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Hochsommermord: Kriminalroman (German Edition)

Hochsommermord: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Hochsommermord: Kriminalroman (German Edition)
Autoren: Jochen Frech
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unregelmäßigen Arbeitszeiten zurecht. Als Valerie ihre Prüfungen bestanden hatte, zog er bei ihr ein. Dann wurde er zum Studium an der Hochschule zugelassen, und sie waren gezwungen, eine Wochenendbeziehung zu führen. Nach zwei Jahren begann die Krise.
    Er wusste bis heute nicht, woran es lag.
    Valerie zog sich immer mehr zurück. Alle Gespräche und seine Bemühungen, die Beziehung zu retten, verliefen ergebnislos. Etwas in ihr hatte sich verändert, worüber sie nicht sprechen wollte oder konnte. Er war der festen Überzeugung, dass es ihm besser gehen würde, wenn er nur den Grund für ihr Verhalten wüsste.
    Am Telefon hatte er versprochen, die Umzugskartons am nächsten Wochenende abzuholen. Bis dahin wollte er die Wohnung in einen halbwegs vernünftigen Zustand bringen.
    Kepplinger beschloss, am Abend in ein griechisches Lokal zu gehen. Er blätterte in den Gelben Seiten und wunderte sich über die zahlreichen Gaststätten in der Fünfundfünzigtausend-Einwohner-Stadt. Er zog sein Mobiltelefon aus der Hosentasche und bestellte für zwanzig Uhr einen Tisch in der Taverne Diogenes.
    Die untergehende Sonne färbte das Damülser Mittagshorn und die umliegenden Berge in zahlreiche Rottöne. Gerd Jessen saß mit einer Flasche Marillenschnaps in der Hand auf einer Holzbank vor dem Eingang der einsam gelegenen Berghütte. Er genoss das Naturschauspiel und machte einige Aufnahmen mit seiner Digitalkamera. Der diesjährige Ausflug mit seinen Kegelfreunden in das bekannte Skigebiet zwischen Bregenzer Wald und dem Großen Walsertal war bislang ein voller Erfolg gewesen. Bereits auf der Anreise am Vortag hatten sie eine Menge Spaß gehabt. Die preiswerte Selbstversorgerhütte hatte sich wider Erwarten als Insidertipp erwiesen. Alle waren von der Lage, der urigen Einrichtung und dem offenen Kamin in der Vesperstube begeistert. Sie hatten einen zünftigen Hüttenabend verbracht und alte Wanderlieder gesungen. Am frühen Morgen waren sie losgezogen, um eine mehrstündige Bergtour in Angriff zu nehmen. Nach dem Alkoholkonsum des Vorabends hatte er Bedenken gehabt, dass alle die Anstrengung bewältigen würden, aber vor einer guten Stunde waren sie wohlbehalten an der Hütte angekommen. Vorsichtig öffnete er die Schnürsenkel seiner Wanderstiefel. Bereits am Mittag, während sie auf einer bewirtschafteten Alm eine Brotzeit genommen hatten, hatte er gespürt, dass sich an beiden Fersen Blasen bildeten. Am liebsten hätte er bereits dort die Schuhe ausgezogen. Mit schmerzverzerrtem Gesicht schlüpfte er aus den Lederstiefeln. Beide Strümpfe waren im Fersenbereich blutdurchtränkt. Er griff in seine Tasche und holte ein Klappmesser heraus. Vorsichtig schnitt er beide Strümpfe entzwei und löste den Baumwollstoff von der Haut. Im Wundbereich war das Gewebe bereits mit dem angetrockneten Blut verklebt. Er erinnerte sich daran, wie seine Mutter ihm in der Kindheit Wundpflaster entfernt hatte. Sie hatte immer angekündigt, bis drei zu zählen und danach den Klebestreifen von der Haut zu reißen. Aber dann hatte sie das Tape abgerissen, bevor sie bei drei angelangt war.
    Jessen trank einen kräftigen Schluck Fusel, schloss die Augen und begann zu zählen. Gleichzeitig riss er an den Strümpfen. Er schrie laut auf und hoffte, dass ihn keiner gehört hatte. Gleichzeitig begannen beide Wunden wieder zu bluten. Er griff nach den Stoffresten auf dem Boden und presste sie auf die Abschürfungen.
    In der Zwischenzeit hatte es zu dämmern begonnen. Jessen wunderte sich, wie rasch die Sonne in den Bergen unterging. Aus der Hütte drangen Gesprächsfetzen seiner Kameraden nach draußen. Im Hintergrund spielte ein Radio volkstümliche Musik. In der Ferne verfolgte er, wie in dem kleinen Ort Damüls nach und nach die Lichter angingen. Der Himmel über den Bergen war wolkenlos. Morgen würde ein schöner Tag werden. Gerd Jessen war so zufrieden wie schon lange nicht mehr. Er dachte an die anstrengende Zeit, die hinter ihm lag. Der Rhythmus der Bergwelt um ihn herum schaffte eine unbekannte Ruhe in ihm. Er nahm sich vor, öfter in die Berge zu fahren. Noch einmal nahm er einen kräftigen Schluck und schüttelte angewidert den Kopf. Nach ein paar Minuten hob er die Schuhe vom Boden auf und ging in die Hütte.
    In der Nacht kam ein kühler Wind auf, und die Temperatur fiel auf drei Grad ab.
    Moritz Kepplinger saß müde und etwas angetrunken, aber auch satt und zufrieden in seinem Wagen vor der griechischen Taverne und wartete auf das bestellte
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