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Hopp! Hopp! Es geht weiter. Vom Glück und Unglück eines Reiseleiters im Wilden Westen

Hopp! Hopp! Es geht weiter. Vom Glück und Unglück eines Reiseleiters im Wilden Westen

Titel: Hopp! Hopp! Es geht weiter. Vom Glück und Unglück eines Reiseleiters im Wilden Westen
Autoren: Oliver Tappe
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dass Sie mich gerettet haben.“
    Ich
verabschiedete mich hastig und überließ die beiden Damen ihrem Schicksal. Die
Situation war einfach zu absurd. Ich wollte keine Minute länger im Badezimmer
der Frau Huebsch verweilen.
    Es folgte eine
unruhige Nacht, da mein Zimmer zur Market Street gerichtet war und der Straßenlärm
einfach kein Ende nehmen wollte: bimmelnde Straßenbahnen, hupende Autos und die
obligatorischen Polizeisirenen, die nonstop heulten. Um vier Uhr dreißig kamen
dann auch noch die Straßenreiniger und schalteten ihren Hochdruckstrahler ein.
Ich dachte ernsthaft über mein Leben nach. Warum nur, hatte ich mir so einen
Job ausgesucht? Warum war ich nicht Postbote geworden? Dann säße ich jetzt
irgendwo auf dem Land und würde eine ruhige Kugel schieben. Oder
Grundschullehrer. Oder Pfarrer. Nur nicht Reiseleiter.
    Als ich den
Gästen bei der Abfahrt am folgenden Tag von meinem Plan berichtete, einen
kleinen Umweg zu fahren, war die Freude groß. Jeder wollte die Golden Gate
Bridge natürlich gerne aus der Nähe sehen. Ich bat Larry, die Brücke zunächst
in Richtung Sausalito zu überqueren, damit wir am Schöneren der beiden
Aussichtspunkte stadtauswärts halten konnten. Dieser bietet nicht nur einen
tollen Blick auf das imposante Bauwerk, sondern auch auf die herrliche Skyline
der Stadt. Einzige Voraussetzung ist: Das Wetter muss mitspielen. Wir befanden
uns kaum in Sichtweite der Brücke, da näherten sich schon die ersten
Nebelschleier. Das Wetter in San Francisco ist eben unberechenbar. Der Nebel
kommt und geht wie es ihm gefällt. An diesem Vormittag kam er. Weiß und dicht.
In nur wenigen Minuten hatte der Nebel die Brücke komplett eingehüllt und trieb
in dicken Schwaden durch die Bucht, um uns auch noch die Sicht auf die Skyline
zu vermiesen. Kaum einer der Gäste wollte den Bus am Aussichtspunkt zum
Fotografieren verlassen. Wozu auch?
    „Wie auf
Sylt!“, rief ChaCha in die Menge.
    Sie hatte
ihren Humor noch immer nicht verloren. Der restliche Tag verlief, oh Wunder,
ohne nennenswerte Zwischenfälle. ChaCha hatte sich unsterblich in das Städtchen
Carmel verliebt und wäre am liebsten gleich dort geblieben. Ich musste sie
regelrecht überreden, wieder in den Bus zu steigen. Als wir am frühen Abend in
San Simeon eintrafen, überraschte ich meine Gäste mit einem Umtrunk im Garten
des kleinen Hotels. So etwas lockert die Stimmung, und nach der San
Francisco-Tortur konnten wir wahrlich einen Drink vertragen. San Simeon ist ein
kleiner und verschlafener Küstenort auf etwa halbem Weg zwischen San Francisco
und Los Angeles gelegen. Hier sagen sich zwar nicht Fuchs und Hase Gute Nacht,
dafür aber Robben und Seekühe. Ich verabschiedete mich schon zu früher Stunde
von meinen Gästen unter dem Vorwand, den Papierkram erledigen zu müssen, der am
Ende so einer Reise ansteht. Bevor ich mich in mein Zimmer zurückzog, machte
ich noch einmal an der Rezeption halt. Ich wollte den Weckruf für die Gruppe
arrangieren, wohlwissend, dass der Empfang zwischen Mitternacht und sechs Uhr
früh nicht besetzt sein würde. Kaum lag ich im Bett, schlief ich auf der Stelle
vor Erschöpfung ein.
    Ein lautes
Klingeln riss mich jäh aus dem Schlaf. Es war das Telefon. Paulchen Panther kam
mir in den Sinn. Wer hat an der Uhr gedreht? Ist es wirklich schon so
spät? Dummerweise stand der Apparat nicht wie sonst üblich auf dem
Nachttisch, sondern auf dem Fernsehregal auf der anderen Seite des Raums. Ich
schälte mich aus den Federn und nahm den Hörer ab.
    „Guten Morgen.
Dies ist ihr automatischer Weckruf. Wir wünschen Ihnen einen schönen Tag“,
sagte die monotone Computerstimme.
    „Seltsam“,
dachte ich. „Es ist ja noch stockdunkel draußen.“
    Ich sah auf
die Uhr. Der kleine Zeiger stand zwischen der Zwölf und der Eins und der große
Zeiger auf der Sechs. Ich hörte, wie auch im Nachbarzimmer das Telefon
unbarmherzig bimmelte. Bingo. Der Empfangsmitarbeiter hatte sich wohl beim
Eingeben des Weckrufs vertan und statt sechs Uhr dreißig - zwölf Uhr dreißig in
die computergesteuerte Telefonanlage eingegeben. Ich malte mir aus, wie ich den
Kerl am Morgen über die Theke ziehen würde, um ihm den Hals umzudrehen.
Verdammter Idiot! Ich legte mich wieder ins Bett und lauschte, wie die Gäste in
den umliegenden Zimmern vor sich hin fluchten und wie kurz darauf eine
Toilettenspülung nach der anderen zischte. Bei den dünnen Sperrholzwänden im
Wilden Westen ist das übrigens gar kein Problem. Da hört man
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