Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Head Shot: Thriller (Knaur TB) (German Edition)

Head Shot: Thriller (Knaur TB) (German Edition)

Titel: Head Shot: Thriller (Knaur TB) (German Edition)
Autoren: Chris Knopf
Vom Netzwerk:
schieß ich ihm in die Eier.« Er senkte die Waffe, um seiner Drohung Nachdruck zu verleihen.
    Der Umschlag war nicht zugeklebt. Florencia zog ein Blatt Papier heraus, faltete es auseinander und begann zu lesen. Ich hätte gern hingeschaut, aber ich war gewarnt.
    Florencia atmete heftig ein, dann fragte sie: »Und falls ich das nicht tue?«
    »Das Übliche«, sagte er, streckte den Arm aus und richtete den Lauf auf ihre rechte Brust. »Vielleicht amüsieren wir zwei uns vorher noch ein bisschen. Du amüsierst dich doch gern, oder, meine Schöne?«
    Wieder dachte ich darüber nach, wie wahrscheinlich es war, ihn aus sitzender Position angreifen zu können, ihm die Waffe zu entreißen und ihn festzuhalten, bis die Polizei eintraf. Ich muss meine Gedanken telepathisch übertragen haben, denn der Mann reagierte darauf, indem er mir ein Loch in den linken Oberschenkel schoss.
    »Jesus Christus«, sagte er zu Florencia. »Muss ich den ganzen Tag warten, bis du endlich das gottverdammte Ding ausfüllst?«
    Eine Sekunde später überwältigte mich ein ungeheurer Schmerz. Ich schrie auf und weinte, schluchzte vor Angst und Qual. Ich umklammerte die Wunde und sah zu, wie das Blut zwischen meinen Fingern hervorströmte. Florencias Hand krampfte sich in mein Bein, bis der Mann ihr den Lauf ins Gesicht stieß und ihr befahl, sich wieder richtig auf das Sofa zu setzen.
    »Tu es, oder ich blase noch ein paar Löcher in dieses dämliche Arschloch«, sagte der Mann.
    »Er ist nicht dämlich. Er ist brillant«, erwiderte Florencia. »Sie haben ja keine Ahnung, Sie blöder Mistkerl.« Ihre Hand mit dem Füller raste über das Blatt, das ich ohne Erfolg zu entziffern versuchte.
    Schließlich reichte Florencia ihm die Unterlagen. Der Mann faltete das Blatt und steckte es in den Umschlag, den er wieder in seine Innentasche schob. All das sah ich durch einen wässrigen Schleier, mit tränenden Augen, mein Verstand nicht wirklich in der Lage zu begreifen, was vor sich ging.
    Der Mann lehnte sich bequem im Sessel zurück.
    »Wir müssen einen Krankenwagen rufen«, sagte Florencia mit kühler, ruhiger Stimme. »Ich habe getan, was Sie von mir verlangt haben.«
    »Das hast du«, bestätigte der Mann. »Das muss ich zugeben.«
    Dann schoss er ihr in die Stirn.
    Ich spürte, wie Blut und Hirnmasse in mein Gesicht spritzten. Ich glaube, ich schrie auf, aber ich bin mir nicht sicher.
    »Nicht persönlich gemeint«, sagte der Mann. »Mal abgesehen von dem ›blöden Mistkerl‹.«
    Dann schoss er mir ebenfalls in den Kopf.

Kapitel 2
    G leichgültigkeit gegenüber dem Leben eröffnet neue Perspektiven.
    Mir war egal, dass mir ständig die Realität entglitt. Tatsächlich begrüßte ich die wohlige Euphorie der Halbbewusstlosigkeit, während derer ich die erstaunliche Zerstörung zur Kenntnis nehmen konnte, die man mir angetan hatte, ohne ihre Auswirkungen zu spüren. Meine Schwester erklärte mir später, dass es sich um eine Begleiterscheinung der Morphine handelte, die sie mir vorsichtig verabreichte. Irrationale Seligkeit im Tausch gegen mögliche Abhängigkeit, innere Distanz gegen grauenhafte Schmerzen und niederschmetternde Trauer.
    Ich erlangte das Bewusstsein, wie unvollkommen auch immer, erst wieder, als man mich zu ihr nach Hause verlegt hatte. Daher hatte ich keine Erinnerung an das Krankenhaus, die Operationen oder das Koma, in das ich monatelang immer wieder entweder fiel oder in das ich künstlich versetzt wurde, damit die Schwellung meines Hirns mich nicht töten konnte, ehe die Neurochirurgen eine Chance bekamen, den Schaden zu reparieren. So gut sie es vermochten.
    Ich erinnere mich, wie jemand, kurz nachdem ich mir meiner Existenz wieder bewusst war, zu mir sagte, ich hätte Glück, noch am Leben zu sein. Die fragwürdigste Aussage des Jahrhunderts.
    Die Bemerkung stammte nicht von meiner Schwester Evelyn, obwohl sie zu ihr gepasst hätte. Sie war Ärztin und außerdem Florencias beste Freundin. Das Erste, was sie sagte und ein paarmal traurig wiederholte, bis es in meiner Erinnerung haften blieb, war, dass Florencia auf der Stelle tot gewesen war. Ich eigentlich auch, aber dank eines glücklichen – wieder dieses Wort – Umstands wurde die Kugel abgelenkt, als sie in meine rechte Schädelhälfte eindrang. Sie streifte den Frontallappen, grub einen schmalen Tunnel durch den Parietallappen und trat dann am Hinterkopf wieder aus.
    Die beiden Löcher in meinem Kopf waren sehr sauber, was auf eine kleinkalibrige Patrone mit hoher
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher