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Grüne Magie

Grüne Magie

Titel: Grüne Magie
Autoren: Jack Vance
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im Verlauf des zweiten Jahrhunderts klammerte er sich an seinen Hoffnungen fest. Doch in den letzten Jahren machte er nur noch deshalb weiter, weil er sich ganz auf seine sture Verbohrtheit konzentrierte – obgleich ihm klar war, daß alles umsonst und vergebens bleiben mußte.
    In einer besonders depressiven Phase gab er schließlich auf. Er gesellte sich zu Jaadian, der gerade damit beschäftigt war, glitzernde Fragmente unterschiedlicher magischer Energien zu einem multidimensionalen Faden-und Spantennetz zu verweben. Mit ernster Höflichkeit blickte Jaadian Fair entgegen, und Howard rief einige Bedeutungsflocken herbei und teilte ihm seinen Entschluß mit.
    Auf die gleiche Weise antwortete Jaadian: »Ich kann verstehen, was Sie bewegt, und ich möchte Ihnen mein Mitgefühl aussprechen. Es scheint mir tatsächlich besser zu sein, daß Sie jetzt in Ihre alte Heimat zurückkehren.«
    Er legte das Gewebe beiseite und begleitete Fair durch die Transferwirbel. Unterwegs kamen sie an Misthemar vorbei. Zwar tauschten sie keine Bedeutungsmuster aus, aber Howard Fair glaubte einen Hauch von schadenfroher Belustigung zu verspüren.
    Howard Fair saß in seiner Wohnung. Mit Hilfe der durch den Aufenthalt in der grünen Sphäre sensibilisierten und erweiterten Sinne machte er sich ein Bild von seiner Umgebung. Nach der auf der Erde gebräuchlichen Zeitrechnung waren nur zwei Stunden verstrichen, und vor jenen hundertzwanzig Minuten, so erinnerte sich Fair, hatte er die Dinge in seinem Heim als bequem und anregend empfunden. Das traf jetzt nicht mehr zu. Die Bücher: Aberglaube, Unfug, pseudowissenschaftliches Geschreibsel. Seine eigenen Tagebücher und Arbeitsunterlagen: pathetische Worte, die doch nichts weiter als Torheit zum Ausdruck brachten. Gravitation zerrte an ihm und schien seine Unbeholfenheit noch weiter zu verstärken. Die armselige Beschaffenheit des Hauses, die er zuvor gar nicht bemerkt hatte, machte ihn trübsinnig. Ganz gleich, wohin er auch sah: Überall fiel sein Blick auf schlampige Nachlässigkeit, auf Unordnung und Schmutz. Bei dem Gedanken an die Nahrungsmittel, mit denen er sich jetzt begnügen mußte, wurde ihm übel.
    Er trat auf den kleinen Balkon hinaus, von dem aus er die Straße übersehen konnte. Die Luft war voller organischer Gerüche. Und durch die Fenster der anderen Häuser konnte er seine Mitmenschen beobachten, die in Dummheit und Elend lebten.
    Fair lächelte niedergeschlagen. Er hatte versucht, sich auf diese Reaktionen vorzubereiten, aber ihre Intensität überraschte ihn nun. Es mußte ihm gelingen, sich wieder an die alte Umgebung zu gewöhnen. Und immerhin war er dazu in der Lage, auf andere Art und Weise zu Freude und Befriedigung zu gelangen. Er konnte es sich jetzt leisten, die erstrebenswertesten Dinge der Welt zu genießen.
    Howard Fair gab sich alle Mühe, Gefallen an den verschiedensten Vergnügungsmöglichkeiten zu finden. Er zwang sich dazu, große Mengen von erlesenem Wein zu trinken und die besten Cognac-Sorten auszuprobieren – obgleich sie seinen Gaumen beleidigten. Als der Hunger stärker wurde als sein Abscheu, brachte er das Verzehren von Objekten über sich, die er als erhitztes tierisches Körpergewebe und hypertrophische Geschlechtsorgane von Pflanzen erachtete. Er experimentierte mit erotischen Empfindungen, mußte jedoch die Feststellung machen, daß sich die besonders schönen Frauen nicht mehr von den Mauerblümchen unterschieden. Außerdem weckten schmutzige Kontakte dieser Art – er dachte dabei insbesondere an den Austausch von Viren, Bakterien und Pilzen – Übelkeit in ihm. Er kaufte ganze Bibliotheken hochwissenschaftlicher Werke, und voller Verachtung blätterte er in den Bänden. Er versuchte, sich mit seinen alten magischen Künsten zu amüsieren, doch sie erschienen ihm lächerlich.
    Einen Monat lang trachtete er danach, sich auf diese Weise abzulenken. Dann verließ er fluchtartig die Stadt und baute sich eine Kristallkuppel auf einer Felsspitze in den Anden. Zu Ernährungszwecken entwickelte er eine zähflüssige Masse, die einerseits zwar nicht annähernd so gut schmeckte wie die entsprechenden Substanzen der grünen Sphären, andererseits jedoch keinerlei organische Verunreinigungen aufwies.
    Nach einer Phase des Notbehelfs und der Improvisationen gelang es ihm, sein Leben mit einem Minimum von Beschwerlichkeiten zu strukturieren. Von seinem kristallenen Refugium aus bot sich ihm eine Aussicht von strenger Pracht dar. Nicht einmal die Kondore
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