Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gottspieler

Gottspieler

Titel: Gottspieler
Autoren: Robin Cook
Vom Netzwerk:
senkrecht zur Haut. Es gab ein hörbares Schnappen, als die Nadel eine Muskelhülle durchbrach. Das einzige andere Geräusch verursachte das EKG-Gerät, das den Papierstreifen mit der geraden Linie abspulte. Jerry zog den Kolben zurück, Blut stieg in die Spritze. Nun wußte er, daß er sich im Herzen befand, und injizierte die Lösung. Mit einem Kopfnicken bedeutete er Peter, dem Patienten wieder die Brust zusammenzupressen, und Pamela, ihm weiter Luft in die Lungen zu blasen.
    Noch immer keine Herzaktivität. Während Jerry die äußere Hülle eines sterilen Päckchens öffnete, in dem sich eine Elektrode für den transvenösen Schrittmacher befand, wünschte er sich, gar nicht erst mit alledem angefangen zu haben. Intuitivwußte er, daß der Patient schon viel zu weit weg war. Aber nun, da er A gesagt hatte, mußte er auch B sagen.
    »Ich brauche einen vierzehner Intubationskatheter«, sagte er. Mit einem in Pethedin getauchten Baumwollschwamm begann er, die Eintrittsstelle links am Hals des Patienten zu präparieren.
    »Wollen Sie, daß ich das mache?« meldete sich der diensthabende Chirurg zum erstenmal zu Wort.
    »Ich glaube, wir haben alles unter Kontrolle«, sagte Jerry und versuchte, mehr Sicherheit auszustrahlen, als er tatsächlich empfand.
    Pamela half ihm in ein Paar Operationshandschuhe. Sie standen gerade im Begriff, den Patienten zuzudecken, als eine weitere Gestalt im Türrahmen erschien und sich an dem langhaarigen Studenten vorbeischob. Jerrys Aufmerksamkeit wurde von der Reaktion des diensthabenden Chirurgen abgelenkt: der Arschkriecher überschlug sich geradezu, fast hätte er salutiert. Sogar die Schwestern zeigten auf einmal sichtlich mehr Haltung, seit Thomas Kingsley, der angesehenste Herzchirurg des Krankenhauses, den Raum betreten hatte.
    Er trug einen grünen Kittel, eine Papierkappe und um den Hals die Gesichtsmaske; offenbar kam er direkt aus dem OP. Er trat an das Bett und legte Bruce sanft die Hand auf den Unterarm, als könnte er das Problem allein durch diese göttliche Geste lösen.
    »Was haben Sie vor?« fragte er Jerry.
    »Ich hänge ihn an einen transvenösen Schrittmacher«, sagte dieser, von Dr. Kingsleys Anwesenheit gleichzeitig erschreckt und beeindruckt. Ärzte in seiner Position tauchten für gewöhnlich nicht bei einem Herzstillstand auf, schon gar nicht mitten in der Nacht.
    »Sieht aus, als hätten die Eigenimpulse völlig aufgehört«, sagte Dr. Kingsley und ließ einen Abschnitt des EKG-Papiers durch die Hand laufen. »Nicht die geringsten Anzeichen für irgendwelche AV-Blöcke. Die Wahrscheinlichkeit, daß Sie da mit einem transvenösen Schrittmacher etwas ausrichten können, ist unendlich gering. Ich glaube, Sie verschwenden nur Ihre Zeit.« Dann tastete er nach dem Puls in der Leistengegend des Patienten. Er warf Peter, der inzwischen zu schwitzen begonnen hatte, einen Blick zu und sagte: »Der Puls ist deutlich spürbar. Sie haben hervorragende Arbeit geleistet.« An Pamela gewandt, sagte er: »Größe acht, bitte.«
    Pamela reichte ihm die Handschuhe, ohne auch nur eine Sekunde zu zögern. Dr. Kingsley streifte sie über und bat um ein Skalpell aus dem Instrumentenkorb des Überwachungswagens.
    »Würden Sie bitte den Verband abnehmen«, bat Dr. Kingsley Peter. An Pamela gewandt, erklärte er, daß er eine große sterile Verbandsschere benötigte.
    Peter streifte Jerry mit einem fragenden Seitenblick, dann hörte er mit seiner Massage auf und begann das Durcheinander aus Adhäsionsverbänden und Gaze vom Brustbein des Patienten zu zerren. Dr. Kingsley trat näher ans Bett, das Skalpell in der rechten Hand. Ohne Zeit zu verlieren, grub er die Spitze der Messerklinge ins obere Ende der Wunde und zog sie entschlossen bis zum unteren Ende hinunter. Als er die transparenten blauen Nylonfäden durchtrennte, gab es jedesmal ein deutlich hörbares Schnappen. Peter rutschte vom Bett, um nicht im Weg zu sein.
    »Schere«, sagte Dr. Kingsley ruhig, während sein Publikum in erschrockenem Schweigen zusah. Jeder unter ihnen hatte irgendwann von einer solchen Szene gelesen; gesehen hatte sie noch keiner.
    Dr. Kingsley zerschnitt die Drähte, die das geöffnete Brustbein zusammenhielten. Dann stieß er mit beiden Händen in die Wunde und zog das Brustbein gewaltsam auseinander. Ein scharfes Knacken hing in der Luft. Jerry Donovan versuchte, einen Blick in die Brust des Patienten zu werfen, aber Dr.Kingsley verdeckte ihm die Sicht. Das einzige, was er erkennen konnte, war, daß
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher