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Herr der Welt

Herr der Welt

Titel: Herr der Welt
Autoren: Jules Verne
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von Wildon am Fuße der Bergkette zu erreichen.
    Pleasant-Garden ist ein Flecken oder Weiler von geringem Umfange. Der Ortsvorsteher nahm uns hier mit freundlicher Zuvorkommenheit auf. Eine heitere Tafelrunde vereinigte uns in einem größeren Zimmer der hübschen, von Buchen überschatteten Wohnstätte, die unser Wirt besaß. Natürlich drehte sich das Gespräch beim Essen hauptsächlich um unser Vorhaben, die Verhältnisse im Innern des Great-Eyry auszukundschaften.
    »Ja ja, Sie tun recht daran, sagte unser Wirt. So lange man noch nicht weiß, was da oben vorgeht oder sich verbirgt, werden unsere Landleute keine ruhige Stunde mehr haben.
    – Seit dem letzten Aufflackern der Flammen aus dem Great-Eyry, fragte ich, hat sich aber doch wohl nichts besonderes mehr ereignet?
    – Nicht das geringste, Herr Strock. Von Pleasant-Garden aus kann man den oberen Rand des Berges bis zu dem ihn überragenden Black-Dome deutlich erkennen. Bisher ist von dorther kein weiteres Geräusch gehört, kein Feuerschein mehr beobachtet worden. Und wenn sich ein Regiment von Teufeln da oben eingenistet hätte… jetzt hat es den Anschein, als ob sie ihre Höllenküche vollendet hätten und einstweilen nach einem anderen Zufluchtsorte in den Alleghanies ausgezogen wären.
    – Na, ich hoffe doch, rief Herr Smith, daß sie sich nicht aus dem Staube gemacht haben werden, ohne erkennbare Spuren – vielleicht ein paar Schwanzendchen oder Hörnerspitzen – zurückgelassen zu haben!«
    Den nächsten Tag, den 29., stand unser Wagen beim Morgengrauen schon zur Weiterfahrt bereit. Herr Smith nahm seinen und ich meinen Platz wieder ein. Vom Kutscher angetrieben, trabten die Pferde schnellen Schrittes dahin. Am Ende dieses zweiten Reisetages sollten wir also in der Farm von Wildon, zwischen den ersten Ausläufern der Blauen Berge Halt machen.
    Die Umgebung hier zeigte noch völlig den früher geschilderten Charakter. Auch hier wechselten Waldungen und Sümpfe – die zweiten nur kleiner als die vor Pleasant-Garden, weil sich der Erdboden mit der Annäherung an den Gebirgsstock allmählich hob – in gleicher Regelmäßigkeit miteinander ab. Das Land war auch weniger bevölkert. Nur selten sah man winzige Dörfer, die unter mächtigem Buchengeäst verborgen lagen, oder vereinzelte Gehöfte, die von zahlreichen Rios aus den Bergschluchten, lauter Zuflüssen des Satawba, bewässert wurden. Die Tier-und die Pflanzenwelt waren die gleichen, wie am Tage vorher, auch gab es hier genug Wild, jeden Jäger vollauf zu befriedigen.
    »Ich wäre wahrlich versucht, die Flinte in die Hand zu nehmen und nach Nisko zu pfeifen, sagte Herr Smith. Das ist ja das erste Mal, daß ich hier vorüberkomme, ohne die Rebhühner und die Hafen mit Schrot und Blei zu begrüßen!… Die braven Tiere werden mich gar nicht wiedererkennen!… Doch nein, solange es uns nicht an Proviant fehlt, haben wir ja etwas anderes im Kopfe… die Jagd auf Geheimnisse!
    – Und möchten wir von der, setzte ich hinzu, nicht als Schneider zurückkommen!«
    Im Laufe des Vormittags kamen wir über eine endlos erscheinende Ebene, wo Zypressen und Fächerpalmen nur noch kleine Gruppen bildeten. Über Sehweite hinaus erhoben sich, ohne Ordnung verstreut, kleine Erdhaufen, worin eine ganze Welt von Nagetieren lebte. Hier tummelten sich, zu ganzen Völkern vereinigt, viele tausend Eichhörnchen von der Art, die in Amerika unter dem Namen »Wiesenhunde« bekannt ist. So hat man die Tiere aber nicht genannt, weil sie äußerlich in irgend einer Hinsicht dem Geschlechte der Hunde ähnelten, sondern nur, weil sie oft etwa wie Möpse kläffen. Als wir in raschem Trabe durch diese Gegend fuhren, mußten wir uns wirklich vor dem unaufhörlichen Gebell die Ohren zustopfen.
    In den Vereinigten Staaten ist es überhaupt nicht selten, daß man auf volkreiche Ansiedlungen von Vierfüßlern trifft. Unter anderen erwähnen die Naturforscher eine solche, die ihren Namen Dog-Ville (Hundestadt) mit vollem Rechte führt und die reichlich eine Million vierfüßiger Bewohner haben soll.
    Diese Eichhörnchen, die sich von Wurzeln, Blättern und auch von Heuschrecken, nach denen sie sehr lüstern sind, ernähren, sind übrigens – also abgesehen von dem Lärm, den sie verursachen – ganz harmlose Tiere.
    Das Wetter hatte sich gut gehalten und dabei wehte eine erquickende, frische Brise. Man darf überhaupt nicht glauben, daß hier unter dem fünfunddreißigsten Breitengrade in Nord-und Südkarolina ein besonders warmes
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