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Heiliger Zorn

Heiliger Zorn

Titel: Heiliger Zorn
Autoren: authors_sort
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endlich, verdammt noch mal! Verpiss dich von hier!« Ich packte meine neu entflammte Wut, den Drang, mich erneut auf ihn zu stürzen und ihm den Rest zu geben. Doch ich unterdrückte dieses Bedürfnis. Was mich erstaunlich wenig Mühe kostete. Meine Stimme klang wieder normal. »Dann hör auf, hier dumm rumzustehen und zu quatschen, sondern beweise mir, dass du es besser kannst!«
    Er warf mir noch einen misstrauischen Blick zu, dann ging er zum Rand des Docks, wo die nicht so stark beschädigten Skimmer lagen.
    Ich schaute ihm nach.
    Ein paar Meter weiter blieb er stehen und drehte sich um. Ich glaubte, dass er eine Hand heben wollte.
    Und eine flüssige Lanze aus Blasterfeuer spritzte quer über das Dock. Sie fuhr in seinen Kopf und Oberkörper und brannte alles weg, was sich in der Schussbahn befand. Der Rest seines Körpers stand noch einen Moment lang da, dann kippte die rauchende untere Hälfte zur Seite, über den Kai, prallte von der Bugpanzerung des nächsten Skimmers ab und fiel mit einem dumpfen Klatschen ins Wasser.
    Etwas Winziges stach mich unter den Rippen. Ein leises Geräusch stieg in mir auf, und ich sperrte es hinter meinen Zähnen ein. Ich wirbelte unbewaffnet in die Richtung herum, aus der der Schuss gekommen war.
    Jadwiga trat aus einem Eingang zur Erntestation. Irgendwo hatte sie Murakamis Plasmagewehr aufgelesen – oder eins, das seinem sehr ähnlich war. Sie hielt es aufrecht auf eine Hüfte gestützt. Von der Mündung stieg immer noch flirrende erhitzte Luft auf.
    »Ich dachte mir, dass du damit kein Problem haben würdest«, rief sie mir durch die leichte Brise und die Totenstille zwischen uns zu.
    Ich schloss die Augen und stand einfach nur da, atmete einfach nur.
    Aber es nützte nichts.



Vom Achterdeck der Tochter des Haiduci betrachtet verblasst die Küste von Kossuth zu einem dünnen Kohlestrich. Hohe, hässliche Wolken sind immer noch weiter südlich zu erkennen, wo der Sturm sich am westlichen Ende der Lagune austobt, über dem seichten Wasser an Kraft verliert und abstirbt. Die Wettervorhersage verspricht ruhige See und Sonnenschein für den ganzen Weg nach Norden. Japaridze schätzt, er könnte uns in Rekordzeit nach Tekitomura bringen, und für das Geld, das wir ihm bezahlen, würde er es liebend gerne versuchen. Aber ein älterer Frachthover, der plötzlich mit hohem Tempo nach Norden rast, würde vermutlich Aufmerksamkeit erregen, und das können wir im Moment nicht gebrauchen. Die langsame, übliche kommerzielle Route mit Zwischenstopps an der westlichen Küste des Safran-Archipels ist wesentlich besser geeignet, uns Deckung zu geben. Außerdem ist das Timing jetzt von entscheidender Bedeutung.
    Ich weiß, dass die Korridore der Macht in Millsport gerade von Ermittlungen erschüttert werden. Die Envoy-Prüfer sind per Needlecast eingetroffen und stöbern in den spärlichen Trümmern herum, die Murakamis verdeckter Einsatz hinterlassen hat. Aber das wird uns nicht berühren, genauso wenig wie der nachlassende Sturm über der Lagune. Wir haben Zeit, und wenn wir Glück haben, sogar alle Zeit, die wir brauchen. Das Qualgrist-Virus frisst sich unaufhaltsam durch die globale Bevölkerung, und die Bedrohung, die von ihm ausgeht, wird die Harlan-Familie aus ihrem Aristo-Fleisch und zu ihren Vorfahren in die Datenstacks treiben. Das Machtvakuum, das durch ihren Rückzug im Zentrum der Dinge entsteht, wird die Oligarchie der übrigen Ersten Familien in einen politischen Mahlstrom reißen, mit dem sie nur schwer zurechtkommen werden, und dann wird allmählich alles auseinander brechen. Die Yakuza, die haiduci und das Protektorat werden wie Flaschenrücken um einen geschwächten Elefantenrochen kreisen, um die Entwicklung zu beobachten und sich gegenseitig im Auge zu behalten. Aber sie werden noch nicht zur Tat schreiten, keiner von ihnen.
    Das ist, woran Quellcrist Falconer glaubt, und obwohl es manchmal etwas zu glatt klingt, zu sehr an Soseki Kois Wir-machen-Geschichte-Gerede erinnert, neige ich dazu, ihr zuzustimmen. Ich habe diesen Vorgang schon auf anderen Welten beobachtet, einige Male war ich sogar aktiv daran beteiligt, und ihre Vorhersagen haben etwas, das wahr klingt. Außerdem war sie während der Siedlerkriege dabei, womit sie eine bessere Expertin für politische Veränderungen auf Harlans Welt ist als jeder andere von uns.
    Es ist seltsam, sich in ihrer Nähe aufzuhalten. Schlimm genug zu wissen, dass man sich mit einer jahrhundertealten historischen Legende unterhält,
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