieren, obwohl ich im ersten Moment Erschrecken in seinen Augen zu lesen glaubte. »Komm jetzt, laß uns reden. Unter vier Augen.« »Unter acht«, stelle ich meine Bedingung und deute zunächst zu der Frau namens Nona, die mich in inniger Umarmung mit Cuyo in der ausgebrannten Palastruine gefunden und hierher geführt hat, und dann auf Cuyo selbst. »Ich will, daß sie dabei sind. Sie steht auf deiner Seite - er auf meiner. Warum, weiß ich nicht. Aber vielleicht erfahre ich es noch.«
    »Ich will ihn nicht dabei haben!« Landrus schwarze Augen füllen sich wie mit grauem Rauch.
    »Daran zweifle ich nicht. Bleiben wir also hier, wo alle uns sehen und hören können .«
    »Nein!« Er macht eine kapitulierende Geste, der ich ebenso mißtraue wie all seinen anderen Beteuerungen. »Schon gut. Gehen wir .«
    Er setzt sich selbst als erster in Bewegung. Er will bestimmen, wo wir unsere Unterhaltung fortsetzen. Ich lasse ihn gewähren.
    Das, worin ich ihn und alle hier Versammelten unterbrach, hat er jedoch nicht vergessen.
    »Tut, was ich euch befahl!« faucht er Peten, Atitla und Oriente zu. »Dann wartet hier, bis ich zu euch komme!«
    Sie erzittern.
    »Wo sind die anderen?« frage ich, während ich mich Landru und Nona anschließe.
    »Frag ihn!« erwidert Landru fast spöttisch. »Er müßte es gespürt haben .«
    Cuyo, der neben mich getreten ist und mich treu ergeben anblickt, sagt: »Tot. Sie sind tot. Chiquel starb durch meine Hand. Pomona und Tumul vergingen, als ich bei dir lag.«
    Daß er Chiquel umbrachte, habe ich mit eigenen Augen gesehen. Aber Pomona und Tumul . Plötzlich erinnere ich mich an seine scheinbar unmotivierten, anfallartigen Zuckungen, während mich sein Blut tröstete und stärkte. Sie stehen in besonderer Verbindung miteinander, die Kinder, die ich nie zeugte.
    Es gibt so vieles, was ich noch nicht begreife und erst lernen
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