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Herzraub

Herzraub

Titel: Herzraub
Autoren: Monika Buttler
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stürmischer Regen durch die gelb belaubten Bäume. Ein hässliches Wetter. Nasskalt. Als wäre schon November. Werner Danzik stellte die Heizung an.
    „Fast könnte man einen Grog gebrauchen.“
    „Hier – Kaffee mit Rum. Nennt man Pharisäer.“ Tügel reichte seinem Chef mit aufmunterndem Lächeln die gewohnte Tasse hinüber.
    Danziks Missmut-Miene hellte sich auf. „Was du so alles kennst. Gehört allerdings noch ein Sahnehäubchen drauf. Ich bin zwar ein Quiddje, aber was ein Pharisäer ist, weiß ich.“
    „Prost, Chef.“ Tügel hob seinen Pappbecher.
    „Was hat die Befragung der Nachbarn ergeben?“
    „Na ja, diese Elbvillen-Typen waren erst sehr reserviert, aber schließlich rückten sie doch mit der Sprache raus. Tatsächlich hat die Lasbeck eine Woche lang einen Renault 19 gefahren.“
    „Und wie haben die das kommentiert?“
    „Eigentlich führe die Lasbeck ja einen weißen Mercedes. Der sei vielleicht grade in der Werkstatt, habe man sich gedacht.“
    „Gut, sehr gut. Jetzt ist sie aber dran.“ Danzik stellte geräuschvoll die Tasse ab. „Die war mit ihrem Re-nault am Tatort und hat uns bezüglich des Autos angelogen.“
    „Ihre Fingerabdrücke in der Osswald-Wohnung sind allerdings normal. Sie hat ja dort gearbeitet.“
    „Ich weiß, du hast Steinmann im Visier. Hast du alles veranlasst?“
    „Ja, er weiß Bescheid. Darf die Stadt nicht verlassen wegen hinreichendem Tatverdacht.“
    „Gut, dann lass uns losfahren.“
     
    Die Elbvilla in dem großen Privatpark sah abweisend aus, wie eine Festung, die nur ihr eigenes Leben führte. Als die Kommissare, gefolgt von vier Kriminaltechnikern, das schwere, eiserne Tor öffneten, wehte ihnen ein kalter Regenwind nasse Blätter vor die Füße. Sie stiegen die Stufen hoch und wollten gerade klingeln, als die Eichentür mit dem Messinggriff bereits aufgemacht wurde.
    Brigitte Lasbeck sah ihnen mit ironischem Lächeln entgegen. „Es war mir klar, dass Sie wiederkommen.“ Dann wich sie zurück, als sie die dahinter auftauchenden Männer erblickte.
    „Wir haben einen Durchsuchungsbeschluss“, sagte Danzik und ging mit schnellen Schritten an ihr vorbei. Tügel und die Spurensucher kamen hinterher und zerstreuten sich sofort in verschiedene Richtungen.
    „Das ist unglaublich.“ Brigitte Lasbeck rang abwechselnd die Hände und drehte sich wie ein Kreisel um sich selbst, um den losstürmenden Männern nachzusehen. „Was fällt Ihnen ein? Bin ich etwa eine Kriminelle, eine Mörderin? Wer gibt Ihnen das Recht, in meinen intimsten – “ Keiner antwortete. Sie wollte schon die Treppe hinauf, bis ins Schlafzimmer hinterherlaufen, besann sich aber. Sie schnappte ein paar Mal in ohnmächtiger Entrüstung nach Luft, bevor sie sich entschloss, in den Salon zu gehen und sich dort in einen Ohrensessel zu kauern. Sie hatte die Hand über die Augen gelegt. Nur über das Gehör nahm sie auf, wie polternd Schubladen aufgerissen, Bücher durcheinander geworfen und raschelnd Papierkörbe entleert wurden.
    „Hier, komm mal her, Torsten.“ Danzik warf mehrere Ordner aufs Sofa. „Sehr interessant. Alles Artikel über die Osswald. Nicht nur Biographisches, sondern massenhaft Zeitungsausschnitte über Osswalds Herztransplantation.“
    Brigitte Lasbeck fuhr herum. „Und? Ist das verboten?“
    „Nun stellen Sie sich nicht naiver, als Sie sind.“ Danziks Ton war grob geworden. „Sie, die Ihren Sohn zur Spende freigegeben haben und es jetzt tief und anhaltend bereuen, Sie, die Leiterin der Anti-Transplantationsgruppe, sammeln jeden Fitzel über Osswalds Herz-OP.“
    „Sie war ja eine Art Arbeitgeberin für mich, und da wollte ich eben alles über sie wissen.“
    „Sie haben diese Artikel schon v o r h e r gehabt. Sie werden sich wohl kaum in ein Archiv begeben, um hinterher etwas über die Osswald zu erfahren. Aus gutem Grund haben Sie all das zusammengetragen: Es ist quasi Ihr Motiv. Von Anfang an haben Sie systematisch geplant, Celia Osswald zu ermorden. Und nur deshalb haben Sie sich in Osswalds Villa eingeschlichen.“
    „Sie sind ja verrückt.“ Brigitte Lasbeck war aufgestanden und goss sich trotz ihrer zitternden Hände einen Cognac ein. „Da hätte ich viel zu tun, wenn ich jeden Organempfänger umbringen wollte.“
    „Wir gehen davon aus, dass die Osswald das Herz Ihres Sohnes erhalten hat. Sie müssen uns jetzt nicht für dumm verkaufen. Genau an dem Tag, an dem Ihr Sohn verunglückte, wurde die Schauspielerin transplantiert. Das konnte man in jeder
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