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Herrscher

Herrscher

Titel: Herrscher
Autoren: Howell Morgan
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Washavoki kommen und möchten um Frieden ersuchen. Gebt ihnen an Verpflegung, was ihr entbehren könnt, dann leitet sie auf der alten Landstraße heimwärts. Die Neue Straße ist am Pass gesperrt. Wenn der Frühling anbricht, sperrt auch die Alte Straße.«
    »Ich verstehe deine Klugheit. Sollen wir unseren Wohnsitz wiederaufbauen?«
    »Du bist Muth Mauk«, antwortete Dar. »Es liegt an dir, diese Entscheidung zu fällen.« Sie schwieg, weil ihr klar war, das sie sich zum letzten Mal unterhielten und sie nicht wusste,
was sie noch sagen sollte. Sie weiß, wie lieb ich sie habe. Sie kennt meine Erinnerungen. »Kümmere dich um Kovok-mah. « Dann umarmte Dar die Mutter, die einst Nir-yat gewesen war, und drückte sie zum Abschied an sich.
    Dar kehrte Muth Mauk den Rücken zu. Für jeden Ork, dem sie fortan begegnete, würde sie nur noch eine liebe Erinnerung sein, aber auch unkörperlich. Daher überraschte es sie, als jemand sie flüchtig berührte. Sie drehte den Kopf und sah Muth-pah. Kurz lächelte die Matriarchin, dann senkte sie den Blick. »Ich frage mich, was aus dem Trancestein geworden ist«, sagte sie vor sich hin, als führe sie ein Selbstgespräch.
    »Er ist bei meinen Sachen geblieben«, erwiderte Dar.
    »Hoffentlich bleibt er für ewig verschollen«, sagte Muth-pah. »Ich habe ihn nur einmal benutzt. Wie alle Matriarchinnen meiner Sippe kenne ich die Erinnerungen der letzten Königin der Pah.« Sie seufzte schwer. »In meinem bescheidenen Hanmuthi habe ich Tarathanks Wunder geschaut. Dem folgte nur Bitternis. Aber die Vergangenheit ist dahin, und die Sehnsucht nach Vergangenem kann das Leben vergiften. In ihrer Weisheit nimmt Muth’la erlösten Geistern die Erinnerung. Vergiss den Stein.« Muth-pah verbeugte sich und ging.
    Gern hätte Dar sich der Söldnerkluft entledigt, doch es wäre ihr angenehm gewesen, sich vorher waschen zu können. Sie nahm an, dass Sevren für sie etwas warmes Wasser und einen Waschlappen auftreiben konnte. Wenigstens bin ich für ihn nicht tot. Wahrscheinlich striegelte er gerade Skymere. Das Pferd war zu einem Gehölz aus Immergrün gebracht worden. Dar hielt darauf zu, als eine Stimme sie plötzlich rief. »Dargu!«
    Kovok-mah eilte hinter ihr her.

    »Weißt du nicht, dass es widernatürlich ist, mit Geistern zu sprechen?«
    »Was verstehen Söhne von Geistern? Ich weiß nur eins: Du hast meinen Brustkorb schon erfüllt, bevor Dargu-yat geboren wurde. Ich rieche deinen Duft. Ich höre deine Stimme. Wenn ich dich berühre, werde ich auch wieder deine Wärme spüren.«
    »Du kannst es nicht.«
    »Warum nicht? Weil meine Muthuri es verboten hat? Sie kann mir nicht verbieten, mit einem Geist zusammen zu sein.«
    »Du kannst es nicht, weil ich ein Geist bin .«
    »Vielleicht. Aber zusammen sein können wir trotzdem.«
    »Wo? In wessen Hanmuthi soll ich spuken?«
    »Ich baue dir eins auf einem Stück Land, das fernab von den Gütern der Sippen liegt. Ich pflanze für uns Nahrung an und hüte Ziegen, um Hartmilch zu verkaufen. Wir werden allein sein, aber zu zweit allein.«
    »Zusammen, aber nicht allein«, sagte Dar. »Ich kann Töchter bekommen. Die Wissenshüterin hat es mir offenbart. «
    Kovok-mah lächelte. »Töchter …!«
    »Hai«, bestätigte Dar mit ernster Miene. »Aber welche Latath soll ihnen Sippentätowierungen einritzen? Welche Söhne-Muthuri würde Geistermutter-Töchter segnen? Ich würde meine Töchter lieben, aber ihr Leben wäre arm.« Dar streichelte Kovok-mahs Wange. »So etwas kann ich nicht tun.«
    »Dargu …«
    »Du solltest nun gehen«, sagte Dar, der Tränen in die Augen stiegen. »Du hast mir Freude geschenkt, und ich habe es dir mit Kummer gedankt.«

    »Thwa, Dargu. Nicht nur mit Kummer.«
    Dar wandte sich ab, wie im Sommer am Fluss. Sie konnte es nicht ertragen, ihn fortgehen zu sehen, doch sie lauschte auf jeden seiner Schritte. Sie klangen langsam und zögerlich. Bald wurden sie, da Kovok-mah weinte, von leisen Klagelauten untermalt. Fast wäre Dar zu ihm gelaufen, um ihn in die Arme zu schließen. Die Anstrengung, die es sie kostete, diesem Drang zu widerstehen und zudem zu schweigen, ließ sie zittern. Erst als sie das Schluchzen nicht mehr hörte, brach ihr das Herz. Dann erst weinte sie bitterlich.
     
    Dar wusch sich und wechselte die Kleidung. Als Zna-yat sich zu ihr gesellte, hatte sie die Fassung zurückgewonnen. »Ich habe mit Kovok-mah gesprochen«, sagte er. Seine Miene spiegelte gelassenen Ernst und Zuneigung wider. »Wie stets hast
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