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Habitat C (German Edition)

Habitat C (German Edition)

Titel: Habitat C (German Edition)
Autoren: Dirk van den Boom
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freiem Willen tun oder lediglich deshalb, weil sie so programmiert sind – nein, das kann auch niemand sagen.«
    Zant betrachtete den Kellner, wie er eilfertig zwischen den Tischen umhereilte.
    »Was legen wir also als Bewertungsmaßstab an?«, fragte sie sich leise. Daxxel schob den geleerten Teller von sich.
    »Was anderes als den geäußerten Willen eines Bodaren? Es mag hier einen Unterschied zwischen subjektiver und objektiver Realität geben und damit eine moralische Grundlage für eine Emanzipation von außen. Aber da wir die Bodaren zu nichts in ihrer Existenz zwingen, sie niemanden um Hilfe bitten und auch kein deutlich erkennbares Leid für uns sichtbar ist, lassen wir sie in Frieden ihr Leben leben. Was sollen wir sonst tun? Sie alle einsammeln und genetische Experimente mit ihnen durchführen, damit sie von einem Joch befreit werden, das sie gar nicht als solches wahrnehmen? Ich habe damit meine Probleme.«
    Zant war anzumerken, wie ihr Gerechtigkeitsgefühl rebellierte, sie aber gleichzeitig keinen Ausweg aus diesem Dilemma erkannte. Auch sie schob den Teller auf die Tischmitte. Der Appetit hatte sich nicht wieder eingestellt. An der Qualität der Speisen lag es sicher nicht, aber ganz sicher am Thema des Tischgesprächs.
    Aber sie hatte ja fragen müssen.
    Daxxel lächelte. »Ist eine schwierige Sache, nicht wahr?«
    »Es ist … ungerecht.«
    »Das ist es. Wir können es nicht wiedergutmachen. Wir können ihnen nur den Rahmen geben, sich frei weiterzuentwickeln. Ich denke nicht, dass uns etwas anderes übrig bleibt.«
    »Das kann Jahrhunderte dauern!«
    Daxxel nickte. »So ist es. Hoffen wir, dass niemand dazwischenfunkt.«
    Er sah Zant forschend an. »Die Geschichte nimmt Sie ein wenig mit.«
    »Ich habe mich vorher nie großartig mit den Niib beschäftigt«, erwiderte sie mit belegter Stimme. »Das hätte ich vielleicht tun sollen.«
    »Es nützt nichts, sich allzu intensiv mit der fernen Vergangenheit auseinanderzusetzen. Die Niib sind seit Jahrtausenden verschwunden und keiner weiß, warum. Es gibt Hinweise, dass eines Tages eine große Rebellion ihre Herrschaft zu Fall gebracht hat. Sie müssen irgendwann den Bogen überspannt haben, so wird vermutet. Wir dürfen unser natürliches Bedürfnis nach Rache damit befriedigen, uns vorzustellen, dass all die Zivilisationen, die sie brutal beherrscht und ausgebeutet haben, ihre Herren irgendwann vertrieben, vielleicht sogar ausgelöscht haben. Die Bodaren sind hier und es geht ihnen gut. Sie haben eine Chance, dass es ihnen noch besser gehen wird. Niemand hält sie, niemand zwingt sie, niemand unterdrückt sie. Freuen wir uns über die Fortschritte und vergessen wir die Schatten, die auf diesem Volk liegen.«
    Zant nickte zögerlich.
    Daxxel grinste und winkte dem Kellner. »Nachtisch nehmen wir aber, oder?«
    Zant protestierte schwach, aber dann wies Daxxel auf das holografische Bild eines gigantischen Cremepuddings hin. Er war schlicht aus Schokolade. Nichts Exotisches. Zant stieß ein Stöhnen aus. Daxxel lächelte. Es gab Schlüsselreize, auf die fast jeder reagierte und verheißungsvolle Mousseberge waren nichts, dem ein normal gestrickter Sterblicher mit seinem Verdauungssystem ohne Weiteres widerstehen konnte.
    Der Bodare stand sofort neben ihrem Tisch, sein Pad bereit in den Händen und ein wissendes Lächeln auf den Lippen. »Zweimal den Pudding, die Herrschaften?«
    Daxxel nickte. »Haben Sie frische Schlagsahne?«
    Zant stöhnte erneut.
    Der Kellner wiederholte den Laut.
    Er machte einen Schritt zurück, schaute an sich hinab.
    Der große, rote Fleck, der sich auf seiner Brust ausbreitete, war kein Rotwein. Der Bodare öffnete den Mund, stieß ein Gurgeln aus. Rote, blutige Blasen bildeten sich vor seinen Nasenlöchern. Er griff nach vorne, suchte nach Halt, als seine Beine ihn nicht mehr zu halten vermochten, streifte Zants Schulter aber nur noch mit seiner rechten Hand, dann fiel der Mann zu Boden.
    Zant war sofort neben ihm. Daxxel sprang auf, seinen Kommunikator in der Hand, doch hier gab es keine Notwendigkeit, auf einen solchen Vorfall noch extra aufmerksam zu machen. Ein Sirenengeheul wurde laut und eine automatische Stimme sagte irgendwas.
    Daxxel sah seine Gefährtin an. Er war hilflos. Auch Zant kannte sich mit der Physiologie der Bodaren sicher nicht aus.
    Die Tatsache, dass der Mann vor ihnen nicht mehr atmete und starr ins Leere blickte, war aber sicher kein gutes Zeichen.
    »Er ist tot«, brachte sie hervor. Sie sah auf. Gäste
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