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Hunter 05 - Späte Vergeltung

Hunter 05 - Späte Vergeltung

Titel: Hunter 05 - Späte Vergeltung
Autoren: Michelle Raven
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nicht entkommen. Aber um was für einen Preis! Mühsam hielt er sich davon ab, dem Mörder die Faust ins Gesicht zu rammen oder ihn gleich zu erschießen. Genau deshalb war er nicht bei der Mordkommission, dort hatten die Fälle von vornherein den schlimmsten Ausgang, selbst wenn der Mörder gefasst wurde. Für die Opfer war es immer zu spät.
    »Rufen Sie einen Krankenwagen, es sieht nicht so aus, als würde unser Täter aus eigener Kraft hier rauskommen. Im Krankenhaus soll ihm sofort eine Blutprobe entnommen und auf Alkohol, Drogen und alles andere untersucht werden.« Er hielt seine blutige Hand hoch. »Hat zufällig jemand ein Taschentuch dabei?«
    Als Chloe morgens in ihr Büro der Pflichtverteidigung kam, wartete ihre Vorgesetzte Marie Scribner schon auf sie. Das war so ungewöhnlich, vor allem um diese Uhrzeit, dass Chloe sie einen Moment lang nur anstarrte. Schließlich riss sie sich zusammen und stellte ihre Tasche auf den Schreibtisch.
    »Guten Morgen, Marie.« Sie schlüpfte aus ihrem Blazer und hängte ihn über ihren Stuhl. »Kann ich etwas für dich tun?«
    »Hallo Chloe.« Marie, der sie wegen ihrer unangenehmen Art gerne aus dem Weg ging, sprach ihren Namen immer auf amerikanische Art aus, also
Klui
, während ihre Familie und Freunde das französische
Kloe
benutzten.
    Chloe biss die Zähne zusammen und ignorierte die absichtliche Verschandelung ihres Namens. Als Marie nichts weiter sagte, zog sie eine Augenbraue hoch. Seit Marie sich eine Stufe hochgearbeitet hatte und damit auch im Gebäude ein Stockwerk höher gezogen war, ließ sie sich kaum noch hier unten blicken. Sie verteilte die Arbeit fast nur noch per Telefon oder E-Mail. Und die Fallakten ließ sie von der Hauspost herunterbringen. Normalerweise, doch heute hielt sie eine Mappe in ihren manikürten Händen. Neugierig blickte Chloe darauf und hoffte, dass Marie bald zur Sache kommen würde, denn sie hatte wie immer viel zu tun.
    »Ich habe einen neuen Fall für dich. Es geht um einen Mord, der mutmaßliche Täter kann sich keinen Anwalt leisten, deshalb übernehmen wir die Verteidigung.« Marie schob die Mappe über den Tisch. »Oder vielmehr du.«
    Chloe schlug die Mappe auf und zuckte zurück, als sie sofort mit einem Tatortfoto konfrontiert wurde. Sie blickte hoch und sah den zufriedenen Ausdruck auf Maries Gesicht. Es wäre nicht verwunderlich, wenn ihre Vorgesetzte das Bild absichtlich nach ganz oben gelegt hätte. »Ist der Angeklagte schon im Gefängnis oder noch im Police Department? Warum wurde ich nicht eher verständigt? Jeder Angeklagte hat ein Recht …«
    Maries Augen verengten sich. »Ich kenne die Rechte mindestens genauso gut wie du. Es steht alles da drin. Anscheinend war der mutmaßliche Täter so betrunken und zugedröhnt, dass er nicht ansprechbar war. Deshalb wurde er ins Krankenhaus gebracht und dort ausgenüchtert. Jetzt sitzt er in Untersuchungshaft.« Marie stand auf und ging zur Tür. Mit der Hand auf der Klinke drehte sie sich noch einmal zu Chloe um. »Seine Aussage ist übrigens ganz innovativ: Er kann sich an nichts erinnern.« Damit verließ sie das Büro und schloss leise die Tür hinter sich.
    Was auch immer Marie für ein Problem mit ihr hatte, es nahm Chloe langsam den Spaß an der Arbeit. Sie erwartete sicher nicht, sich mit jedem anzufreunden, aber sie bemühte sich immer um ein freundliches und kollegiales Verhalten gegenüber ihren Kollegen. Doch Marie hatte es von Anfang an auf sie abgesehen und ihr unmissverständlich gezeigt, dass sie es als Zumutung empfand, mit einer Anfängerin arbeiten zu müssen. Das war ein Grund dafür, warum Chloe sich vom ersten Tag an mit Feuereifer in die Arbeit gestürzt hatte und inzwischen mehr Fälle bearbeitete als die anderen jungen Verteidiger. Sie wollte nicht nur sich selbst, sondern auch ihren Vorgesetzten beweisen, dass sie das Zeug zu einer guten Anwältin hatte. Allerdings hatten ihr Engagement und ihre erfolgreiche Arbeit nur dazu geführt, dass Marie sie inzwischen bei jeder Gelegenheit niedermachte. Vermutlich fürchtete sie, ihre Vorgesetzten könnten bemerken, dass Chloe ihr in allem mittlerweile das Wasser reichen konnte.
    Mit einem tiefen Seufzer widmete sich Chloe der Fallakte. Sie schob die Fotos zur Seite, um sie später zu betrachten, wenn sie etwas im Magen hatte. Allein der kurze Blick hatte ihr gereicht, um zu wissen, dass das kein einfacher Fall werden würde. Stattdessen widmete sie sich dem Bericht, der die Fundsituation und die Festnahme
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