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Helikopter-Eltern: Schluss mit Förderwahn und Verwöhnung (German Edition)

Helikopter-Eltern: Schluss mit Förderwahn und Verwöhnung (German Edition)

Titel: Helikopter-Eltern: Schluss mit Förderwahn und Verwöhnung (German Edition)
Autoren: Josef Kraus
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Komposita-, Segment- und Bindestricherziehungen: mit Medien-, Freizeit-, Konsum-, Umwelt-, Gesundheitserziehung und Friedenslehre.
    Eine solche Atomisierung der Pädagogik ist aber nicht Ausdruck wachen pädagogischen Bewusstseins, sondern Symptom eines Verlusts an Erziehung. Der Wiener Erziehungswissenschaftler Alfred Schirlbauer meint dazu: «Um das Pädagogische wiederzugewinnen, müsste man es begrenzen, zurückstutzen, seine Metastasen operativ entfernen.» Schule ist als gesellschaftlicher Reparaturbetrieb und als Ersatzelternhaus jedenfalls überfordert. Es wäre schulpädagogische Hybris anzunehmen, Schule könne alle aktuellen Jugend- und Gesellschaftsprobleme auffangen. Das wäre ein «pädagogischer Allmachtswahn» (Theodor Litt), für den kein Problem pädagogisch unlösbar erscheint.
    Unsere Kinder brauchen keine Schule total. Nur Schule und nichts anderes – das wäre eine Verarmung der Entwicklung der Kinder. Wer das Außerschulische aus dem Alltag der Kinder eliminiert oder als Abziehbild in die Schule hineinnehmen möchte, der kippt viel Wertvolles über Bord. Förderung von Selbständigkeit, Eigenverantwortung und Persönlichkeitsentwicklung heißt schließlich, dass Kinder ihre Freizeit frei gestalten und dass sich Kinder nachmittags auch eigenständig auf den Hosenboden setzen und selbst arbeiten.
    Nur was Eltern und Gemeinwesen allein nicht leisten können – im Besonderen eine anspruchsvolle Bildung –, das hat der Staat zu leisten. In puncto Erziehung und Sozialisation aber muss auf die eigenen Kräfte der Menschen, hier der Eltern, gebaut werden. Schule darf kein Ersatzelternhaus sein. Und staatliche Angebote dürfen zu keinem Funktionsverlust der Familie und des elterlichen Erziehungssouveräns führen, sie sollten nicht dazu verführen, Erziehung «auszusourcen».
    Es gibt keine Bildungsoffensive ohne elterliche Erziehungsoffensive. Elternhaus und Schule müssen sich als Partner verstehen. Im Rahmen einer solchen Partnerschaft müssen sich beide klarmachen, wer was zu machen hat und wer was besser kann. Schule hat dabei den schwierigeren Part inne, weil ihr Erziehungsrecht dem der Eltern nachgeordnet ist und weil sie tagtäglich mit mehreren hundert Schülern zu tun hat. Den Eltern muss aber klar sein, dass laut Grundgesetz Artikel 6 Pflege und Erziehung der Kinder «das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht» sind. Daran muss erinnert werden.
    Eine Wiederbelebung der Aufforderung des von Wilhelm Hahn, Hermann Lübbe, Hans Maier, Golo Mann, Robert Spaemann, Nikolaus Lobkowicz und anderen im Januar 1978 initiierten Kongresses «Mut zur Erziehung» ist überfällig. Die nachfolgend dokumentierten und bereits 1978 proklamierten neun Grundsätze haben eine zeitlose Gültigkeit für Elternhaus und Schule, ja, sie sind aktueller denn je. Deshalb seien sie im Wortlaut wiedergegeben.
    « Erstens: Wir wenden uns gegen den Irrtum, die Mündigkeit, zu der die Schule erziehen soll, läge im Ideal einer Zukunftsgesellschaft vollkommener Befreiung aus allen herkunftsbedingten Lebensverhältnissen. In Wahrheit ist die Mündigkeit, die die Schule unter jeweils gegebenen Herkunftsverhältnissen einzig fördern kann, die Mündigkeit derer, die der Autorität des Lehrers schließlich entwachsen sind. Denn wenn die Schule die Mündigkeit einer Zukunftsmenschheit zum pädagogischen Ideal erhöbe, erklärte sie uns über unsere ganze Lebenszeit bis in die Zukunft hinein zu Unmündigen.
    Zweitens: Wir wenden uns gegen den Irrtum, die Schule könne Kinder lehren, glücklich zu werden, indem sie sie ermuntert, «Glücksansprüche» zu stellen. In Wahrheit hintertreibt die Schule damit das Glück der Kinder und neurotisiert sie. Denn Glück folgt nicht aus der Befriedigung von Ansprüchen, sondern stellt im Tun des Rechten sich ein.
    Drittens: Wir wenden uns gegen den Irrtum, die Tugenden des Fleißes, der Disziplin und der Ordnung seien pädagogisch obsolet geworden, weil sie sich als politisch missbrauchbar erwiesen haben. In Wahrheit sind diese Tugenden unter allen politischen Umständen nötig. Denn ihre Nötigkeit ist nicht systemspezifisch, sondern human begründet.
    Viertens: Wir wenden uns gegen den Irrtum, die Schule könne Kinder «kritikfähig» machen, indem sie sie dazu erzieht, keine Vorgegebenheiten unbefragt gelten zu lassen. In Wahrheit treibt die Schule damit die Kinder in die Arme derer, die als ideologische Besserwisser absolute Ansprüche erheben. Denn zum
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