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Himmlische Träume: Die Fortsetzung des Weltbestsellers "Chocolat" (German Edition)

Himmlische Träume: Die Fortsetzung des Weltbestsellers "Chocolat" (German Edition)

Titel: Himmlische Träume: Die Fortsetzung des Weltbestsellers "Chocolat" (German Edition)
Autoren: Joanne Harris
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Gott zu denken, wenn doch jeder, der kochen kann, euch sagen wird, dass das Fasten einen nur dazu bringt, dauernd ans Essen zu denken.« Sie grinste mich an. Ihre unzähligen Fältchen grinsten ebenfalls. »Glauben Sie wirklich, dass es Gott interessiert, was Sie sich in den Mund stecken?« Sie holte noch eine Makrone hervor. »Ah, das ist bestimmt Ihr Bischof.«
    Mit »das« meinte sie Motorengeräusche, ein doppeltes Hoppeln über die Brücke mit dem Kamelrücken und das Brummen des gedrosselten Antriebs, während ein Wagen die Straße mit dem Kopfsteinpflaster heraufkam. Die meisten Straßen in Lansquenet sind eigentlich nicht für Autos geeignet. Zwar fahren fast alle Einwohner hier Auto (ich nicht), aber sie wissen genau, wie sie mit ihrem fahrbaren Untersatz umgehen müssen: Sie reden ihm gut zu, damit er die Unebenheiten bewältigt, sie drosseln das Tempo schon vor der uralten Brücke und beschleunigen erst am anderen Ende des Boulevards. Der Bischof ist mit den Eigenheiten unserer Straßen nicht vertraut, und der Auspuff seines silbernen Audis pustete bedenklich, als der Wagen vor meinem Haus zum Stehen kam.
    Der Bischof ist ungefähr Mitte fünfzig. Breite Schultern, kantiges Kinn. Er sieht eher aus wie ein ehemaliger Rugby-Spieler als wie ein Mann der Kirche. Ich glaube, er hat denselben Zahnarzt wie Père Henri, denn er hat ganz ähnliche Zähne. Heute Vormittag erschienen sie mir besonders extrem: sehr weiß und sehr gut gelaunt.
    »Ah, Francis!«
    »Guten Morgen, Monseigneur.« (Er möchte eigentlich, dass man ihn Tony nennt.)
    »Ach, wie förmlich! Sie sehen gut aus. Und das hier ist …« Er musterte Omi neugierig, die seinen Blick unerschrocken erwiderte.
    Ich warf ihr einen warnenden Blick zu. »Monseigneur, das ist Madame Al-Djerba. Sie wollte sich gerade verabschieden.«
    »Ach ja?«, sagte Omi.
    »Ja«, sagte ich.
    »Es ist nur … ich habe noch nie einen Bischof gesehen. Ich dachte, Sie tragen immer Violett.«
    »Vielen Dank, Madame«, sagte ich. »Und nun müssen der Bischof und ich Verschiedenes besprechen.«
    »Ach, kein Problem«, sagte Omi. »Wir warten gern.« Sie setzte sich auf die Gartenbank und machte ein Gesicht, als wäre sie bereit, ewig dort zu sitzen, falls es nötig würde.
    »Entschuldigen Sie bitte, worauf warten Sie?«, erkundigte sich der Bischof.
    »Ach, auf nichts Spezielles. Aber alle hier wollen dafür sorgen, dass Monsieur le Curé bald wieder ganz gesund ist. Viele Leute haben ihn vermisst.«
    »Tatsächlich?« Der Bischof sah mich verdutzt an. Seine Überraschung war nicht gerade schmeichelhaft.
    »Oh ja!«, verkündete Omi mit Nachdruck. »Dieser neue Priester ist kein Ersatz für ihn. Solche Priester sind vielleicht für die Großstadt geeignet, aber nicht in einem Dorf wie Lansquenet. Hee! Um das Herz eines Ortes zu erreichen, braucht man mehr als ein paar Ausschüsse. Père Henri muss noch viel lernen.« Und während sie das sagte, begannen die Glocken von Saint-Jérôme zu läuten. Meine Glocken riefen zur Messe, obwohl Père Henri doch heute gar nicht dran war.
    Der Bischof runzelte die Stirn. »Ist das nicht …?«
    »Ja.«
    Die Glocken waren so laut, dass wir sie unmöglich ignorieren konnten. Wir gingen bis ans Ende der Straße und blickten auf den leeren Platz. Weit und breit keine Menschenseele, aber die Kirchentür stand offen. Die Glocken läuteten immer weiter. Ich ging zur Tür, und nach kurzem Zögern folgte mir der Bischof ins Kircheninnere.
    Die Kirche war bis auf den letzten Platz gefüllt. Normalerweise versammeln sich höchstens vierzig bis fünfzig Gläubige, und auch das nur an Weihnachten oder Ostern. Sonst kann ich von Glück reden, wenn zwei Dutzend Leute kommen. Aber heute waren sämtliche Bänke besetzt, ein paar Besucher mussten hinten sogar stehen. Zweihundert Menschen, vielleicht noch mehr: Die Hälfte der Einwohner von Lansquenet erwartete mich in der Kirche.
    »Was ist denn hier los?«, fragte der Bischof.
    »Monseigneur, ich habe keine Ahnung.«
    »Monsieur le Curé! Ich bin froh, dass es Ihnen bessergeht.«
    Das war Paul-Marie Muscat, der hinten in seinem Rollstuhl saß. Neben ihm kauerte Pilou, zusammen mit Vlad, ein Stück Schnur gut am Halsband befestigt. Ich sah Joséphine bei ihnen stehen. Sie lächelte, als würde ihr gleich das Herz brechen. Dann Georges Poitou und seine Frau. Die Familie Acheron, alle miteinander, sogar der älteste Sohn Jean-Louis, der eigentlich nie in die Kirche geht. Dann Joline Drou und ihr Sohn Jeannot,
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