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Huckleberry Finns Abenteuer und Fahrten (German Edition)

Huckleberry Finns Abenteuer und Fahrten (German Edition)

Titel: Huckleberry Finns Abenteuer und Fahrten (German Edition)
Autoren: Mark Twain
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Kosten großgezogen hat. Ja und gerade dann, wenn der Sohn glücklich so weit ist, daß er verdienen könnte und etwas für seinen armen, alten Vater tun, dann kommen sie mit dem Gesetz und wollen ihn wegnehmen. Und das will eine Regierung sein, wahrhaftig, allen Respekt davor! Und das ist noch nicht alles! Noch lange nicht! Da gibt's auch noch ein Gesetz, das dem Schurken von Kreisrichter hilft, mir mein Geld nicht herauszugeben – mein eignes Geld! Solch ein Gesetz gibt's! Ein Gesetz, das einen Mann, der seine sechstausend Dollar und mehr wert ist, nimmt und ihn in ein altes Loch stopft, wie das hier, ihn statt mit Kleidern mit Fetzen behängt, die für ein Schwein zu schlecht wären, ihn – wahrhaftig eine wundervoll weise Regierung, bei der man nicht zu seinem Recht kommen kann! Ich hätte gute Lust, dem ganzen Bettel den Rücken zu kehren und das Land zu verlassen! Hab's aber dem Kreisrichter auch gesagt, tüchtig, und alle konnten's hören, war mir ganz egal, sie können's weitersagen, wenn sie wollen! Sag' ich, für zwei Cents wend' ich dem vermaledeiten Land den Rücken, und straf mich Gott, wenn ich ihm je wieder nahe komme. Das ist, weiß Gott, und wahrhaftig gerad', was ich gesagt hab'. Und, sag' ich, da seht meinen Hut an, wenn man das Ding überhaupt einen Hut nennen kann, an dem der Kopf fehlt und der Rand nur ein Fetzen ist, mit solchem Hut läßt die Regierung dieses gesegneten Landes einen Mann laufen, der einer der wohlhabendsten der Stadt wäre, wenn er zu seinem Recht kommen könnte – so eine Regierung, daß Gott erbarm!«
    Und so gings weiter, immer in derselben Tonart. Dabei stolperte der Alte in der Hütte hin und her in heller Wut, und da er nicht aufpaßte, wo ihn seine wackeligen Spazierhölzer hintrugen, so fiel er schließlich über das kleine Fäßchen mit gesalzenem Schweinefleisch und stieß sich die beiden Schienbeine wund. Nun aber hätte man ihn hören müssen, wie er loszog! – Gott und die Welt im allgemeinen, die Regierung und das Fäßchen ganz im besonderen bekamen ihr redlich Teil ab. Weiß Gott, so hatte ich ihn selber noch nicht gehört! Er hüpfte erst auf einem Bein, dann auf dem andern und strich mit der Hand über den geschundenen Teil, plötzlich holte er kräftig aus und versetzte dem Missetäter von Faß einen schallenden Fußtritt. Da hatte er sich aber versehen und den Fuß genommen, an dem die Zehen aus dem Stiefel herausguckten. Das Gebrüll, das dem Tritt folgte, machte mir ordentlich die Haare zu Berge stehen – plumps lag er am Boden und wälzte sich, heulend vor Schmerz und die gräßlichsten Flüche herunterrasselnd, die ihm zu Gebote standen.
    Nach dem Abendessen zog der Alte den Schnapskrug liebäugelnd heran und meinte, darin sei genug für zwei Räusche und ein Delerium tramens oder wie er's nannte. Das war immer seine Redensart, und es schien ein Witz zu sein, denn er grinste dabei, aber ich verstand ihn nicht. In einer Stunde, so rechnete ich, würde er schwer geladen sein und dann konnte ich entweder den Schlüssel nehmen, oder die Wand vollends durchsägen, je nachdem. Er trank und trank und fiel schließlich auf sein Lager, aber das Glück war mir doch nicht günstig. Er kam zu keinem tiefen Schlaf, sondern warf sich unruhig von einer Seite zur andern. Er ächzte und stöhnte und hieb um sich und konnte keine Ruhe finden. Schließlich wurde ich selbst so müde, daß ich meine Augen nicht mehr offenhalten konnte, und ehe ich wußte, was ich tat, war ich selig hinübergeschlummert, während das Licht immer weiterbrannte.
    Wie lange ich schlief, weiß ich nicht, aber plötzlich wurde ich durch einen furchtbaren Schrei geweckt und fuhr in die Höhe. Der Alte stand mitten in der Hütte, hieb um sich wie ein Toller nach allen Seiten und brüllte etwas von Schlangen. Er jammerte, sie kröchen an seinen Beinen herauf, und sprang wie wahnsinnig laut schreiend hin und her, ächzte dann, nun habe ihn eine gebissen, ich aber schaute und schaute und konnte keine einzige Schlange entdecken. Jetzt lief er wie toll immer im Kreis herum und brüllte: »Nimm sie weg, tu sie fort, sie beißt mich ja in den Hals!« Ich habe noch an keinem Menschen so wilde Augen gesehen, wie er sie machte. Bald wurde er müde, fiel zu Boden und lag kurze Zeit still. Plötzlich fing er an, sich hin und her zu rollen, mit den Händen in der Luft zu fechten, immer schneller und schneller, nach allem zu stoßen und zu treten, was ihm in den Weg kam, wobei er immerzu kreischte, der
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