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Hanan 1 - Brüder der Erde

Hanan 1 - Brüder der Erde

Titel: Hanan 1 - Brüder der Erde
Autoren: C.J. Cherryh
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Wahrheit zu sagen, wollte aber auch nicht lügen.
    Kta zuckte die Achseln, nahm die Karaffe, die vor ihm auf der Tischplatte stand, und schenkte zwei winzige Porzellantassen voll.
    Kurt hatte keine Lust, den Drink anzunehmen. Er traute dieser plötzlichen Gastfreundschaft nicht. Erst als Kta seine Tasse leergetrunken hatte, folgte Kurt seinem Beispiel. Der Drink war glasklar, schmeckte fruchtig und brannte wie Feuer.
    »Es ist
telise
«, sagte Kta. »Ich hätte dir auch Tee anbieten können, aber
telise
wärmt besser.«
    »Ich danke dir«, sagte Kurt. »Würdest du mir sagen, wohin wir fahren?«
    Kta hob nur die Tasse, als ob er sagen wollte, daß sie darüber reden würden, wenn er dieses Gespräch für beendet hielt.
    »Wohin fahren wir?« wiederholte Kurt hartnäckig. Die Brauen des Nemet zogen sich zusammen. »Zu meinem Hafen. Aber du willst sicher wissen, was dich in meinem Hafen erwartet, nicht wahr? Wir Nemet sind zivilisiert. Du bist ebenfalls zivilisiert, im Gegensatz zu den Tamurlin, das habe ich sofort erkannt. Du brauchst dich nicht zu fürchten. Aber beantworte mir eine Frage: Warum bist du hergekommen?«
    »Mein Schiff... ist vernichtet worden. Ich habe am Strand Rettung und Sicherheit gesucht.«
    »Ein Schiff vom Himmel? Ich weiß von solchen Dingen. Wir haben viele menschliche Dinge gesehen.«
    »Ihr kämpft gegen die Tamurlin?«
    »Immer. Es ist ein uralter Krieg. Sie kamen vor langer, langer Zeit. Wir haben sie von ihren Maschinen vertrieben, und sie wurden wie Tiere.«
    »Wann war das?«
    »Vor dreihundert Jahren.«
    Kurt bemühte sich, seine Freude nicht zu zeigen.
    »Ich versichere dir«, sagte er, »daß ich nicht gekommen bin, um irgend jemand etwas Böses zu tun.«
    »Dann werden auch wir dir nichts tun.«
    »Also bin ich frei?«
    »Tagsüber ja... es tut mir leid, aber meine Männer brauchen sicheren Schlaf. Bitte versuche die Notwendigkeit zu verstehen.«
    »Ich verstehe.«
    »Hei yth«
, sagte Kta und legte die Fingerspitzen vor seiner Brust zusammen, eine Geste, die Dankbarkeit auszudrücken schien, »deine Weisheit hebt dich in meiner Achtung, Kurt Morgan.«
    Mit diesen Worten entließ Kta ihn an Deck und in die Freiheit. Keiner der Männer zeigte irgendwelche Feindseligkeiten, selbst wenn er ihnen aus Unkenntnis des Bordlebens bei der Arbeit in den Weg kam. In solchen Fällen gab ihm nur jemand einen Wink, beiseite zu treten – niemand berührte ihn – oder rief ihm zu:
»Umanu, oeh«
, was Kurt als Bezeichnung seiner Spezies und eine Bitte, aus dem Weg zu gehen, auffaßte. Und nachdem ein Teil dieses Tages vergangen war, beschloß Kurt, die Höflichkeitsgesten der Crew, ihre Verbeugungen und den zu Boden gerichteten Blick, zu imitieren, wodurch sich sein Status erheblich erhöhte, denn jetzt verneigten sich die Männer auch vor ihm und nannten ihn in einem respektvollen Ton
umanuifhan
.
    Aber als es dunkel wurde, kam der junge Offizier Bel t'Osanef und bedeutete ihm, daß er seinen Platz am Mast wieder einzunehmen habe. Der Seemann, der Bels Befehl ausführte und Kurt wieder mit der Kette an den Mast fesselte, tat es überaus behutsam und rücksichtsvoll und kam später zurück, um ihm eine dicke Decke und eine große Tasse mit Tee zu bringen. Die Situation war wirklich grotesk, und Kurt mußte schallend lachen. Der Nemet schien die Lächerlichkeit ebenfalls zu sehen, er grinste Kurt an und sagte:
»Tosa, umanuifhan.«
    Seine Hände waren nicht gefesselt, er trank den Tee und streckte sich dann dicht am Mast aus, damit niemand im Dunkel über ihn stolperte. In dieser Nacht war er bedeutend ruhiger, obwohl es ihn schauderte bei dem Gedanken an das Schicksal, vor dem ihn die Nemet bewahrt hatten. Wenn die Tamurlin, von denen Kta ihm berichtet hatte, tatsächlich hanaischen Ursprungs waren, war er nur mit knapper Not einem entsetzlichen Tod entronnen.
    Er würde alle Bedingungen, die die Nemet ihm stellen mochten, akzeptieren, bevor er sich in die Hände der Hanan geben würde. Wenn Ktas Worte der Wahrheit entsprachen und die Hanan machtlos und barbarisch geworden waren, dann war er frei. Es gab keinen Krieg mehr. Zum erstenmal in seinem Leben gab es keinen Krieg.
    Nur ein Zweifel nagte noch in seinem Gehirn: Warum war ein modernes Raumschiff der Hanan von der zerstörten Welt von Aeolus zu diesem von degenerierten Menschen bewohnten Planeten entsandt worden? Er hatte keine Lust, darüber nachzudenken. Er wollte nicht glauben, daß Kta ihn belogen hatte oder daß die Freundlichkeit
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