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HISTORICAL BAND 295

HISTORICAL BAND 295

Titel: HISTORICAL BAND 295
Autoren: Joanne Rock Joanna Fulford
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Gäste enttäuschen, und so lächelte sie freundlich und versuchte den Eindruck zu erwecken, dass sie sich tatsächlich vergnügte. Als sie Aylwins Blick bemerkte, der einmal mehr auf ihr ruhte, wurde ihr schlagartig deutlich, worauf sie sich eingelassen hatte – in drei Monaten würde sie mit ihm verheiratet sein, und er würde das Bett mit ihr teilen. Dann musste sie sich ihm hingeben, wann immer er es wollte. Und früher oder später würde sie seine Kinder zur Welt bringen. Er hatte bereits wohlgeratene Söhne, doch nach seinem Blick zu urteilen, wollte er es nicht dabei belassen. Aber sie hatte sich aus freiem Willen entschieden, und nun musste sie mit den Konsequenzen leben. Wenn er ihr Ehemann sein sollte, dann war es ihre Pflicht, ihn besser kennenzulernen und in Erfahrung zu bringen, was ihm Freude bereitete. An ihrer Fähigkeit, seinen Haushalt zu führen, zweifelte sie nicht, war sie doch von Kindheit an mit allen anfallenden Aufgaben vertraut gemacht worden. Welche Regeln hingegen im Schlafgemach galten, das war für sie Neuland, während er sich damit bereits auskannte. Aber sie hielt sich vor Augen, dass Liebe in einer guten Ehe nicht unbedingt erforderlich war. Hauptsache war, dass man sich gegenseitig respektierte. Bitte, Gott, flehte sie stumm, lass es gut gehen.
    Das Fest war vorüber, es war bereits spät am Abend, und die Frauen hatten sich zurückgezogen. Elgiva wusste, dass die Männer nun hemmungsloser zu trinken beginnen würden, daher wies sie die Dienerschaft an, Ale und Met zu servieren, solange danach verlangt wurde. Sie bedauerte es nicht, den Saal zu verlassen, und wünschte ihrem zukünftigen Ehemann eine gute Nacht. Dabei gab er ihr einen Kuss auf die Hand, die er einen Moment lang drückte. Sein gerötetes Gesicht und das hitzige Funkeln in seinen Augen verrieten deutlich, dass er bereits viel getrunken hatte, doch er redete noch immer klar und deutlich, und als er vor ihr stand, schwankte er nicht im Mindesten.
    „Gute Nacht, Elgiva, und schlaft gut. Wäre dies unsere Hochzeitsnacht, dann würde ich jetzt das Bett mit Euch teilen.“
    Sie brachte ein Lächeln zustande. „Alles zu seiner Zeit.“
    Dann hatte sie auch schon den Saal verlassen und suchte Zuflucht in den Frauengemächern.
    Obwohl es am Abend zuvor so spät geworden war, wachte Elgiva am nächsten Morgen früh auf. Auch wenn durch die Fensterläden bereits das erste graue Licht des Frühlingsmorgens drang, war noch kein Vogelgesang zu hören, und der Hahn hatte noch nicht gekräht. Lediglich Osgifus leises Schnarchen unterbrach die fast schon bedrückende Stille des neuen Tages. Die ältere Frau würde so schnell nicht aufwachen. Also stand Elgiva auf und zog sich hastig an, weil die Morgenluft recht kühl war. Dann legte sie einen Umhang um und ging zur Tür, wo sie kurz stehen blieb und einen Blick über die Schulter warf. Osgifu schlief noch immer fest. Bei ihrem Anblick verspürte sie eine sonderbare Mischung aus Liebe und Enttäuschung. Sie hatte ihrer Freundin vertraut, und selbst jetzt hörte sie noch deren Worte in ihrem Kopf widerhallen: Die Runen lügen nie . Aber die Runen hatten gelogen, und Osgifu hatte sich geirrt. Sofort rief sich Elgiva zur Ruhe. Warum reagierte sie so erstaunt darauf, dass ein Mensch fehlbar war? Himmel, sie war doch kein kleines Kind mehr. Es wurde Zeit, sich den Tatsachen zu stellen und Verantwortung zu übernehmen.
    Elgiva verließ die Schlafkammer und durchquerte den Großen Saal. Das war zwar nicht der kürzeste Weg zu ihrem Ziel, aber sie hatte Hunger, und sie wusste, die Chancen standen gut, dass sie an der Tafel noch etwas zu essen finden würde. Überall lagen schnarchende Männer auf dem Fußboden. Andere waren volltrunken nach vorn auf die Tischplatte gesunken und dort eingeschlafen. Nach den großen Mengen Ale und Met, die bis in die Nacht hinein getrunken worden waren, musste sich Elgiva keine Sorgen machen, sie könnte jemanden aufwecken. Allerdings würden einige der fröhlichen Zecher in Kürze von ordentlichen Kopfschmerzen geplagt werden.
    Sie nahm einen Laib Brot von der Tafel und brach ein Stück davon ab. Es schmeckte fade und trocken, aber für den Moment genügte es. Kauend ging sie zwischen den Schlafenden hindurch und rümpfte die Nase, da in der Luft eine dichte Wolke aus kaltem Rauch, vergossenem Ale und Schweiß hing. Sie machte einen Bogen um die Feuerstelle, in der inmitten der grauen Asche noch ein Rest von Glut glimmte. Schnell ging sie zur Tür, da die
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