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Herzgesteuert: Roman (German Edition)

Herzgesteuert: Roman (German Edition)

Titel: Herzgesteuert: Roman (German Edition)
Autoren: Hera Lind
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den Hals.
    »Juliane«, sagt Georg rau. Er kommt auf mich zu und nimmt meine klammen, eiskalten Hände in die seinen.
    »Georg«, krächze ich heiser. »So ein Zufall!« Meine Schläfen pulsieren.
    »He! Kennt ihr euch etwa schon?«, freut sich der nette Polizist.
    »Von seiner früheren Tätigkeit«, sage ich und versuche, so gelassen wie möglich zu klingen.
    Georg schaut mich fragend an.
    »Ich habe gehört, du hast einen wichtigen Termin am Wörthersee.«
    »Ähm … ja, das stimmt schon, aber wenn ich es mir so recht überlege, hat das auch Zeit …«
    »O nein, sie hat keine Zeit«, mischt sich der Polizist nun ein. »Sie hatte solche Eile, dass sie ihren Vordermann über den Haufen gefahren hat. Also, Georg, jetzt pack die Frau in deinen Flieger und bring sie zu ihrem Termin!«
    Er tippt sich grüßend an die Mütze und schlendert pfeifend über den Flugplatz davon.
    Jetzt stehe ich da.
    Mit Georg. Allein.
    Der Wind pfeift, die Schneeflocken tanzen. Der Untersberg ist im Nebel verschwunden. Na toll.
    Georg öffnet die Tür zu seinem winzigen Flieger und reicht mir die Hand. »Bitte einzusteigen.«
    »Ähm … Georg, ich … ich wusste nicht, dass du … Also nimm es bitte nicht persönlich, aber …« Ich beiße mir auf die Lippen. Mist. Wie komm ich nur aus der Nummer raus, ohne ihn schon wieder zu verletzen?
    Um Zeit zu gewinnen, gehe ich ein paar Schritte um das Flugzeug herum und tue so, als würde ich es fachmännisch begutachten.
    Georg ist mein Pilot. Georg hat es wieder geschafft. Ich würde am liebsten laut lachen, tanzen, schreien, weinen oder sonst was Verrücktes tun.
    Aber ich darf jetzt nicht die Nerven verlieren.
    Mit unglaublicher Selbstüberwindung klettere ich in diesen Flieger.
    So. Da sitze ich nun. Furchterregend viele unbekannte Schalter und Knöpfe sind da vor meinen Augen, alle mit englischen Abkürzungen beschriftet. Es riecht befremdlich. Georg verriegelt von außen die Tür.
    Jetzt geht nichts mehr. Jetzt gibt es kein Zurück.
    Georg kommt um das Flugzeug herum und schwingt sich auf den Pilotensitz. Er beugt sich über mich und hilft mir beim Anschnallen.
    O Gott. Mein Herz rast. Vor Angst, vor Freude, vor Georgs Nähe. Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Eigentlich sollten wir jetzt sofort losfliegen. Schließlich geht es ums Geschäft. Andererseits – doch da hat mein Herz das Ruder schon wieder übernommen.
    Er sieht so gut aus. Er hat zugenommen, ist kräftiger geworden. Ein ganzer Mann.
    Nur jetzt nicht darüber nachdenken …!
    Jetzt nicht darüber nachdenken …
    Georg setzt sich Kopfhörer auf und checkt jeden einzelnen Schalter, wobei er seinem unsichtbaren Gesprächspartner erzählt, dass alles in Ordnung ist. »Roger«, sagt er immer wieder. Es klingt konzentriert und unglaublich souverän. Ich wage kaum zu atmen.
    Dann geht ein kleiner Ruck durch die Maschine. Wir … wir starten doch nicht?
    Kann ich noch …
    Gibt es da noch einen winzigen Fluchtweg, einen Zeitpunkt, in dem ich noch …
    »Roger.« Georg drückt zielbewusst verschiedene Knöpfe, Kontrolllampen fangen an zu blinken, der Propeller beginnt sich zu drehen.
    Hilfe, denke ich. Hilfe, ich will nicht!!
    Aber Georg braucht mein Vertrauen. Meine Hände verkrampfen sich nervös in meinem Schoß, Hilfe suchend klammere ich mich an meinem Sitz fest.
    O Gott. Wir setzen uns in Bewegung.
    Ganz langsam tuckert dieses … Ding mit zitternder Schnauze dem Rollfeld entgegen. Alles liegt im Nebel, Schneeflocken rieseln unablässig auf das bisschen Windschutzscheibe, durch die man nur den wolkenverhangenen Himmel sieht.
    Georg hat nun das letzte Mal »Roger« gesagt, nimmt den Kopfhörer ab und schaut mich von der Seite an. Seine rechte Hand streicht mir sanft über die Wange.
    »Hab keine Angst«, sagt er rau. Er versucht, seine Freude zu verbergen, aber sein Gesichtsausdruck verrät, wie stolz und glücklich er ist. Auf diesen Moment hat er lange gewartet. Ich schaue ihn halb zweifelnd, halb vertrauensvoll an, wie ein Kind, das sowieso nichts selbst entscheiden kann.
    »Hab ich auch nicht«, behaupte ich mit brüchiger Stimme und hoffe, dass er nicht merkt, wie sehr mir meine Knie zittern.
    »Ich müsste nur heute Abend wieder in Salzburg sein«, versuche ich einen geschäftsmäßigen Ton anzuschlagen.
    »Das passt gut«, sagt Georg und sieht mich ganz merkwürdig an. »Ich nämlich auch.«
    Mein Herz setzt für eine Sekunde aus. »Hast du eine … ähm … Verabredung? Mit einer …«
    »Ja. Genau. Eine Verabredung.
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