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Hochsommermord: Kriminalroman (German Edition)

Hochsommermord: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Hochsommermord: Kriminalroman (German Edition)
Autoren: Jochen Frech
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wollte. Er fand die Sendung lächerlich.
    Sie schenkte sich ein Glas Weißherbst ein und machte es sich auf der Couch im Wohnzimmer gemütlich. Am Abend war die Hitze durch einen leichten Ostwind erträglicher geworden. Den Tag hatte sie damit verbracht, Fliegengitter an den Fenstern zu befestigen. Sie zappte durch die Programme und blieb schließlich bei einer Quizshow hängen. Womit kennt sich ein Sommelier besonders gut aus?
    Susanne Jessen lächelte, da sie die Antwort bereits wusste, und nippte wie zur Belohnung an ihrem Weinglas. In der Ferne vernahm sie das monotone Brummen der Fahrzeuge auf der Bundesstraße. Gegen halb sieben klingelte ein Mitarbeiter des Lieferservice und brachte das bestellte Essen. Zurück im Wohnzimmer kramte sie nochmals in den Reiseunterlagen für den geplanten Sommerurlaub. Zusammen mit ihrer Freundin und deren Tochter hatten sie eine Ferienwohnung in Kroatien gemietet. Sie blätterte in der Broschüre des Reiseanbieters. Das Haus lag direkt am Strand, auf einem der Bilder war die Terrasse mit Swimmingpool zu sehen. Über einem Gartentisch mit vier Stühlen rankten rote Blätter wilden Weins. Im Hintergrund erstreckte sich ein tiefblaues Meer, aus dem in der Ferne zwei Felsen herausragten. Sie stellte es sich traumhaft vor, dort zu frühstücken und dabei auf das Meer hinauszublicken.
    Als die Titelmelodie der Lindenstraße erklang, ging sie rasch in die Küche und holte den Pizzakarton.
    Gegen zwanzig Uhr griff sie verärgert zum Telefon.
    Ungefähr zur selben Zeit lenkte Lea Thomann den Streifenwagen zu Beginn ihrer Nachtschicht auf den Parkplatz einer Schnellimbisskette.
    »Ich muss unbedingt etwas essen«, sagte sie, während sie die Fahrertür öffnete. »Soll ich dir etwas mitbringen?« Ihr Streifenpartner schüttelte den Kopf. Im Restaurant entschied sie sich für ein Thunfisch-Sandwich und eine Cola und ging zum Fahrzeug zurück.
    »Was dagegen, wenn du fährst und ich im Wagen esse?« Kommentarlos öffnete ihr Kollege die Beifahrertür und lief um das Fahrzeug.
    »Danke«, sie zwängte sich über die Mittelkonsole auf den Beifahrersitz. Ihr Kollege griff nach dem Sicherheitsgurt. Während sie ein Stück von ihrem Sandwich abbiss, ertönte das Funkgerät.
    »Schwerer Verkehrsunfall … mehrere beteiligte Fahrzeuge … Verletzte …«, dröhnte es aus dem Bordlautsprecher. Ihr Kollege ließ den M otor aufheulen, schaltete Blaulicht und Martinshorn ein und wendete rasant den Wagen. Dabei schwappte die Cola über den Becherrand und überzog Hemd und Hose von Lea Thomann mit dunklen Flecken.
    »Verdammt!« Verärgert griff sie mit der freien Hand nach dem Funkhörer und bestätigte den Auftrag.
    Ihr Streifenpartner fuhr in halsbrecherischem Tempo durch die Innenstadt. Wie so oft, wenn sie zu einem Verkehrsunfall gerufen wurde, kamen ihr die Bilder ihres ersten Unfalltoten in den Sinn: der widernatürlich verdrehte Kopf des jungen Fahrers, der auf den ersten Blick ausgesehen hatte, als ob er bei geöffneter Fahrertür eine Pause einlegen würde. Die teure Limousine, die nicht zum Alter des Mannes passte. Die einsame Landstraße, auf der keinerlei Hinweise auf ein weiteres beteiligtes Fahrzeug zu erkennen waren.
    Damals hatte sie keine Ahnung davon gehabt, was bei einer Unfallaufnahme beachtet werden musste. Wie man die Ursache ermittelt. Der Student war ohne erkennbaren Grund von einer schnurgeraden Landstraße abgekommen und gegen einen Baum geknallt.
    Sie hatte monatelang darüber gegrübelt, was in den letzten Momenten vor dem Unglück passiert sein mochte. Der Tod des jungen Mannes kam ihr so sinnlos vor. Und sie erinnerte sich häufig an das Lied der Gruppe Londonbeat , das im Radio gespielt wurde, als sie sich in das Fahrzeuginnere gebeugt hatte, nur um festzustellen, dass jede Hilfe zu spät kam: I’ve been thinking about you.
    Jedes Mal, wenn sie die Melodie hörte, musste sie an die vergeblichen Wiederbelebungsversuche der Notärzte und den beißenden Geruch der Desinfektionsmittel denken. Das Ganze kam ihr jetzt wie ein schlechter Traum vor. Mittlerweile hatte sie sich an den Anblick von Toten gewöhnt. Sie beschäftigten sie nicht mehr länger als ein oder zwei Tage.
    Die Sirenengeräusche einer zweiten Streife holten sie in die Realität zurück.
    »Da!«, rief sie aufgeschreckt und zeigte auf den dunklen Rauchpilz, der hinter einer Reihe von Einfamilienhäusern in den Abendhimmel aufstieg.
    »Mein Gott!«, hörte sie ihren Kollegen sagen.
    Später würde sie daran
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