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Gold. Pirate Latitudes

Gold. Pirate Latitudes

Titel: Gold. Pirate Latitudes
Autoren: Michael Crichton
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weit entfernt war, erkannte er Hunter, der am Bug stand, zusammen mit einer Frau. Was konnte das bedeuten? Er zerbrach sich den Kopf, was Hunter geplant haben mochte.
    Doch schließlich beschwichtigte er sich mit der Gewissheit, dass kein Trick möglich war. Hunter war schlau, aber auch Schlauheit hatte ihre Grenzen. Und Hunter musste wissen, dass er ihn selbst von Weitem so rasch und einfach erledigen könnte, wie er sich eine Fliege vom Ärmel wischte. Sanson könnte ihn jetzt töten, wenn er wollte. Aber dazu bestand kein Grund. Er wollte lediglich seine Freiheit und eine Begnadigung. Dafür brauchte er Hunter lebend.
    Das Ruderboot kam näher, und Hunter winkte fröhlich. »Sanson, Ihr französischer Sauhund!«, rief er.
    Sanson grinste und winkte zurück. »Hunter, Ihr englischer Dreckskerl!«, rief er mit einer Heiterkeit, die er nicht empfand. Seine Anspannung war groß und wuchs weiter, als er merkte, wie zwanglos Hunter sich verhielt.
    Das Ruderboot kam längsseits der El Trinidad. Sanson beugte sich leicht über die Reling und zeigte ihnen die Armbrust. Aber er wollte sich nicht zu weit vorbeugen, sosehr er auch darauf brannte, einen Blick ins Boot zu werfen.
    »Warum seid Ihr gekommen, Hunter?«
    »Ich hab Euch ein Geschenk mitgebracht. Dürfen wir an Bord kommen?«
    »Nur Ihr zwei«, sagte Sanson und trat von der Reling zurück. Er lief rasch zur anderen Seite des Schiffes, um nachzusehen, ob ein anderes Boot aus der anderen Richtung kam. Er sah nur ruhiges Wasser, das lediglich von den Flossen kreisender Haie gekräuselt wurde.
    Als er sich umdrehte, hörte er, wie zwei Leute an der Bordwand hochkletterten. Er hob seine Armbrust, als die Frau auftauchte. Sie war jung und verdammt hübsch. Sie lächelte ihn fast schüchtern an und trat beiseite, als Hunter an Deck kam. Hunter blieb stehen und blickte Sanson an, der zwanzig Schritte entfernt war, die Armbrust schussbereit.
    »Keine sehr gastfreundliche Begrüßung«, sagte Hunter.
    »Ihr müsst mir verzeihen«, sagte Sanson. Er sah die junge Frau an, dann wieder Hunter. »Habt Ihr alles Nötige in die Wege geleitet, um meine Forderungen zu erfüllen?«
    »Ja. Während wir uns unterhalten, ist Sir James dabei, die Papiere aufzusetzen. Sie werden in wenigen Stunden überbracht.«
    »Und die Bedeutung Eures Besuchs?«
    Hunter lachte auf. »Sanson«, sagte er, »Ihr kennt mich als einen Mann der Vernunft. Ihr wisst, Ihr habt alle Trümpfe in der Hand. Ich muss allem zustimmen, was Ihr sagt. Diesmal wart Ihr zu schlau, selbst für mich.«
    »Ich weiß«, sagte Sanson.
    »Eines Tages«, sagte Hunter und seine Augen wurden schmaler, »werde ich Euch aufspüren und töten. Das schwöre ich Euch. Aber fürs Erste habt Ihr gewonnen.«
    »Das ist ein Trick«, sagte Sanson, dem plötzlich klar wurde, dass hier irgendetwas faul war.
    »Kein Trick«, sagte Hunter. »Folter.«
    »Folter?«
    »In der Tat«, sagte Hunter. »Es ist nicht immer alles, wie es scheint. Damit Ihr den Nachmittag angenehm verbringen könnt, habe ich Euch diese Frau mitgebracht. Ich bin sicher, wir sind uns einig, dass sie äußerst bezaubernd ist – für eine Engländerin. Ich lasse sie Euch hier.« Hunter lachte. »Falls Ihr Euch traut.«
    Jetzt musste Sanson lachen. »Hunter, Ihr seid des Teufels Diener. Wenn ich mich der Frau widme, kann ich nicht mehr Wache halten, ja?«
    »Möge ihre englische Schönheit Euch foltern«, sagte Hunter, verbeugte sich kurz und kletterte wieder an der Bordwand herunter. Sanson lauschte auf die dumpfen Geräusche von Hunters Füßen am Rumpf des Schiffes und dann auf das abschließende Poltern, als Hunter ins Boot sprang. Er hörte, wie Hunter den Befehl zum Ablegen gab, und hörte die Schläge der Ruder.
    Es war ein Trick, dachte er. Irgendein Trick. Er sah die Frau an: Sie musste irgendwie bewaffnet sein.
    »Hinlegen«, knurrte er schroff.
    Sie wirkte verwirrt.
    »Hinlegen!«, wiederholte er und stampfte mit dem Fuß aufs Deck.
    Sie legte sich auf die Planken, und er näherte sich ihr vorsichtig, tastete dann ihre Kleidung ab. Sie hatte keine Waffen. Trotzdem war er sicher, dass es ein Trick war.
    Er ging zur Reling und spähte hinaus zu dem Boot, das jetzt mit kräftigen Schlägen aufs Ufer zusteuerte. Hunter saß am Bug und blickte landwärts, ohne sich umzusehen. Es waren sechs Ruderer. Keiner fehlte.
    »Darf ich aufstehen?«, fragte die Frau kichernd.
    Er drehte sich wieder zu ihr um. »Ja, steh auf«, sagte er.
    Sie erhob sich und ordnete ihre Kleidung.
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