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Haeppchenweise

Haeppchenweise

Titel: Haeppchenweise
Autoren: Claudia_Winter
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Feierabenddrink verraten hat – aus einer alten Zigarrenraucherdynastie, die bis in gewisse Kreise reicht. „Camorra“, raunte er mit grappaschwerer Zunge und sah über seine Schulter, als säße der Mafiaboss Zagaria persönlich hinter uns. Zwar hat Alberto vorschriftsgemäß einen Raucherraum im Fährhaus eingerichtet, für den er das Restaurant auf die Hälfte verkleinert hat – aber was nützt der schon, wenn der Schreiner vergessen hat, die Tür einzubauen. Nino, der seine Leidenschaft nicht nur dem Fisch, sondern auch den Zigarren und seinem „Vino rosso“ verschrieben hat, kümmert das nicht sonderlich. Und es scheint, als habe sich der auserlesene Kreis seiner Stammgäste mit den Rauchschwaden über dem Teller abgefunden.
    „Catarina! Feliciano! Wie schön!“
    Alberto eilt uns mit einem breiten Lächeln entgegen. Er ist so klein, dass ich mich herunterbeugen muss, um ihn auf die erhitzte Wange zu küssen und wie immer umfasst er dabei liebevoll meine Taille.
    „Oh, ich habe wunderbaren Platz für euch. Ganz hinten, seehr intimo. Schnell, schnell!“ Zwinkert zweideutig, klopft Felix auf den Rücken und schiebt mich durch den Raum – den Arm noch immer fest um meine Körpermitte geschlungen.
    Er hat wirklich nicht zu viel versprochen. Der Tisch ist wirklich sehr intim. Winzig ebenfalls und direkt vor der Toilette gelegen. Felix und ich wechseln einen Blick, das Fragezeichen in seinen Augen beantworte ich mit einem angedeuteten Nicken. Zumindest scheinen wir in Bezug auf „seehr intimo“ auf derselben Wellenlänge zu schwimmen. 
    „Danke, Alberto. Der Tisch ist perfekt“, sagt Felix bestimmt und rückt den Stuhl in der Ecke für mich nach hinten. Die Lehne stößt an die Toilettentür und ich muss den Bauch einziehen, um mich auf den Sitz zu zwängen.
    „Catarina, so schlank, che bella donna!“
    So kann man es natürlich auch sehen. Ich grinse Alberto gespielt geschmeichelt an und nehme die Karte entgegen, während die blonde Bedienung herbeieilt, um den Willkommenslikör zu servieren.
    „Ist Likör von Albicocce ... Aprikose. Von meinem Cousin Fabrizio. Hat auch ein Restaurant, in der Toskana. Salute!“ Alberto macht einen Kreis mit Daumen und Zeigefinger und ergreift umstandslos das dritte Gläschen mit der dunkelgelben Flüssigkeit.
    Ein süßer, betörender Duft steigt in meine Nase – schon beim Einatmen ist dieser Aprikosenlikör ein sündiges Versprechen. Ich nippe vorsichtig.
    „Oh Gott Alberto! Der ist wunderbar!“
    Alberto sieht mich fast beleidigt an, als ob ich daran gezweifelt hätte.
    „Naturalmente. Ist aus Italien“, sagt er trocken und huscht davon. Felix beginnt zu lachen. Ich muss unserem italienischen Freund reichlich verdutzt nachgeschaut haben. Kaum ist Alberto in seiner Kombüse verschwunden, beugt sich Felix über den Tisch und ergreift meine Hand.
    „Ich würde gern von vorn beginnen. Ein Neuanfang. Unter verbindlichen Bedingungen.“
    Ich starre entgeistert auf seine Finger.
    „Du kommst ja schnell zur Sache.“
    „Ich habe schon genug Zeit verloren.“
    „Was du nicht sagst.“
    „Du musst ja nicht sofort zurück in meine Arme fliegen.“
    „Wie genau stellst du dir das vor, Felix?! Sollen wir uns für deinen Neuanfang einmal in der Woche zu einem krampfigen Abendessen treffen, für das du drei Wodka-Lemon brauchst, um es zu ertragen und ich abends eine Flasche Wein, um es zu vergessen?!“
    „Also ich für meinen Teil weiß genau, worauf ich hinaus will.“
    „Dann bin ich ja mal gespannt. Mir fehlt nämlich noch das Puzzlestück zwischen deinem Auszug und der Hochzeit deiner ...“ Ich kann das Wort „Tochter“ nicht mal aussprechen. Ruckartig entziehe ich ihm meine Hand und greife nach der Speisekarte. Nur weil über meinem Beziehungsleben ein monumentales Fragezeichen prangt, heißt das noch lange nicht, dass ich mir den Appetit verderben lasse. Die gegrillte Dorade hier ist legendär. Nicht zu reden von der Fischsuppe, einer echt italienischen „Zuppa di pesce“. Die Seezunge scheint aber auch nicht übel zu sein ...
    Felix hingegen schaut die Karte nicht mal von außen an. Sein Blick ruht unverwandt auf mir und das macht mich ziemlich nervös. Nach zwei Minuten lege ich die Mappe seufzend beiseite.
    „Also gut, dann reden wir eben vor dem Essen. Ist vermutlich auch besser so, sonst bleibt mir am Ende eine Gräte im Hals stecken.“
    „Gut. Was willst du wissen?“
    „Wie wäre es, wenn du mit dem lila Lippenstift anfängst?“
    „Der war
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