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Halbe Leichen (Ein Lisa Becker Krimi) (German Edition)

Halbe Leichen (Ein Lisa Becker Krimi) (German Edition)

Titel: Halbe Leichen (Ein Lisa Becker Krimi) (German Edition)
Autoren: Falko Rademacher
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das beste war. Sie waren ein paar Mal zusammen ins Metropolis gegangen, um sich aktuelle britische und amerikanische Streifen im Original anzusehen, und es war klar zu sehen, dass Sven bestenfalls die Hälfte der Dialoge verstand. Aber er bestand hartnäckig darauf, dass O-Ton immer der synchronisierten Fassung vorzuziehen sei. Er hatte zwar in „Gosford Park“ die ganze Zeit geglaubt, Kristin Scott-Thomas spielte die Tochter von Michael Gambon – stattdessen war sie die Ehefrau – aber das hatte seine Freude an dem Film nicht geschmälert. Auf seine Weise war Sven zufrieden, in seiner eigenen Welt, in der alles in Ordnung war.
    So wie diese Wohnung , dachte Lisa. Hier hat er sich sein eigenes Königreich der Ordnung und Logik geschaffen .
    Seine Versuche, diese Welt auch nach draußen auszudehnen, waren jedoch stets gescheitert. Sven engagierte sich in ehrenamtlichen Tätigkeiten und gab als Journalist sein Bestes, um gegen die Bösen und Leichtfertigen zu Felde zu ziehen. Viel ausgerichtet hatte er nicht. Seine Recherchen Berlins Verwaltung ein paar Mal in die Bredouille gebracht, auch ein paar mittlere Korruptionsaffären hatte er mit aufgedeckt. Aber einen großen Scoop hatte er nie gehabt. Und Geld verdient hatte er auch nie. Das machte ihm nichts aus, solange er seine eigene kleine Welt hatte, in der seine Gesetze galten. Das hatte Lisa jedenfalls immer geglaubt. Aber irgendwann war offensichtlich der Moment gekommen, an dem er mehr wollte.
    Lisa hörte die Haustür. Sie machte seit Jahren dieses eigenartige zischende Geräusch, und der Hausbesitzer unternahm nichts dagegen, meinte, das sei normal. Zumindest war es diesmal für Lisa ein Signal. Sie hatte keine Angst vor Sven, dennoch versicherte sie sich, dass sie ihre Waffe sofort aus der Jackentasche ziehen konnte. So setzte sie sich auf den Sessel, auf dem sie erst vor ein paar Stunden von Sven in den Arm genommen worden war, und wartete.
    Sven schloss seine Wohnungstür auf. Lisa hörte wie er hereinkam, seine Jacke auszog und sorgfältig in der Diele auf einen Bügel hängte. Dann zog er sich die Schuhe aus, und auch wenn sie es nicht sehen konnte, wusste sie doch, dass er sie penibel genau nebeneinander auf die dafür vorgesehene Matte stellte. Dann betrat er das Wohnzimmer und erblickte sie.
    Für einen kurzen Moment nur blitzte in seinen Augen Erstaunen auf, dann lächelte er sie bereits an.
    „ Hallo, Lisa.“
    „ Hi Sven.“
    „ Was ist? Willst du nichts trinken? Ich mach dir Kaffee, wenn du willst. Du musst müde sein.“
    Lisa wusste nicht, was dagegen sprach, auch wenn von Müdigkeit keine Rede sein konnte. Sie hatte vielmehr das Gefühl, nie wieder schlafen zu können. „Das wäre nett, danke.“
    Sven machte sich in die angrenzende Küche auf, und Lisa hörte ihn mit dem Kaffeetopf hantieren. Sie stand unentschlossen auf und öffnete aus einem Impuls heraus die Balkontür. Als sie draußen stand und die frische Luft einatmete, stellte sie fest, dass sie noch nie auf diesem Balkon gewesen war. Es war verdammt hoch, und ihre Höhenangst machte ihr zu schaffen. Trotzdem sah sie nach unten, und im Schein des Nachtlichts, das im Innenhof leuchtete, konnte sie Katze erkennen, der auf einem Mauervorsprung lauerte und irgendetwas beobachtete, was ihm als interessantes Spielzeug erschien. Lisa ging wieder hinein, bevor ihr schwindlig wurde.
    Sven hatte zwei Tassen auf den Couchtisch gestellt und goss sie voll mit seinem Fair-Trade-Kaffee. Zum Glück gab es inzwischen welchen, der wirklich schmeckte, anfangs war das nur etwas für Gutmenschen gewesen, die den Wahlspruch vertraten: „Wer gut sein will, muss leiden.“ Manche blieben auch jetzt bei den alten, ekelhaften Marken, um nicht in den Verdacht zu geraten, aus Genuss Kaffee zu trinken. Sven hatte sich das nach ein paar mahnenden Worten lisaseits anders überlegt.
    Sie setzte sich wieder auf den Sessel, und Sven saß auf der Couch, und jeder nahm erst einmal einen Schluck Kaffee. Es war direkt gemütlich, oder hätte es sein können, wenn nicht ein blutverschmiertes Schwert am Türrahmen des Wohnzimmers gelehnt hätte.
    „ Ist ja beeindruckend, das Teil“, sagte Lisa vorsichtig. Sie wusste nicht recht, welchen Ton sie anschlagen sollte. Die Nummer „Eiskalter Cop“ hätte er ihr wohl nicht abgenommen, und sie beherrschte sie auch nicht. Wenn sie und Fabian jemand gemeinsam verhörten, war sie meist der gute Bulle, und Fabian war der hübsche Bulle. Was ein viel besseres Konzept war als
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