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Guten Tag, ich bin das Hausgespenst

Guten Tag, ich bin das Hausgespenst

Titel: Guten Tag, ich bin das Hausgespenst
Autoren: Marie Louise Fischer
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Aufprall.
    Kurz entschlossen sprang Monika aus dem Bett, sauste zum Fenster und zog den geblümten Vorhang zur Seite. Die Wiese vor ihr lag im hellen Licht des Vollmondes.
    Dann sah sie es. Ein Gegenstand — es war die altmodische Lampe, die Liane so gut gefallen hatte — flog im hohen Bogen durch die Luft, landete weit hinten auf der Wiese und verschwand im Gras.
    Der Lampe folgte in kurzem Abstand eine Kommodenschublade.
    Monika begriff. Jemand war dabei, die zum Abholen bereitgestellten Sachen in der Gegend zu verteilen.
    War es der Mensch, der sich im Haus versteckt hielt? Oder einfach nur Jungen, die sich einen Streich erlaubten?
    Ohne zu überlegen schloß Monika die Balkontür auf. Sie wollte hinuntersehen und feststellen, wer sich da an den alten Sachen zu schaffen machte. Sie lief zur Brüstung, beugte sich vor und — wurde sanft in die Höhe gehoben. Sie spürte nicht den Zugriff von Händen, aber es war ihr bewußt, daß etwas sie hob — höher, höher und im Kreis.

    Seltsamerweise hatte sie gar keine Angst und dachte auch nicht daran zu schreien. Es war ein unheimlich schönes Gefühl, in die Luft gehoben zu werden und fast wie aus eigener Kraft zu fliegen.
    Sekunden später war es auch schon vorbei, und sie landete sanft und sicher in ihrem Bett. Fassungslos beobachtete sie, wie die Tür zum Balkon sich schloß, und nicht nur das, der Schlüssel drehte sich im Schloß.
    Plötzlich wußte sie genau: nein, es war kein Mensch, der in diesem Haus sein Wesen trieb, es war ein Gespenst! Ein sonderbares Gespenst, das die Bewohner Nacht für Nacht aus dem Schlaf schreckte — warum nur? — aber es nicht zugelassen hatte, daß ihr etwas zustieß.
    Jetzt erst erinnerte sie sich wieder daran, wie ausdrücklich Herr Graunke sie alle gewarnt hatte, den Balkon zu betreten. Das Gespenst hatte gewußt, daß das Geländer morsch war und sie davor gerettet, abzustürzen.
    Wie seltsam das alles war! Jetzt hätte Monika noch mehr Grund gehabt nachzudenken, aber ihre nervöse Anspannung war vorbei. Sie rollte sich zur Seite, zog die Knie an und war in wenigen Minuten eingeschlafen.
    Als sie am nächsten Morgen erwachte, kam ihr das Erlebnis dieser Nacht so unwirklich vor, daß sie fast glaubte, alles nur geträumt zu haben. Aber sie erinnerte sich so deutlich an das wunderbare Gefühl des Schwebens und daran, wie sich der Schlüssel gedreht hatte, daß sie tatsächlich nicht mehr wußte, woran sie war.
    Sie wagte auch nichts davon zu erzählen, weil sie wußte, daß die anderen sie nur ausgelacht hätten.
    Die Mutter, Liane und Peter saßen höchst vergnügt am Frühstückstisch, denn sie hatten eine ruhige Nacht gehabt und waren überzeugt, den geheimnisvollen Vorgängen im Haus ein Ende gemacht zu haben. Niemandem fiel es auf, daß nur Monika sehr still war.
    Peter und Liane verließen als erste das Haus.
    Gleich darauf stürzten sie wieder herein. „Mutti, stell dir nur vor...“ — „So eine Gemeinheit!“ riefen sie und: „Wenn ich nur wüßte, wer das war!“
    „Was denn?“ fragte Frau Schmidt. „Könnt ihr denn nicht mehr vernünftig reden?“
    Sich überstürzend und gegenseitig verbessernd erzählten die Geschwister, daß das Gerümpel vom Dachboden über die ganze Wiese verteilt worden war.
    „Also doch!“ sagte Monika.
    Die anderen starrten sie an.
    Monika wurde rot. „Ich... ich habe in der Nacht was gehört“, sagte sie, „keinen Krach oder so was, sondern ein entferntes Plumpsen. Ich habe gleich daran gedacht, daß es das alte Zeug sein könnte.
    „Warum hast du uns nicht geweckt?“ rief Peter. „Wir hätten die Burschen verhauen und...“
    „Tut mir leid, ich bin gleich wieder eingeschlafen, und heute morgen wußte ich nicht mehr, ob ich nicht alles nur geträumt hatte.“
    „Es ist ja auch nicht so schlimm“, meinte die Mutter, „seht ihr zu, daß ihr in die Schule kommt. Ich hole Vati, damit er hilft, die Sachen wieder einzusammeln.“

Der Spuk geht weiter

    Monika merkte sehr rasch, daß es schwer war, mit einem Geheimnis zu leben, das man mit niemandem teilen konnte. Bis jetzt hatte sie ihren Eltern stets alles erzählen dürfen, sie hatten immer Verständnis gehabt. Die Sache mit dem Gespenst aber, fürchtete Monika, würden sie ihr nicht glauben.
    Natürlich hätte sie Ingrid ihr Erlebnis schildern können, Ingrid glaubte ja selber, daß es im Haus am Seerosenteich nicht geheuer war. Dennoch würde sie Monikas Bericht bestimmt für bloße Aufschneiderei gehalten haben. Monika
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