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Holzhammer 02 - Teufelshorn

Holzhammer 02 - Teufelshorn

Titel: Holzhammer 02 - Teufelshorn
Autoren: Fredrika Gers
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Bier und Schweinsbraten. Also brauchte man nicht nur Stühle, sondern auch Tische. So standen jetzt lange Tischreihen im Saal, die von der hinteren Wand auf die Bühne zuliefen. Doch der Bürgermeister war natürlich mit Freikarten bedacht worden und hatte reservierte Plätze ganz vorn an der Bühne bekommen. Dort wurden Christine und Matthias von Hias und seiner Frau begrüßt. Holzhammer war auch da, einer musste ja schließlich für Ordnung sorgen.
    Kaum saßen sie, da ging es auch schon los. Die Darbietungen umfassten alles, was im Talkessel so an Kultur geboten war: Ziach und Diadonische, riesige Alphörner, die kaum auf die Bühne passten, selbstverständlich Schuhplattln und andere Tänze, aber auch almerische Handwerkskunst wie das Herstellen von Fuikln, den Kopfputzen, welche die Kühe beim Almabtrieb tragen. Es war offensichtlich, dass dies keine Maskerade für Touristen war, sondern gelebtes Brauchtum. Christine bemerkte, mit wie viel Begeisterung alle mitmachten, vor allem die Kinder. Manche mochten die Bühne nach ihrem Auftritt gar nicht mehr verlassen, sodass es oben immer voller wurde.
    Ein Weihnachtsschütze, der von Beruf Forstwirt war, trat als Borkenkäfer auf. Er machte sich lustig über die Obergescheiten in München, die behauptet hatten, «der Borkenkäfer kommt nicht über tausend Meter». Besonders gelungen fand Christine die Augen des Käfers, die offensichtlich aus Teesieben bestanden.
    Dann war Pause, und der Vorhang wurde zugezogen. Holzhammer kam zu ihnen an den Tisch. Er erzählte, dass Hilde Stranek noch immer leugnete. «Des wird der Krampfhenne aber nix nutzen, mir ham ja derweil Indizien gegen sie zum Saufudern.» Das Tuch mit ihrer DNA, die schlammigen Geldscheine von ihrer Leine, den Handyanruf vom Gipfel, die Zeugenaussage von Gruber und schließlich auch noch DNA vom Sitz des Traktors. Der Staatsanwalt sähe die Sache genauso. Daher dringender Tatverdacht und Inhaftierung bis zur Verhandlung. Nur der Mordversuch an Gruber stand auf wackligen Füßen, denn da gab es als Indizien nur die Zeugenaussagen von Holzhammer selbst und seinem Sohn. Aber zwei Morde aus niedrigen Beweggründen reichten ja auch für lebenslänglich. «Jetzt kimm i wenigstens noch rechtzeitig dazua, mei Hütt’n winterfest zum machen», sagte Holzhammer zufrieden.
    Dann klingelte jemand mit einer Kuhglocke, und der Vorhang wurde wieder aufgezogen. Das Singspiel begann.
    Auf der Bühne erschien nun der «König vom Königssee» – eine Persiflage auf Bürgermeister Hias. Bald würde der Kampf um seine sechste Amtszeit eingeläutet werden, darum trug der König nicht nur eine Krone, sondern auch Boxhandschuhe. Er schritt wichtig hin und her und verteilte nach allen Seiten Olympiabewerbungen. Die Leute lachten, denn auch das entsprach den Tatsachen: Hias war wahrscheinlich der Bürgermeister, der weltweit die meisten Bewerbungen für Olympische Spiele aktiv miterlebt hatte. Leider hatte es nie geklappt.
    Der König auf der Bühne sah dem Hias richtig ähnlich, fand Christine. Toll hatten sie den zurechtgemacht. Leise machte sie Matthias darauf aufmerksam. Der deutete nur auf den leeren Platz neben sich. Hias war weg. Christine sah wieder auf die Bühne. Konnte das sein? Kein anderer als der Hias spielte den König vom Königssee. Er persiflierte sich selbst. Als würde der Bayerische Ministerpräsident beim Starkbieranstich auf dem Nockherberg nicht verkniffen lächelnd unten im Saal sitzen, sondern oben auf der Bühne stehen.
    «Er sieht sich halt am ähnlichsten», flüsterte Matthias der perplexen Christine zu. Das war mal wieder typisch Berchtesgaden.

    Alles war wieder in Ordnung. Sogar die Bewirtung am Götschen hatte sich gebessert. Die unwirtlichen Wirtsleute hatten den Sommer nicht überstanden und betrieben jetzt unter dem Schutz der Mafia eine Pizzeria in Palermo.
    Nur Dr. Fischer saß einsam in seinem getäfelten Büro und haderte mit sich. Wieder war ihm eine peinliche Panne passiert – den Bürgermeister verhaften. Wenn er so weitermachte, würde er auch noch in Berchtesgaden zur Persona non grata werden. Daher fasste er einen Entschluss: Er wollte versuchen, ein guter Berchtesgadener zu werden. Um sich zu assimilieren, würde er gleich morgen in einen Gebirgstrachtenerhaltungsverein eintreten.

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    Über Fredrika Gers
    Fredrika Gers ist gebürtige Hamburgerin und schreibt, seit sie schreiben kann. Sie lernte Bankkaufrau und arbeitete als
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