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Heimkehr am Morgen (German Edition)

Heimkehr am Morgen (German Edition)

Titel: Heimkehr am Morgen (German Edition)
Autoren: Alexis Harrington
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Affenfleisch und der Dosenlachs, den wir hier kriegen.«
    Whip zog an seiner Zigarette. Ein kleines orangefarbenes Leuchtfeuer glomm auf und erhellte sein breites Grinsen. »Auch das Ambiente war weitaus hübscher. Die junge Frau des Alten – oh là là!« Whippy war ein Gentleman aus dem Süden, aus Baton Rouge, mit einem stark ausgeprägten Akzent und trockenem Humor. Da er fließend Französisch sprach, konnte er sich leichter als die anderen mit den Einheimischen verständigen, auch wenn Riley den Eindruck hatte, dass sie seine eigentümliche Aussprache als Beleidigung für ihre Ohren empfanden.
    »Denkst du eigentlich jemals an etwas anderes als an Weiber, Fournier?«, fragte eine Stimme aus dem Dunkeln.
    »Natürlich. Ich mache mir Gedanken, wie ich Leib und Seele zusammenhalten kann.«
    »Und was ist mit der Umgebung? Ist dir dieses Wäldchen mit waschechten Bäumen nicht aufgefallen?«
    »Meine Herren, ich stimme zu, dass die Landschaft ebenfalls sehr ansprechend war, mit Ausnahme des unseligen Schmuckstücks, das hier offenbar in keinem Garten fehlen darf.«
    »Du meinst den Misthaufen vor der Tür?«
    Whip seufzte laut. »Ja, daran kann ich mich einfach nicht gewöhnen.«
    »Macht mal halblang«, ließ sich eine andere Stimme vernehmen, die nach Steven Collier klang. »Wenn die Franzosen so kleinlich wie die Amerikaner wären, würden sie uns, verlaust wie wir sind, gar nicht erst reinlassen. Wenigstens sind sie diesbezüglich nicht so pingelig. Und wir riechen auch nicht viel besser als diese Misthaufen.«
    »Teufel noch mal, Leutnant, das ist wohl nur ein schwacher Trost«, erwiderte Riley mit einem freudlosen Glucksen.
    Fournier ließ sich nicht beirren. »Ich könnte mir vorstellen«, fuhr er in seinem schleppenden Singsang fort, »wenn so ein Prachtweib wie deine Miss Susannah zu Hause auf mich warten würde, würde ich auch lieber an sie denken. So ein bildschönes, engelhaftes Wesen auf Gottes herrlicher Erde. Zeig uns doch noch einmal ihr Bild, Braddock.« Genüsslich inhalierte er den Rauch seiner Zigarette.
    Automatisch legte Riley die Hand über die Uniformtasche, in der Susannahs Fotografie steckte. »Kümmere dich um deine eigenen Angelegenheiten. Außerdem ist es hier sowieso zu dunkel, um irgendwas zu erkennen.«
    »Und wo sind wir hier noch mal?«
    »Mein Gott, Whippy, hörst du denn nie zu?«, fragte Riley. Fournier war ein netter Kerl und auch ein guter Soldat, wenn es darauf ankam, aber er schien mit den Gedanken immer woanders zu sein. Er war auf dem College gewesen und hätte eigentlich Offizier werden sollen, hatte die Beförderung jedoch abgelehnt. Zu viel Verantwortung, war sein Kommentar gewesen. Manchmal wunderte sich Riley, dass Fournier immer noch den Kopf auf den Schultern trug, wie dieser manchmal scherzte. »Die Schlacht hat am sechsundzwanzigsten September begonnen. Wir sind in der Nähe von Verdun, irgendwo zwischen der Maas und dem Argonnerwald. Vermutlich. In der Dunkelheit ist das schwer zu sagen.«
    »Ach ja, die Argonnen. Wo schon so lang gekämpft wird.« Mit einem letzten Zug erlosch die Zigarette. Riley hörte das Geräusch eines Absatzes, der sie in den Schlamm trat. »Ich muss mal zur Latrine, Jungs«, verkündete Whippy. »Versprecht mir, dass ihr mich holt, wenn die Deutschen aufkreuzen. Ich will nichts verpassen.«
    Das Bataillon hatte einen mehrstündigen Marsch im Regen hinter sich. Ihr Weg hatte sie durch Laufgräben und über zerstörte Straßen geführt, auf denen ein Chaos aus Fahrzeugen, Pferden undMännern herrschte, die sich gegenseitig blockierten. Sie brachten Nachschub für ein anderes Frontbataillon. Das nächtliche Vorrücken schützte sie vor feindlichen Scharfschützen oder Spähtrupps, aber das Wetter war höchstens etwas für die Frösche und Ratten, von denen es in diesem Loch nur so wimmelte.
    Riley lehnte mit dem Rücken an der Grabenwand, die mit Sandsäcken und dünnen Zweigen verstärkt war, neben sich mit dem Schaft nach unten sein von der Armee gestelltes Springfield-Gewehr. Von irgendwoher entlang der Front hörte er leisen Gesang, wunderschönen Gesang, ein harmonischer Chor wehmütiger Stimmen.
    Eine lange, lange Nacht muss ich warten,
bis meine Träume wahr werden.
Bis zu dem Tag, an dem ich den langen, langen Weg
mit dir gehe.
    Riley musste schlucken. Plötzlich hatte er einen Kloß im Hals. Er wünschte, Whip hätte Susannah nicht erwähnt. Seit sechzehn Monaten hatte er seine Frau nicht mehr gesehen. Mein Gott, es kam ihm vor
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