Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Ich bin ein Genie und unsagbar böse

Titel: Ich bin ein Genie und unsagbar böse
Autoren: Josh Lieb
Vom Netzwerk:
sogar noch meine Rede halten.

Kapitel 37
    Der Moment, auf den ihr alle gerwartet habt
    Und hier sind wir also. In der Aula unserer Schule, die vom Brabbeln der tausend Schüler erfüllt ist, die sich gegenseitig die Plätze freihalten, sich auf die Füße treten und Kaugummis teilen, die sie sorgsam vor den Blicken der Lehrer verbergen.
    Und hier bin ich. Auf der Bühne sitze ich (wieder mal) neben Randy Sparks, der einen neuen blauen Blazer trägt, der gar nicht mal so übel aussieht. Er lächelt entspannt - das muss ihm Verna beigebracht haben -, doch fällt mir auf, dass er seine Knie umfasst, damit sie nicht aneinanderschlagen. Er dreht sich zu mir um und flüstert: »Ich bin ganz schön nervös, Ollie.«
    »Bitte schlag mich nicht, Randy«, entgegne ich. »Nicht vor all den Lauten. Das ist mir zu peinlich. Tu es, wenn wir allein sind.«
    Kann ja nicht schaden, ihn unmittelbar vor seiner Rede ein bisschen durcheinanderzubringen.
    Aber es funktioniert nicht. Er öffnet seinen Mund, um zu protestieren, schließt ihn jedoch gleich wieder. Er nickt und wirkt dabei sehr vernünftig. Als würde er etwas über mich (oder sich selbst) lernen, während
ich ihn angucke. Dann wendet er sich ab und studiert seine Rede.
    Da ist Tatiana, in der fünften Reihe, und schreibt obszöne Worte auf Logans Arm.
    Da ist Megan Polanski, das ehemals beliebteste Mädchen der ganzen Schule, das ihren ehemaligen besten Freundinnen Shiri O’Doul und Rashida Grant bohrende Blicke zuwirft, aber die schauen woanders hin. Erst gestern haben sie sich darauf geeinigt, dass Megan nicht cool ist. Jetzt ist Rashida das beliebteste Mädchen der ganzen Schule. Mal sehen, wie lange das anhält.
    Da ist Josh Marcil, dessen sommersprossige Wurstfinger mit Schokolade beschmiert sind. Er erzählt jedem, der es wissen will, dass er eine Toilette entdeckt hat, die voll mit Süßigkeiten ist. Er muss unter der Tür durchgekrabbelt sein.
    Da ist Jack Chapman, ein paar Sitze weiter, der, wenn alles mit rechten Dingen zuginge, hier oben an meiner Stelle sitzen sollte. Egal wer heute das Rennen macht, so wird er doch immer Jack Chapman bleiben. Seit er seine Kandidatur zurückgezogen hat, ist sein Ansehen (falls das überhaupt möglich ist) noch mehr gestiegen. Seine Schultern scheinen noch breiter, seine Augen noch klarer geworden zu sein - als sei er über Nacht erwachsen geworden. Seltsam ist nur dieses Stofftaschentuch, das er neuerdings mit sich herumträgt, und die Art und Weise, wie er sich die Nase schnäuzt. Aber große Männer haben ja oft exzentrische Angewohnheiten.
    Da ist Alan Pitt, dessen Akne bereits zurückgegangen war, bis er mich vor drei Tagen als »Mr. Vielfraß« bezeichnet hat. Jetzt drückt er unglücklich an seinem Gesicht herum, das so aussieht, als hätte er mit einer Pizza geknutscht.

    Mom kann ich nirgends entdecken, aber ich weiß, dass sie da ist, um dem historischen Augenblick meines Triumphs beizuwohnen. Und da ist Moorhead, der mit der Hand auf den Sitz neben sich klopft, den er für La Sokolova freihält. Sie lächelt ihm vom Mittelgang aus zu und drängt sich am sehbehinderten Lanny Monkson vorbei, um den ihr angebotenen Platz einzunehmen.
    Die Sergeants Jablon und Silveri stehen am Ende des Saales und machen ein wichtiges Gesicht. Auf der Bühne, nur wenige Schritte von mir entfernt, schwitzt Mr. Pinckney, der so aussieht, als hätte er zum ungünstigsten Zeitpunkt ein extra starkes Abführmittel eingenommen. »Herzlichen Dank für das zahlreiche Erscheinen …«, beginnt er, »… an diesem Tag, der meiner Ansicht nach der wichtigste im ganzen Schuljahr ist.«
    Ich übertöne ihn, indem ich die Lautstärke meines Kopfhörers aufdrehe. Dort wird gerade mein neues Lieblingsstück von Captain Beefheart gespielt: »Yellow Brick Road«. Ich trage meine Lieblingsjeans und mein gestreiftes Glücks-T-Shirt, das ich auch anhatte, als ich den Ausgang des Kentucky Derbys manipuliert habe. 110
    Dann geht es los mit den Reden. Die zukünftigen Siebtklässler beginnen und arbeiten sich von den unwichtigen zu den wichtigeren Ämtern vor. Die ehrgeizigen Knallköpfe, die unbedingt die Klassenkasse in der Siebten verwalten wollen (obwohl die notorisch leer ist), haspeln ihren gelernten Text herunter und eilen wieder an ihren Platz. Das Publikum heuchelt
zunächst ein gewisses Interesse, doch bald sehen alle so aus, als wünschten sie sich nichts sehnlicher, als ebenfalls Kopfhörer zu haben.
    Plötzlich wird die Musik von einer Stimme
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher