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Grosser Auftritt fuer Sally

Grosser Auftritt fuer Sally

Titel: Grosser Auftritt fuer Sally
Autoren: Margot Berger
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Regisseurs. Bär wartet.«
    Die Mädchen schoben sich aus der schmalen Tür und blieben gleich wieder verdutzt stehen. Das Chaos auf der Wiese hatte sich geordnet. Ein Lastwagen war abgefahren, die anderen Autos waren weiter zurückgesetzt worden. Auf der Waldkoppel standen jetzt nur noch Kamera, Gleise, ein Tisch mit technischen Geräten und Herrn Winkelmann dahinter, daneben ein Unterstand mit der Aufschrift Regie. Linse klebte aus Leuchtband an verschiedenen Stellen Kreuze aufs Gras.
    Der Regisseur blätterte in seinem Drehbuch. »Bitte mal zuhören!« Er hob die Hand und erklärte kurz den Ablauf der zwölf Szenen. »Robin Hood und seine Räuber überfallen mit ihren Pferden eine Kutsche, die von zwei Reitern begleitet wird. Robin Hood raubt einen Sack mit Räuberwaffeln aus der Kutsche. Dann überspringt er die Böschung« - Herr Feddersen zeigte auf das Ufer, hinter dem sich der Lottbach breit ausdehnte - »und galoppiert durchs Wasser. Den Sack wirft er den Kindern auf der Böschung zu. Dann folgt der Biss in die Waffeln, Großaufnahme der Packung. Ende.«
    Der Regisseur klopfte seine Hände gegeneinander, als hätte er gerade Schwerstarbeit erledigt. Zum Beispiel zehn Boxen ausgemistet. Oder einen gemeinsamen Nenner beim Bruchrechnen gefunden. Er deutete auf eine der Markierungen. »Die Räuber starten hier.«
    Vier Reiter in groben, grünen Hemden versuchten die Schulpferde in Gang zu bringen. Robin Hood, mit grüner Falknerkappe, saß auf Sally und ritt voran. »Ist sie nicht das geborene Räuberpferd?«, schwärmte Jule mit glänzenden Augen.
    »Die Kutschenbegleiter starten dort drüben.« Von einem weiteren Leuchtkreuz aus setzten sich zwei Reiter in Bewegung, in auffallend rote und blaue Waffenröcke gekleidet.
    »Die Kinder bitte nach hinten an den Bach. Ihr tut so, als ob ihr Beeren sammelt«, rief Bär Feddersen ihnen zu. Gicksternd rannten die Mädchen barfuß zur Böschung. Dabei mussten sie die Jutefetzen vom wie ein Abendkleid anheben, sonst wären sie gestolpert.
    Bär Feddersen begutachtete die Szene, besprach sich kurz mit Linse und Herrn Winkelmann. Dann rief er: »Okay, danke für die Steilprobe. Geht alle wieder auf Anfang. Wir fangen an.«
    Linses Assistent schrieb mit Kreide »Szene 1, Klappe 1« auf eine schwarze Tafel, klappte sie vor der Kamera geräuschvoll zusammen und leierte herunter: »Szene 1, die erste.«
    »Kamera ab«, rief Bär Feddersen.
    Bei diesem Kommando ritt Robin Hood mit seinen Räubern los. Herr Winkelmann rückte seine Kopfhörer zurecht. Der Tonassistent hielt den Reitern ein Mikrofon an einer langen Stange hin.
    »Ha! Da kommt eine Kutsche mit kostbarer Fracht.« Robin Hood sprach seinen Text klar und verständlich. »Mikro im Bild«, sagte Linse.
    »Zurück an den Anfang«, knurrte Bär Feddersen. Das durfte nun wirklich nicht passieren. Er warf dem Mikrofonträger strafende Blicke zu.
    »Szene 1, die zweite.«
    »Ha! Da kommt eine Kutsche mit kostbarer . . .«, rief Robin Hood.
    »Schluss, Schluss! Das gibt es doch nicht«, regte sich der Regisseur auf. Kalle, das freche Fjordpferd, hatte keine Lust auf Kutschen mit kostbarer Fracht. Er scherte einfach aus der Gruppe aus und trabte geradewegs auf das Regiepult zu.
    »Ich kann ihn nicht halten«, wimmerte der Schauspieler. Man sah an Kalles entschlossenem Blick, dass er seine eigenen Wege gehen wollte, koste es, was es wolle.
    Der Regisseur lehnte sich in seinen Stoffsessel zurück und schob seine Sonnenbrille nach hinten. »Meine Güte, mit diesem harmlosen Pony werden Sie nicht fertig?« Er streckte eine Hand nach Kalles Zügel aus, um ihn zu bremsen. Aber so konnte man einem Fjordpferd nicht kommen. Jedenfalls nicht einem wie Kalle. Das Pony senkte den Kopf wie ein Stier und knallte seinen Nasenrücken gegen Bär Feddersens Schienbein.
    Aufschreiend sprang der Regisseur hoch.
    »Wer hat mir bloß diesen Schwachsinn eingeredet«, wütete er und rieb sein schmerzendes Bein, »dass ich mit Pferden und Kindern drehen muss? Das nächste Mal filme ich lieber mit der gesamten Mafia. Außerdem« - er war jetzt gerade in Fahrt und entdeckte noch mehr, worüber er sich ärgern konnte - »gefallen mir die Kostüme da drüben nicht. Die sehen ja aus wie bei einem Kamevalsumzug.«
    Kai Jensen warf dem Regisseur einen finsteren Blick zu, führte Kalle zu den Räubern und kam gleich zurück. Auf seine Pferde ließ er nichts kommen. Sollte dieser Film typ doch erst mal bessere Reiter besorgen! Das sagte Kai Jensen aber nicht,
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