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Hartland

Hartland

Titel: Hartland
Autoren: Wolfgang Buescher
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gleiche Hitze, die gleichen Härten, und trinkt, wenn er bei uns ist, seinen Kaffee aus derselben, über dem Feuer baumelnden Blechkanne.
    Der letzte Kleberg, den Beto von ganzem Herzen verehrte, «Mister Bob» nannte er ihn so vertraut wie respektvoll, war vor einigen Jahren entmachtet worden. Die King Ranch war kein Mythos mehr, sie war eine Weltfirma geworden, geführt von bezahlten Managern im fernen Houston. Sie war wie alle. Beto griff nach seinem Ring am Finger, einem dicken Goldring. Er hatte ihn zu seinem Jubiläum von Mister Bob geschenkt bekommen, wie jeder Cowboy, jeder Kineño der King Ranch. Mister Bob hatte für Betos Vater ein Haus bauen lassen und später, als Beto heiratete, eines für ihn daneben.
    «In der alten Zeit», sagte Beto, «hast du nur glückliche Leute gesehen. Sie arbeiteten den ganzen Tag, und abends sprachen sie darüber, was tagsüber passiert war. Ein mißlungener Lassowurf. Ein wilder Stier. Ich war oft dabei. Sie kamen staubig aus der Hitze, duschten, aßen, dann spielten sie Karten, mal sang einer, mal griff einer zur Gitarre. Sie gingen früh zu Bett und standen früh auf. Heute höre ich viel von unglücklichen Leuten. Ich sage meinen Enkeln, mach deine Arbeit, das macht dich glücklich. Wirklich, ich habe damals nie unglückliche Leute gesehen.» Ihm fiel etwas ein, er mußte lachen: «Vor zehn Jahren kam einer auf die Ranch, ein Fotograf, er wollte echte Vaqueros fotografieren. Ich sagte ihm, Junge, du kommst zehn Jahre zu spät. Heute tragen sie Basecap und Turnschuhe, das gab es früher nicht. Ein echter Cowboy trug Stiefel und Sporen und Hut und sein Halstuch. Sie stammten alle von hier und blieben hier, von Städten hielten sie nichts. Jetzt wollen ihre Enkel studieren und gehenfort in die Stadt, und aus den Städten kommen junge Kerle hierher, manche bleiben. Viele Cowboys heute sind Jungs aus der Stadt.» Er tauchte aus seinen Erinnerungen auf und machte eine Handbewegung, wie um eine Fliege zu verscheuchen. «Ach was. Trotzdem können sie so gut sein wie die vor hundert Jahren. Laß dir nichts erzählen von einem alten Mann.»
    Auf dem Rückweg sprachen wir über Klapperschlangenbisse. Früher, sagte er, habe man sich das Gift gegenseitig ausgesogen und es ausgespuckt. «Da wußtest du dann, ob du einen Freund hast.» Wie seltsam es doch sei, fuhr er fort, daß Rinder, wenn sie gebissen würden, zum nächsten Weg liefen oder zum Wassertrog, «sie suchen Hilfe» – da sahen wir nicht weit von uns einen Roadrunner und bald darauf noch einen dieser scheuen, immerzu rennenden Vögel und nach einer Weile noch drei. «Fünf», rief er, «das ist selten, das bringt dir Glück!»
    Die Wüste
    Dem Buschland zu beiden Seiten der Straße war seine Herkunft anzusehen, die Wüste. Was grün war, lag unter einer Schicht aus Staub. Nur hier und da stach frisches Gelb heraus – die Kakteen blühten. Amerika dünnte aus, es ging auf die Grenze zu, immer mehr Pickups mit mexikanischen Kennzeichen rasten nach Süden, beladen mit allem, was in Amerika gebraucht oder sonst billig zu haben war. Dinge, die man auf Autos laden konnte, und Autos selbst. Immer häufiger sah ich Tow-Trucks – ein Truck aus Mexiko hatte einen amerikanischen am Haken und schleppte ihn ab wie eine Beute. Daß ausgerechnet so einer halten würde, hatte ich nicht erwartet, aber es war so.
    Der Fahrer war Mexikaner und sah wie ein Filmheld aus, nicht wie ein Gebrauchtwagenjäger, ein strahlender Held mit weißen Zähnen und seidig-schwarzem Haar. Seidig-schwarz lackiert war auch sein Pickup, auf der Tür stand in goldener Schnörkelschrift «Trust No One». Die Ladefläche war hoch bepackt, und neben sich mochte er mich nicht sitzen haben, da war, so schien mir, das Motto auf der Wagentür vor. Er deutete auf den Truck im Schlepptau. «Spring hinten rauf, da ist Platz.» Ich ließ es mir nicht zweimal sagen, ich wußte, was jetzt kam, nichts als die Wüste, und daß sein Angebot ein ganz unwahrscheinlicher Glücksfall war.
    Er raste los. Ich suchte mir einen Platz neben einemgebrauchten Riesenkühlschrank. Der Filmheld raste durch das riesige Gebiet der King Ranch, raste in drei Sekunden durch Riviera, in zweien durch Sarita, dann raste er durch nichts mehr als Hitze und Staub. Ranchzäune säumten die Piste, Mesquitebäume und Rinder darunter, der Himmel war aus blaßblauem Löschpapier, mit schwarzen Strichen bekritzelt – Stromdrähte von Mast zu Mast.
    Die Sonne grillte mich auf der Ladefläche. Meine
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