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Hordubal (German Edition)

Hordubal (German Edition)

Titel: Hordubal (German Edition)
Autoren: Karel Capek
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Stroh und Heu, und dies ist der Geruch der Gänse, und das duftet nach Kamillen und Brennesseln. In der Schenke ist nicht mehr der alte Salo Berkowitsch, ein fuchsroter Jude erhebt sich vom Tisch und fragt mißtrauisch: »Der Herr wünscht?«
    Einer sitzt im Winkel, wer könnte das sein, es könnte Pjosa sein, meiner Treu, Andrej Pjosa, genannt der Husar, glotzt Juraj an, als wollte er schreien: Bist du's, Juraj? Und ob ich's bin, Andrej Husar, wie du mich hier siehst.
    Nun, Pjosa hat nicht geschrien, er starrt; und Hordubal, um zu zeigen, daß er ein Hiesiger ist: »Wirt, lebt der alte Berkowitsch noch?«
    Der sommersprossige Jude stellt ein Gläschen Schnaps auf den Tisch. »Sechs Jahre ist es her, seit man ihn begraben hat.« Sechs Jahre? ech, Pjosa, eine lange Zeit; was bleibt von einem Menschen übrig nach sechs Jahren – und was nach acht Jahren? Acht Jahre, Schankwirt, hab' ich keinen Branntwein getrunken; ach Gott, manchmal hätt' ich ihn trinken mögen – den Kummer ersaufen, auf die Fremde spucken, weißt du? Aber sie haben den Branntwein verboten in Amerika. So hab' ich wenigstens der Polana mehr Dollars geschickt; und weißt du, Pferde hat sie gekauft und die Felder verkauft. Lauter Gestein, sagt sie. Und du, Husar, du hast die Felder nicht verkauft? Nun ja, man sieht, du bist nicht in Amerika gewesen.
    Der Jude steht hinterm Pult und starrt Juraj an. Soll ich mich mit ihm in ein Gespräch einlassen? denkt der Jude. Gesprächig ist er wohl nicht, er schaut so so drein, werde mich lieber nicht mit ihm einlassen; welcher von den Hiesigen könnte es denn sein? Matwjej Pagurka hat einen Sohn irgendwo, vielleicht ist es Matwjejs Sohn; oder wäre es etwa Hordubal, der Mann der Polana Hordubal, der, was in Amerika ist –
    Juraj hat mit den Augen geblinzelt. Der Jude wendet sich ab, er muß die Gläser auf dem Pult in Ordnung bringen; und was ist mit dir, Pjosa, warum versteckst du immer die Augen unter den Brauen? Soll ich dich beim Namen rufen? Das ist nun mal so, Andrej Pjosa: der Mensch gewöhnt sich gleich das Reden ab, sein Mund wird hölzern, aber – nun ja, selbst ein Pferd, selbst eine Kuh will ein menschliches Wort hören. Wahr doch, Polana war immer so still, und acht Jahre machen das Reden nicht leicht, die Einsamkeit lehrt nicht sprechen; ich weiß ja selber nicht, wo anfangen; fragt sie nicht – so sag' ich nichts, sagt sie nichts – so will ich nicht fragen. Ach was, Stefan ist ein guter Knecht, selbst das Reden besorgt er für die Bäuerin. Die Felder hat die Bäuerin verkauft, eine Pußta in der Ebene hat sie sich gekauft, und fertig. Hordubal trinkt und wackelt mit dem Kopf; das Luderzeug brennt, aber man wird sich daran gewöhnen. Stefan – scheint ein guter Junge zu sein; kennt sich in Pferden aus und hat Hafia gern; und was Polana anbelangt – auch die Frau wird sich gewöhnen, und es wird von selber kommen, was kommen soll. Eh, Pjosa, wie steht's mit der Deinigen – ist sie manchmal wunderlich? Nun, wirst sie halt verprügeln, aber Polana, die ist – wie eine Edelfrau, Andrej: so ist's. Klug ist sie, fleißig und sauber – Gott sei gelobt. Ei wahr, doch wunderlich ist sie. Und hält sich, Bruderherz, wie keine andre im ganzen Ort. Ich versteh's nicht mit ihr, Husar. Wie der Wind hätte ich ins Haus fahren sollen und sie herumwirbeln, daß ihr die Puste ausgegangen wäre. So wird's gemacht, Andrej. Aber ich – siehst du, es ging nicht: erschrocken ist sie, als wär' ich ein Gespenst. Und Hafia ist auch irgendwie erschrocken. Du auch, Pjosa. Nun, da habt ihr mich, was kann ich tun? Wenn das Eis nicht birst, so schmilzt es langsam. Dein Wohl, Andrej!
    Andrej Pjosa, genannt der Husar, steht auf und geht zur Tür, als hätte er nichts gesehen; in der Tür dreht er sich um, schießt einen Blick zurück und stottert: »Willkommen daheim, Juraj!« Was bist du für ein Sonderling, Husar; als wenn du dich nicht zu mir setzen könntest – sollst nicht meinen, daß ich als Bettler heimgekehrt bin: ich hab' gute paar hundert Dollar – nicht einmal Polana weiß es noch. Sieh mal, Pjosa hat mich erkannt; nun denn, von selbst ist's gekommen, von selbst wird auch das übrige kommen, freut sich Hordubal; Jude, schenk mir noch eins ein!
    Die Tür fliegt auf und ein Kerl kommt hereingestürmt wie Hochwasser – aber das ist ja Wasil Geritsch Wasilu, der beste Kamerad; ein Blick nur und schon auf den Tisch zu. Wasil! Juraj! Kratzen tut so ein Männerkuß und nach Tabak stinken, aber gut ist er,
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