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Holz und Elfenbein

Holz und Elfenbein

Titel: Holz und Elfenbein
Autoren: Tanya T. Heinrich
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des Organisten hervorgeblitzt war, ganz zu schweigen.
    Federico konnte ein kleines boshaftes Lachen nicht ganz unterdrücken. Also hatte das Konservatorium auch einen verzogenen kleinen Sprössling mehr. Mit denen hatte er bereits Bekanntschaft gemacht, in seinem eigenen Semester gab es auch so eine Vertretung dieser Gattung. Ihre Eltern finanzierten das teure Studium mal eben so aus der Portokasse, spendeten großzügig und ließen sich als Mäzene feiern. Deshalb waren sie auch so beliebt beim Dekan, sie waren eine nie versiegende Geldquelle.
    Was Federico unmittelbar zu seinem eigenen Dilemma zurückbrachte. Inzwischen wusste wohl jeder hier, dass er finanzielle Probleme hatte und auf das Stipendium angewiesen war, das von einer Stiftung finanziert wurde. Solche Dinge wurden schnell unter den Studenten weitererzählt.
    An und für sich hatte er selbst keinerlei Probleme damit Geld von einer Stiftung anzunehmen. Stipendien gab es viele, gerade an Konservatorien und zahlreiche Studenten nahmen sie in Anspruch. Doch leider waren an die regelmäßigen Zahlungen auch Bedingungen geknüpft. Man erwartete von ihm, dass er den Geldgebern Gefälligkeiten erwies. Einmal hier ein Konzert während eines Firmenjubiläums, einmal da ein Vorspiel während eines Empfangs. Die Mitglieder der High Society brüsteten sich gerne damit einem jungen Musiker finanziell unter die Arme zu greifen.
    Diese außerordentlichen Auftritte und Konzerte brachten seinen ohnehin schon engen Terminkalender regelrecht zum Platzen. Wann sollte er so noch Zeit zum Üben finden? Zu allem Übel verlangte jetzt nun auch noch der Dekan, dass er in der nächsten Zeit keine der Anfragen zu Konzerten abwies. Anscheinend hatte sich irgendjemand schon über ihn beschwert. Leider gab es für Federico nun einmal keine andere Möglichkeit als ein Stipendium in Anspruch zu nehmen. Als er drei Jahre alt gewesen war, starben seine Eltern bei einem Verkehrsunfall. Das spärliche Erbe hatte nicht lange ausgereicht und war schnell von den Verwandten in Anspruch genommen worden, bei denen er gelebt hatte. Schon früh hatte man seine musikalische Begabung erkannt und entsprechend gefördert. Doch Eliteschulen und Universitäten, ganz zu schweigen von Lehrgängen und Meisterklassen, alles kostete Geld.
    Er war der Beste hier am Konservatorium, aber dementsprechend hoch waren auch die Erwartungen. Federico seufzte und ließ seinen Frust an zwei Makkaroni aus, die sich nicht auf die Gabel aufspießen lassen wollten. An manchen Tagen, da fühlte er sich dem Druck und den Anforderungen nicht im Geringsten gewachsen. Heute war so ein Tag. Warum machte er sich diesen ganzen Stress überhaupt? Er könnte aussteigen! Doch im Innersten wusste er genau, dass er dies nie tun könnte. Er liebte das Klavier über alles und jeder Tag, an dem er nicht spielen konnte, war für ihn ein vergeudeter Tag.
    So schnell es ging wollte er sein Konzertdiplom ablegen, das Konservatorium verlassen und dann eigene Wege bestreiten. Endlich selbst bestimmen können welche Stücke er einüben konnte und nicht abhängig sein von Dozenten oder Geldgebern!
    Es wurde Zeit, er musste sich beeilen. Schnell beendete er seine Mahlzeit und suchte seine Noten zusammen, die auf jeder noch so kleinen freien Fläche seines Zimmers lagen. Da er kein eigenes Instrument besaß, musste er die Flügel in den Übungsräumen des Konservatoriums benützen. Natürlich gab es für ihn Ausnahmeregelungen, so konnte er bis spät in die Nacht hinein üben, wenn ihm danach war. Doch für die Stunden am Nachmittag galten für jeden die gleichen Regeln, man hatte sich in einen Plan einzutragen und erschien man zu spät, konnte sich jemand anderes den Flügel unter den Nagel gerissen haben.
    So wie es ihm auch heute passierte!
    Als er die Tür zu einem der Übungsräume öffnete, hörte er schon Klaviermusik.
    »Klara, was soll das! Ich bin jetzt dran. Kannst du nicht lesen? Schau doch auf den Plan«, wetterte Federico als er die Pianistin erkannt hatte. Er warf seine Noten auf den nächstbesten Tisch.
    Klara war ein Jahr jünger als er selbst und hatte längst erkannt, dass sie keine gute Konzertpianistin werden würde. Einzig ihre Mutter bedrängte sie noch hier zu bleiben. Klara musste sich vieles durch hartes Üben erarbeiten und war nicht mit einem herausragenden Talent gesegnet. Daher quälte sie sich regelrecht durch den Unterricht und die häufigen öffentlichen Aufführungen, die hier Tradition waren. Insgeheim träumte sie
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