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Hotel

Hotel

Titel: Hotel
Autoren: Arthur Hailey
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Fahrtziel war Detroit. Er beschloß, die Strecke in kurzen Etappen zurückzulegen und anzuhalten, wo und wann er wollte. Und er würde auf der Fahrt ernsthaft über seine Zukunft nachdenken. Seit einer Reihe von Jahren hatte Keycase sich vorgenommen, daß er sich, sollte ihm jemals ein ordentlicher Batzen Geld in die Hände fallen, davon eine kleine Garage kaufen würde. Dort würde er sich zur Ruhe setzen, nach einem Leben voller Unrast und Verbrechen, und die letzten Jahre vor seinem Hinscheiden mit ehrlicher Arbeit zubringen. Die Fähigkeiten dazu hatte er. Sein Ford war ein Beweis dafür. Und fünfzehntausend Dollar genügten für den Anfang. Blieb nur die Frage: War es wirklich der richtige Zeitpunkt zum Aussteigen?
    Keycase erwog bereits das Für und Wider seines Plans, als er durch die nördlichen Vororte von New Orleans fuhr, in Richtung Pontchartrain Expressway, wo die Freiheit für ihn begann.
    Es gab logische Argumente zugunsten seines Projekts, sich zur Ruhe zu setzen. Er war nicht mehr jung. Die Risiken und Anspannungen seines Berufs rieben ihn auf. In New Orleans hatte er zum erstenmal die lähmende Wirkung der Angst verspürt.
    Und doch hatten die Ereignisse der letzten sechsunddreißig Stunden seine Lebensgeister beflügelt, ihm neuen Elan gegeben. Der erfolgreiche Einbruch in Lakeview, der unerwartete, ans Wunderbare grenzende Geldsegen, seine Rettung bei dem Fahrstuhlunglück – all dies schienen ihm Symptome für seine Unbesiegbarkeit zu sein. Und waren sie in ihrer Gesamtheit nicht ein Omen, das ihm den Weg wies, den er gehen sollte?
    Vielleicht war es doch besser, wenn er noch für eine Weile seine alte Tätigkeit beibehielt. Die Garage lief ihm nicht weg. Er hatte noch viel Zeit.
    Vom Chef Menteur Highway aus war er auf den Gentilly Boulevard gefahren, am Stadtpark vorbei mit seinen Lagunen und mächtigen alten Eichen. Nun befand er sich auf der City Park Avenue und näherte sich der Metarie Road. Hier erstreckten sich die neueren Friedhöfe von New Orleans – Greenwood, Metarie, St. Patrick, Fireman’s, Charity Hospital, Cypress Grove – mit einem Meer von Grabsteinen, so weit das Auge reichte. Hoch über ihnen spannte sich der Pontchartrain Expressway. Keycase konnte den Expressway jetzt sehen – eine Zitadelle im Himmel, ein lockender Hafen. In wenigen Minuten würde er ihn erreicht haben.
    Als er auf der Kreuzung Canal Street und City Park Avenue zufuhr, der letzten Station vor der Auffahrt zum Expressway, bemerkte er, daß die Verkehrsampel ausgefallen war. Ein Polizist dirigierte den Verkehr von der Mitte der Canal Street aus.
    Ein paar Meter vor der Kreuzung hatte Keycase eine Reifenpanne.
    Der Schutzmann Nicholas Clancy von der New-Orleans-Polizei war einst von seinem erbitterten Sergeant als »der dümmste Schupo in der ganzen Polizei« bezeichnet worden.
    Die Klage war berechtigt. Obwohl Clancy im Dienst alt und grau geworden war, hatte man ihn nie befördert oder eine Beförderung auch nur in Erwägung gezogen. Er hatte sich nicht mit Ruhm bedeckt, kaum je eine Verhaftung vorgenommen, und wenn, dann keine bedeutende. Falls Clancy einem flüchtenden Wagen nachjagte, entkam der Fahrer bestimmt. Einmal, bei einem Handgemenge, sollte Clancy einem Verdächtigen, den ein anderer Beamter überwältigt hatte, die Handschellen anlegen. Clancy kämpfte noch mit seinen Handschellen, die sich an seinem Gürtel verheddert hatten, als der Verdächtige schon mehrere Häuserblocks weit weg war. Bei einer anderen Gelegenheit stellte sich ein lang gesuchter Bankräuber, der sich bekehrt hatte, Clancy freiwillig auf der Straße. Der Bandit lieferte seine Waffe aus. Clancy ließ sie fallen, ein Schuß löste sich, der aufgescheuchte Bandit änderte seine Meinung und machte sich aus dem Staub. Er konnte erst nach einem Jahr und sechs Banküberfällen wieder gefaßt werden.
    Nur eines rettete Clancy in all den Jahren vor der Entlassung aus dem Polizeidienst – seine Gutmütigkeit, der niemand widerstehen konnte, sowie die demütige Haltung eines traurigen Clowns, der sich seiner Unzulänglichkeit bewußt ist.
    Manchmal, wenn er mit sich allein war, wünschte sich Clancy, daß ihm etwas gelingen möchte, eine einzige lohnende Tat, damit er wenigstens einen Pluspunkt vorzuweisen hätte. Bisher jedoch hatte er immer versagt.
    Es gab nur eine Aufgabe, die Clancy nie die mindeste Schwierigkeit bereitete – den Verkehr zu regeln. Es machte ihm sogar Spaß. Falls er irgendwie die Geschichte
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