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Hippolyt Hermanus 01 - Vino Criminale

Hippolyt Hermanus 01 - Vino Criminale

Titel: Hippolyt Hermanus 01 - Vino Criminale
Autoren: Michael Böckler
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darunter die Giandujotti, jene berühmten Nougatpralinen, die eine Spezialität Turins waren. Morgen würde er Sabrina eine Schachtel davon ins Krankenhaus mitbringen. Ob sie Nougat mochte? Es ist schon seltsam, wenn jemand auf diese einfache Frage wahrscheinlich keine Antwort wusste.
    Sabrinas Mutter war schon vor Jahren an Krebs gestorben. Dass sich jetzt Robertos ganze Liebe auf seine Tochter konzentrierte, das war mehr als verständlich. In so einer Situation konnte er ihn nicht im Stich lassen. Vor allem, da die einzigen Verwandten, die Roberto noch in Italien hatte, als Unterstützung nicht in Frage kamen. Die Eltern von Eva-Maria waren schon mit ihrem eigenen Kummer überfordert. Er hatte sie heute Morgen im Krankenhaus kennen gelernt, als sie Sabrina, die zu diesem Zeitpunkt noch im Koma lag, einen Höflichkeitsbesuch abgestattet hatten. Sie waren von Alba gekommen, wo sie vorher einen Termin bei der Polizei hatten. Nein, diese armen Menschen konnte man wahrlich mit nichts Zusätzlichem belasten. Luca Pertini machte den Eindruck eines gebrochenen Mannes. Und seine Frau Mira hatte kein Wort gesagt, nur stumm Sabrinas Wangen gestreichelt. Dann waren sie zurück in die Toskana gereist.
    Und die Südtiroler Verwandtschaft ihrer verstorbenen Mutter? Nun, da gab es keine, hatte er von Roberto erfahren. Die Großeltern lebten schon lange nicht mehr, und Sabrinas Mutter hatte keine Geschwister gehabt.
    Hipp sah hinüber zur Mole Antonelliana, jenem unglaublichen Gebäude, das ursprünglich eine Synagoge hätte werden sollen, sich dann aber im 19. Jahrhundert in einer eigenwilligen Architektur zum höchsten gemauerten Gebäude Europas verwandelt hatte. Wenn er noch länger in Turin bleiben sollte, würde er mal zur Aussichtsgalerie hinauffahren. Außerdem sollte es in der Mole Antonelliana ein interessantes Filmmuseum geben, hatte er gelesen. Prompt fielen ihm einige Filmklassiker ein, von Alfred Hitchcock zum Beispiel oder von Orson Welles, wo auch jemand sein Gedächtnis verloren hatte. Manche hatten es nie mehr zurückerlangt, aber das würde in Sabrinas Fall wohl kaum passieren, vielmehr glaubte er an eine rasche Rückkehr der Erinnerung. Sobald dies geschah, könnte er beruhigt zurück in die Toskana fahren und sich wieder in den Liegestuhl unter den Olivenbaum legen.
    Mittlerweile hatte er die Piazza Castello erreicht, bog links in die Via Roma ein und gelangte wenig später zur famosen Piazza San Carlo, die es nach seinem Geschmack mit den großartigsten Plätzen Europas aufnehmen konnte, mit ihren umlaufenden Arkadengängen, den Kirchen San Carlo und Santa Cristina und dem Reiterstandbild von Emanuele Filiberto I. in der Mitte. Nicht zu vergessen die beiden alten Kaffeehäuser San Carlo und Torino, zwischen denen er sich jetzt zu entscheiden hatte. Dort wollte er eine Kleinigkeit essen, einen Blick in
La Stampa
werfen, dem Treiben zusehen – und entspannen.
    Später würde er wieder zu Sabrina ins Krankenhaus gehen, sich von Fabris Besuch erzählen lassen und ihr eine gute Nacht wünschen. Das zumindest hatte Roberto erreicht – er fühlte sich tatsächlich in die Pflicht genommen. Hipp schmunzelte. Obwohl es dessen vermutlich gar nicht bedurft hätte. Er hatte es bislang bei seinen Überlegungen geflissentlich versucht zu ignorieren, aber es war dennoch nicht zu leugnen. Um es zurückhaltend zu formulieren: Eine solche Tochter hätte er Roberto Valentino nie und nimmer zugetraut. Vielleicht machte er sich also was vor, wenn er davon träumte, bald wieder alleine im Liegestuhl zu liegen?

8
    D as zum Weingut gehörende Haupthaus stammte aus dem 17. Jahrhundert, war dicht mit Laub bewachsen und wurde von einer Reihe hoher Zypressen flankiert. Die Tenuta del Leone, die sich im Besitz von Eva-Maria Pertinis Vater befand, erfreute sich unter Weinkennern eines vorzüglichen Rufes. Kein Wunder bei dieser bevorzugten Lage im Weingebiet von Montalcino, jenem mittelalterlichen Ort rund vierzig Kilometer südlich von Siena, der weltberühmt ist für seinen Brunello*. Zwar gäbe es auch eine Historie, die für kunstsinnige Menschen durchaus von Interesse wäre, zum Beispiel, dass Montalcino einst zur Abtei von Sant’Antimo gehört hatte, später zu Siena, dass aus dieser Zeit die gewaltige Festung Rocca stammte oder dass sich Montalcino 1559 Cosimo de’ Medici und damit Florenz unterwerfen musste. Aber wen interessierte das schon? Montalcino, das war nun mal ein Synonym für Brunello, und umgekehrt Brunello für
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