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Grolar (German Edition)

Grolar (German Edition)

Titel: Grolar (German Edition)
Autoren: Thorsten Nesch
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eine Pfütze, nicht einen kleinen Bach hatte er auf seinem Weg gekreuzt, und das Wasser im Graben wurde von den Wurzeln der Pflanzen aufgesogen.
    Doch dann witterte er es auf einmal: gutes Wasser, Seewasser. Nicht das Regenwasser, sondern das mit Fischen bewohnte Wasser eines Sees, seine eigene würzige Note so unterschiedlich von einem Fluss oder Bach, ja, selbst von See zu See. Manche rochen eher nach Fisch, andere eher nach Wasserpflanzen. Dieser nach Pflanzen, Fische auch, aber vor allem Pflanzen. Der Geruch wehte herüber durch den Wald. Der See konnte nicht allzu weit entfernt sein, er müsste nur durch die Bäume auf die andere Seite.
    Er schwang seinen massigen Leib herum, und seine Klauen klackten über den glatten grauen steinernen Fluss im gleichmäßigen Rhythmus.
    Mit dem Kopf zuerst tauchte er wieder in den Wald ein. Er hielt ihn gesenkt, und er musste zwinkern, wenn Blätter oder Äste seine Schnauze streiften. Zweige striegelten sein Fell, und er hob die Beine höher gegen die verschlungenen Sträucher und das Holz am Boden.
    Hier stand der Seegeruch förmlich zwischen den Bäumen, als hätten sie sich mit ihren Ästen an ihn geklammert, als wollten sie nicht, dass er das Wasser roch, um an ihm seine Leiden zu lindern.
    Mit jedem Schritt kam er dem See näher, schmeckte er bereits in süßer Erwartung das frische Wasser seine Kehle herunterrinnen. Sein Atem ging stoßweise wegen der Anstrengung, und hin und wieder entfuhr ihm ein Knurren, nicht weil er es wollte, sondern weil durch seine Kopfbewegungen die vielen Liter Luft aus seiner Lunge durch seinen gestreckten Hals gepresst wurden.
    Dann sah er endlich den See zwischen den Baumstämmen. Er suchte sich seinen Weg zum Ufer und stoppte erst, als er mit allen vier Beinen im Wasser stand.
    Gierig schlappte er das kühle Nass in sich hinein, während Wellen im Halbkreis von ihm weg hinaus auf den ruhig daliegenden See liefen.
     
     
Fünf Minuten hörte Jon nichts von Tara, er und Cliff spielten gemeinsam auf Augenhöhe. Aber der Clean Out ging ihm nicht aus dem Kopf. Er musste einfach hin.
    »Sag mal, magst du mit dem Bagger nicht lieber draußen im Sand spielen?«, er tippte gegen einen der schwarzen Reifen. Die Schaufel öffnete und schloss sich, je nachdem wie Cliff den Greifarm bewegte.
    »Au ja!«
    »Auf geht's. Raus mit dir!«
    Cliff rannte zur Tür, Jon folgte mit großen Schritten und rief zum Schlafzimmer, »Wir sind draußen!«
    Keine Antwort. Aber sie musste ihn gehört haben.
    Cliff schaute ihn an, zur Schlafzimmertür und wieder zu Jon. Er schloss die Augen, neigte den Kopf zur Seite und schnarchte leise.
    Sein Sohn lachte und verließ übertrieben auf Zehenspitzen gehend den Wohnwagen. Jon spielte mit und schloss die Tür, ohne ein Geräusch zu verursachen. Obwohl er sie am liebsten zugeschlagen hätte, dass es sie aus dem Rahmen sprengen würde.
    Mitten auf dem Platz fiel Cliff auf die Knie und begann mit der Schaufel des Baggers nach dem Dreck zu greifen. Das ganze Areal war ein einziger Spielplatz, das konnte es zumindest sein. Jon blieb neben ihm stehen und weidete seinen Blick an dem satten Grün der regenfeuchten Landschaft, den Bergen und dem See, über den sich von links kleine flache Wellen ausbreiteten. Wahrscheinlich war dort hinter den Bäumen eine Bisamratte ins Wasser geglitten.
    Jon beobachtete seinen Sohn, wie er gedankenverloren mit dem Bagger spielte.
    »Wen haben wir denn da?«, hörte er Kelly hinter sich fragen, ihre Stimme stets leicht heiser.
    Als er sich nach ihr umdrehte, sah er gerade noch, wie die Ohrenstöpsel herunterfielen, über ihre zwanzigjährigen Brüste baumelten und so seinen Blick für einen Moment auf sie lenkten. Wie immer trug sie eines ihrer Tanktops und offen darüber ein Hemd von Andy, das ihr an einem Arm herunterhing wie bei einer Sängerin in einem achtziger Jahre Musikvideo, aber es schien sie nicht zu stören.
    Sie war einen Kopf kleiner, und wenn sie mit ihm oder einen der anderen Männer sprach, stand sie stets eine Handbreit dichter an einem dran, als für gewöhnlich zwischen zwei Menschen üblich. Jon vermutete, weil sie mochte, wenn Männer ihr in den Ausschnitt guckten – auch konnte man so ihr Parfüm riechen. Es war unvermeidbar.
    Einerseits beneidete er Andy, andererseits würde ihn das verrückt machen, selbst in Andys Alter hätte ihn das in den
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