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Gottspieler

Gottspieler

Titel: Gottspieler
Autoren: Robin Cook
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sich auf die Couch sinken ließ. Patricia, deren Gesicht jetzt nur noch eine Studie an Verwirrung war, tat es ihr nach, und so saßen die beiden Frauen schweigend nebeneinander, bis sie die Sirene des Krankenwagens auf der Zufahrt hören konnten. Die Jahre unausgesprochener Feindschaft erstickten praktisch jede Kommunikation im Keim, aber immerhin half Patricia der inzwischen schon halb bewußtlosen Cassi die Treppe hinunter.
    Als sie dann dem davonjagenden Krankenwagen auf seinem Weg durch die Salzdünen nachsah, verspürte sie einen Moment lang so etwas wie Sympathie für ihre Schwiegertochter. Langsam ging sie zurück ins Haus, stieg die Treppe hinaufund rief im Boston Memorial an: Sie fand, ihr Sohn sollte in dieser Stunde bei seiner Frau sein. Aber Thomas operierte gerade, und so hinterließ sie lediglich, er solle so schnell wie möglich zurückrufen.
     
    Thomas blickte auf die Uhr. Es war halb ein Uhr morgens. Der Porsche raste durch die Nacht. Die diensthabende Schwester hatte Thomas von Patricias Anruf erzählt, sobald er um Viertel nach elf aus dem OP kam. Selbst über dem Röhren des Motors hörte er jetzt noch ihre schrille, vorwurfsvolle Stimme. Wie konntest du deine Frau nur in einer solchen Situation allein lassen? Ich finde, du solltest jetzt gleich zu ihr ins Essex-General-Krankenhaus fahren!
    Am Telefon hatte ihm die verantwortliche Oberschwester keine Auskunft darüber gegeben, wie es Cassi ging. Sie hatte ihm lediglich ihre Aufnahme bestätigen können. Niemand brauchte ihn zu drängen, damit er sich beeilte. Von allen Menschen auf der Welt hatte er das größte Interesse herauszufinden, wie es um sie stand.
    An der Ampel einen Block vor dem Krankenhaus verlangsamte er das Tempo, wartete aber nicht, bis sie auf Grün schaltete. Auf dem Klinikgelände riß er das Steuer so scharf herum, daß die Räder des Wagens gequält kreischten.
    Um diese Zeit war der Empfang der Klinik verwaist. Ein Schild forderte Besucher auf, sich zur Notaufnahme zu begeben. Thomas sprintete den Gang hinunter, bis er ein kleines Wartezimmer und dahinter einen Raum mit einem großen Glasfenster erreichte. In dem Raum saß eine Schwester, trank Kaffee und starrte auf einen kleinen Fernsehapparat. Thomas hämmerte mit der Faust gegen das Glasfenster.
    »Kann ich Ihnen helfen?« fragte die Schwester.
    »Ich bin auf der Suche nach meiner Frau«, sagte Thomas. »Sie ist vor etwa drei Stunden mit einer Ambulanz hierher gebracht worden.«
    »Bitte, nehmen Sie einen Moment Platz.«
    »Ist sie hier?« fragte Thomas.
    »Wenn Sie Platz nehmen würden, kann ich in der Zwischenzeit den Doktor holen. Ich glaube, er ist derjenige, mit dem Sie sprechen sollten.«
    O Gott, dachte Thomas und setzte sich gehorsam auf einen der leeren Stühle. Er hatte keine Ahnung, was ihm bevorstehen mochte. Glücklicherweise mußte er nicht lange warten, denn wenige Minuten später erschien ein Orientale in einem zerknitterten grünen Kittel. Der Orientale blinzelte in dem grellen, fluoreszierenden Licht, stellte sich als Dr. Chang vor und sagte: »Es tut mir leid, Sir. Ihre Frau ist nicht mehr bei uns.«
    Einen Moment lang dachte Thomas, der Mann wollte ihm sagen, daß Cassi gestorben sei, aber dann fuhr Dr. Chang fort: »Sie hat die Klinik bereits wieder verlassen.«
    »Was?« rief Thomas.
    »Sie war selbst Ärztin«, entschuldigte sich Dr. Chang.
    »Was wollen Sie damit sagen?« fragte Thomas wütend.
    »Als sie eingeliefert wurde, hatte sie einen Insulinschock, infolge einer Überdosis. Wir haben ihr Zucker gegeben, und ihr Zustand hat sich wieder stabilisiert. Dann wollte sie gehen.«
    »Und Sie haben es ihr erlaubt?«
    »Ich wollte nicht, daß sie geht«, sagte Dr. Chang. »Ich habe mich dagegen ausgesprochen, aber sie hat darauf bestanden. Sie hat das Krankenhaus gegen den Rat des behandelnden Arztes verlassen. Ich habe ihre Unterschrift. Wenn Sie wollen, zeige ich sie Ihnen.«
    Thomas ergriff Dr. Changs Arm. »Wie konnten Sie das zulassen!? Sie hat einen Schock erlitten. Sie wußte wahrscheinlich gar nicht, was sie sagte.«
    »Sie war bei klarem Verstand und hat das Entlassungsformular unterschrieben. Ich konnte überhaupt nichts dagegen unternehmen. Sie sagte, sie wollte ins Boston Memorial. Ichwußte, daß sie dort in besseren Händen sein würde, da ich kein Spezialist für Diabetes bin.«
    »Womit ist sie weggefahren?« fragte Thomas.
    »Sie hat sich ein Taxi genommen«, sagte Dr. Chang.
    Thomas rannte den Korridor in die entgegengesetzte
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