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Historical Weihnachtsband 1993

Historical Weihnachtsband 1993

Titel: Historical Weihnachtsband 1993
Autoren: PATRICIA POTTER , Nora Roberts , RUTH LANGAN
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dadurch zu sich zu kommen. Mit glasigen Augen sah er Blythe an.
    „Ich danke Ihnen, Madam." Er ächzte die wenigen Worte, und tiefes Mitleid durchströmte Blythe. Sie kniete neben ihm nieder und bemühte sich, so gut sie konnte, den Körper dort abzudecken, wo Seth ihn nicht behandeln mußte.
    Er blickte kurz von der Wunde auf, gerade lange genug, um die offene Tür zu bemerken. „Du gehst besser, Blythe, und schiebst von draußen den Trog wieder vor."
    Sie nickte. Es war ihr klar, daß jedes Zögern ihrerseits sie alle in Gefahr bringen konnte. Aber der Wille zu helfen war übermächtig.
    Seth nickte. Er verstand sie nur zu gut. „Ich schaffe es jetzt schon allein. Wir dürfen kein zusätzliches Risiko eingehen. Komm heute nacht nicht mehr hierher zurück."
    Sie trat mit innerlichem Widerstreben auf die Treppe zu.
    „Blythe?"
    Sie wandte sich um.
    „Ich danke dir", sagte Seth leise. „Frohe Weihnachten!"
    Tränen verschleierten ihren Blick, als sie zum Haus lief. Nur äußerst ungern ließ sie die beiden Männer im Keller allein, besonders in dieser Nacht aller Nächte. Aber Seth hatte natürlich recht, auf diese Weise waren er und der General sicherer.
    Sicherer? Würde es überhaupt für sie alle jemals wieder so etwas wie Sicherheit geben?
    Die Kuchen waren im Ofen, als Blythe Hufschlag hörte. Es mußten mehr als ein Dutzend Pferde sein. Sie horchte. Ein scharfer Befehl drang durch das Fenster herein, gefolgt von plötzlicher Stille. Das Herz schlug ihr bis zum Hals, doch sie schaute hinaus. Auf dem Rasen vor dem Haus saßen Männer in blauen Uniformen auf ihren Pferden. Gesichter konnte sie nicht erkennen. Jeder hatte den Hut tief in die Stirn gezogen, denn es war sehr kalt. Oft genug waren Yankees hier aufgetaucht, und jedesmal hatten sie mitgenommen, was sie brauchen konnten. Heute freilich ging es um mehr als Blythes Besitz, stand Wichtigeres auf dem Spiel. Einen einzigen Blick warf sie auf die Pistole und wußte, daß es keinen Zweck hatte, damit zu drohen. Gegen die Überzahl der Männer konnte Blythe nichts ausrichten und würde die Soldaten nur um so neugieriger und argwöhnischer machen. Schnell verbarg sie die Waffe unter einigen Schürzen in der Speisekammer und ging zur Tür.
    Ein Schwall eiskalter Luft wehte Blythe an, doch das war nichts im Vergleich zu dem Schlag, den ihr der Anblick des schlanken, hochgewachsenen Majors versetzte, der vor ihr stand. Obwohl der Hut das Haar verdeckte, wußte sie nur zu gut, daß es rabenschwarz war. Ein gespannter Ausdruck machte die Lippen schmal, die früher so gern gelacht und gescherzt hatten. Mit den blau grünen Augen, die denen des Bruders im geheimen Keller so ähnlich waren, schaute der Offizier Blythe ernst an.
    Rafe! Gott im Himmel! Es war Rafe.

2. KAPITEL
    Fassungslos vor Überraschung schaute Blythe in dieses Gesicht vor sich, das in ihrem Herzen lebendig war wie kein anderes, und fühlte sich einen Augenblick der Ohnmacht nahe. Haltsuchend an den Türpfosten gelehnt, hätte sie sich dem Mann am liebsten in die Arme geworfen. Doch etwas Zurückhaltendes und Fremdes ging von ihm aus und hielt sie davon ab, es wirklich zu tun.
    „Rafe", flüsterte sie.
    Er zögerte, schien vorsichtig zu sein. „Bin ich hier noch willkommen, Blythe?"
    Wieder fühlte sie sich durch den kühlen Tonfall, die beinahe abweisende Haltung gehemmt. Dabei drängte es sie so sehr, ihn zu berühren, um ganz sicher zu sein, daß er es tatsächlich war, nicht bloß ein weihnachtliches Trugbild, sondern ein Mensch aus Fleisch und Blut. Aber etwas an ihm warnte Blythe, machte sie hellhörig. Und plötzlich überfiel sie Entsetzen. War er etwa gar auf der Suche nach Seth? Blythe riß sich zusammen. „Das hängt ganz davon ab, warum du gekommen bist", sagte sie und fragte sich dabei, wie sie derart unpersönliche Worte aussprechen konnte, während ihr Herz so laut pochte, daß es alle Yankees draußen hätten hören müssen.
    Aber etwas an Rafe Hampton schreckte sie ab: wie steif er dastand, wie seltsam seine Stimme klang! Aus halbgeschlossenen Augen musterte er ihr Gesicht so argwöhnisch, vielleicht sogar feindselig, als ob sie ein Gegner wäre.
    Obwohl sie seine Frage nicht beantwortet hatte, trat er an ihr vorüber ins Haus und schloß die Tür hinter sich. Er wollte vermeiden, daß seine Leute hören konnten, was er sagte. „Warum?" erkundigte er sich förmlich. „Hast du denn etwas oder . .
    .jemanden zu verbergen?"
    Blythe überlief es eiskalt. „Warum bist du
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