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Helle Barden

Helle Barden

Titel: Helle Barden
Autoren: Terry Pratchett
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rangen sie mit einem wütenden Sack.
    Lady Käsedick sah auf, als sich der Hauptmann näherte.
    »Ah, da ist Sam«, sagte sie. »Halt das hier, sei so nett.«
    Sie drückten Mumm den Sack in die Arme. Eine Sekunde später fuhr
    unten eine Klaue hindurch, und Kral en kratzten über den Brustharnisch
    des Hauptmanns, versuchten vergeblich, ihm die Eingeweide aus dem
    Leib zu reißen. Oben schob sich ein Kopf mit spitzen Ohren aus dem
    Beutel, und zwei rotglühende Augen richteten sich auf Mumm. Der Ra-
    chen klappte auf, offenbarte zahllose scharfe Zähne und einen stinken-
    den Atem.
    Triumphierend packte Lady Käsedick den Unterkiefer und stopfte ih-
    ren Arm bis zum El enbogen ins Drachenmaul.
    »Hab dich!« Sie wandte sich an Mumm, dem es noch nicht gelungen
    war, die Starre des Schocks abzustreifen. »Der kleine Teufel hat sich ge-

    * Damit ist die Spezies gemeint. Für den einzelnen Drachen, dessen Fetzen in der Landschaft verteilt sind, sieht die Sache ganz anders aus.

    weigert, seine Kalksteintablette zu nehmen. Schluck jetzt. Du sollst
    schlucken! Na bitte. Braver Junge. Du kannst ihn loslassen.«
    Der Sack glitt aus Mumms Händen.
    »Ein schlimmer Fall von flammenloser Kolik«, erklärte Lady Käsedick.
    »Ich hoffe, er hat das Medikament noch rechtzeitig bekommen…«
    Der Sumpfdrache zerfetzte den Sack, sah sich um und suchte nach et-
    was Brennbarem. Alle duckten sich.
    Das Geschöpf verdrehte die Augen. Dann rülpste es.
    Die Kalksteintablette prallte mit einem deutlich vernehmbaren Ping
    von der gegenüberliegenden Wand ab.
    »In Deckung!«
    Die Helferinnen hechteten hinter einen Wassertrog. Mumm und Lady
    Käsedick warfen sich hinter einen großen Schlackehaufen.
    Der Drache rülpste noch einmal und wirkte verwirrt.
    Dann explodierte er.
    Sie standen auf, als sich die Qualmwolken verzogen. Traurig schauten
    sie zu dem Krater.
    Lady Käsedick zog ein Tuch aus der Tasche ihres ledernen Overal s
    und putzte sich die Nase.
    »Dummer kleiner Kerl«, sagte sie. »Na ja. Wie geht’s dir, Sam? Hast du
    mit Havelock gesprochen?«
    Mumm nickte. Er würde sich nie daran gewöhnen, daß der Patrizier
    von Ankh-Morpork auch einen Vornamen hatte – und daß ihn jemand
    damit ansprach.
    »Ich habe über das Essen für morgen abend nachgedacht«, brachte er
    verzweifelt hervor. »Weißt du, ich glaube nicht, daß ich…«
    »Oh, ich bitte dich«, unterbrach ihn Lady Käsedick. »Bestimmt gefäl t’s
    dir. Es wird Zeit, daß du die richtigen Leute kennenlernst. Das sol te dir klar sein.«
    Mumm nickte kummervoll.
    »Um acht Uhr erwarte ich dich beim Haus«, fügte Sybil hinzu. »Und
    mach nicht so ein Gesicht. Der Empfang wird dir enorm nützen. Es muß ein Ende haben, daß du nachts durch feuchte Straßen latschst. Jetzt bekommst du endlich Gelegenheit, es zu etwas zu bringen.«
    Mumm wol te antworten, daß er es mochte, nachts durch feuchte Stra-
    ßen zu latschen, aber solche Hinweise waren zwecklos. Sie entsprachen
    nicht der Wahrheit. Eigentlich fand er gar keinen Gefal en daran, Nacht
    für Nacht auf Streife zu gehen. Es war reine Angewohnheit: Er konnte
    sich nicht daran erinnern, die Nächte jemals anders verbracht zu haben.
    Er brachte seiner Dienstmarke die gleichen Gefühle entgegen wie der
    eigenen Nase: Er liebte oder haßte sie nicht – es war einfach seine
    Dienstmarke.
    »Sei pünktlich«, sagte Lady Käsedick. »Bestimmt vergnügst du dich
    prächtig. Hast du ein Taschentuch?«
    Mumm geriet in Panik.
    »Wie bitte?«
    »Gib’s mir.« Sie hielt es ihm dicht vor den Mund. »Spuck«, befahl sie.
    Sybil wischte dem Hauptmann einen Fleck von der Wange. Eine der
    austauschbaren Emmas lachte leise; Lady Käsedick überhörte es.
    »So«, sagte sie. »Schon besser. Geh jetzt und sorg dafür, daß die Stra-
    ßen sicher sind für uns al e. Und wenn du dich wirklich nützlich machen
    willst… such Chubby.«
    »Chubby?«
    »Er ist gestern abend aus seinem Pferch entkommen.«
    »Ein Drache?«
    Mumm stöhnte und holte eine billige Zigarre hervor. Sumpfdrachen
    wurden immer mehr zum Problem in der Stadt. Lady Käsedick war des-
    halb sehr verärgert. Die Leute kauften Drachen als fünfzehn Zentimeter
    lange Jungtiere und fanden es schick, sie als Feueranzünder und derglei-
    chen zu verwenden. Aber wenn sie Möbel in Asche verwandelten und
    mit ihren Ausscheidungen Löcher in Teppich, Boden und Kellerdecke
    hinterließen… dann setzte man sie einfach irgendwo aus.
    »Wir haben ihn von einem Schmied in der
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