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Glücksfall

Glücksfall

Titel: Glücksfall
Autoren: Marian Keyes
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Talentierte. Der Süße. Der Schwule. Der Verrückte. Und der Sonderling.
    Wayne war immer der Verrückte gewesen. Seine Verrückt heit zeigte sich am deutlichsten an seinen Haaren: Man hatte ihm eine Frisur verpasst, mit der sein Haar aussah wie das Opernhaus in Sydney, und er hatte es mit sich machen lassen. Zu seiner Verteidigung muss man sagen, dass er damals sehr jung war und es nicht besser gewusst hat, und in den letzten Jahren hatte er es mit einer völlig normalen Frisur wiedergutgemacht.
    All das lag natürlich mehrere Leben zurück. Viel Wasser war den Fluss runtergeflossen, seit sie einen Nummer-eins-Hit gehabt hatten. Die Fünfergruppe der Laddz war zu einem Quartett geschrumpft, als sich der Talentierte nach zwei erfolgreichen Jahren abgesetzt hatte. (Er war zu einem Weltstar geworden, der seine trübe Herkunft in einer Boygroup nie, niemals erwähnte.) Die zurückgelassenen vier machten noch eine Weile weiter, und als sie sich irgendwann trennten, interessierte es niemanden.
    Unterdessen brach Waynes Privatleben zusammen. Seine Frau Hailey verließ ihn und tat sich mit einem echten Rock star, einem gewissen Shocko O’Shaughnessy, zusammen. Als Wayne einmal auf Shockos Landsitz auftauchte und seine Frau zurückholen wollte, erfuhr er, dass sie von Shocko schwanger war und keinerlei Absicht hatte, zu Wayne zurückzukehren. Zur gleichen Zeit war Bono zu Gast bei seinem Freund Shocko und stellte sich schützend vor ihn, und in dem ganzen Aufruhr schlug der aufgebrachte Wayne Bono mit einem Schlagstock aufs linke Knie und brüllte: »Das ist für Zooropa! «
    Nach so viel Unglück beschloss Wayne, sich als richtiger Künstler neu zu erfinden, er trennte sich also von seiner verrückten Frisur, ließ sich ein Spitzbärtchen wachsen, sagte ein- oder zweimal in Sendungen des öffentlichen Radiosenders »fuck« und nahm ein paar Alben mit Akustikgitarre und Songs über unerwiderte Liebe auf. Wegen der weggelaufenen Frau und der Attacke gegen Bono gab es in der Öffentlichkeit viel Zuspruch für Wayne, und er hatte einigen Erfolg, aber offenbar nicht genug, denn sein Label ließ ihn nach wenigen Alben fallen, und kurze Zeit später verschwand er völlig aus dem Blickfeld der Öffentlichkeit.
    Dann war es ziemlich lange still um ihn … doch inzwischen schien genug Zeit vergangen zu sein. Der eisige Schnee des Winters war getaut, der Frühling gekommen. Die kreischenden Teenie-Fans der Laddz von damals waren jetzt erwachsene Frauen, die Kinder und einen Hang zur Nostalgie hatten. Genau betrachtet war das Comeback-Kon zert nur eine Frage der Zeit gewesen.
    Und so, erzählte Jay Parker mir, hatte er sich vor drei Monaten den vier Männern als Manager angeboten und ihnen (das vermute ich nur, aber ich kenne ihn ja) ungeheure Reichtümer versprochen, wenn sie sich für eine Weile wieder zusammentun würden. Sie alle hatten sich bereit erklärt und umgehend genaue Anweisungen bekommen, Kohlehydrate aus ihrer Ernährung zu streichen und täglich ein Lauftraining von acht Kilometern zu absolvieren. Und ein bisschen zu üben. Bloß nicht übertreiben.
    »Die angekündigten Konzerte schlagen unglaublich hohe Wellen«, sagte Jay. »Und wenn alles gut geht, machen wir eine Tournee durchs ganze Land, vielleicht kriegen wir ein paar Auftritte in England, eine DVD zu Weihnachten, wer weiß, was noch … Die Jungs könnten ein bisschen Kohle gut gebrauchen.«
    Soweit ich gehört hatte, waren die Laddz bankrott oder mehrfach verheiratet oder klassischen Oldtimern verfallen, von allem etwas.
    »Aber Wayne ist nicht richtig eingestiegen«, sagte Jay. »Vielleicht am Anfang, aber in der vergangenen Woche war es … schwierig mit ihm. In den letzten Tagen ist er nicht zu den Proben gekommen. Jemand hat ihn mit einer Feigen-Focaccia und einem Glas Nutella gesehen … Außerdem hat er sich den Kopf kahl rasiert …«
    »Was?«
    »Beim Beten hat er geweint.«
    »Beim Beten!«
    Jay machte eine abfällige Handbewegung. »John Joseph besteht darauf.«
    Stimmte ja. John Joseph Hartley – der Süße, wenigstens war er das vor fünfzehn Jahren gewesen – war irgendwie gläubig. »Was genau meinst du mit Beten?«, fragte ich. »Bud dhistisches Mantra-Singen?«
    »Nein , nein . Alte Schule . Hauptsächlich Rosenkranz . Schadet ja nicht. Wahrscheinlich ist es eine gute Übung, um einander näherzukommen. Aber einmal, wir waren mitten im dritten schmerzhaften Geheimnis, da ist Wayne plötzlich in Tränen ausgebrochen. Hat wie ein Mädchen
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