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Glaub an das Glueck, Annabelle

Glaub an das Glueck, Annabelle

Titel: Glaub an das Glueck, Annabelle
Autoren: Jennie Lucas
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sanft. „Wollen wir weitergehen?“
    Als er am Stakkato ihrer hohen Absätze hörte, dass sie versuchte, zu ihm aufzuschließen, verlangsamte er seine Schritte und provozierte wie zufällig wirkende Berührungen, die zu flüchtig waren, als dass Annabelle Zeit zu einer Reaktion oder gar zum Protest geblieben wäre.
    Irgendwann hielt er vor dem antiken Gemälde einer streng wirkenden Frau an.
    „Ist das ein Goya?“, fragte Annabelle etwas atemlos.
    „Ja, ich glaube, es ist tatsächlich einer“, entgegnete Stefano leichthin und führte seinen Gast in einen riesigen Raum mit hohen Stuckdecken und dunklem Dielenboden. „Das ist der Speisesaal“, erläuterte er und wies auf einen langen Tisch, um den antike Stühle standen. „Hier esse ich zusammen mit meinen Leuten. Meine Haushälterin Señora Gutierrez hält nicht viel von unseren Tischmanieren, deshalb zieht sie sich während der Mahlzeiten meist zurück. Aber ich kann mit Standesdünkel nicht viel anfangen. Wir sind hier alle gleichberechtigt.“
    „Abgesehen von der Tatsache, dass Ihnen hier alles gehört“, erinnerte Annabelle ihn mit ironischem Lächeln, das Stefano mit einem anerkennenden Lächeln honorierte.
    „Exactamente.“
    Einen Moment lächelten sie einander zu, bis Annabelle sich abrupt umwandte und auf ein verblichenes Gemälde wies, das eine der weißen Wände zierte. „Ihr Familienwappen nehme ich an?“
    „Mein Wappen?“ Er lachte rau. „Ganz sicher nicht! Meine Eltern waren hier Bedienstete, als der Gutsbesitz noch einer Adelsfamilie gehörte. Der jüngeren Generation war dieser Pazo zu ländlich und wenig glamourös, darum zogen sie in einen Palacio nach Madrid und ließen das Haus leer stehen. Dank der Einnahmen aus meiner kurzen, ruhmreichen Zeit als Springreiter habe ich es mir für einen Spottpreis unter den Nagel reißen können.“
    Der sarkastische Unterton in den Worten kurz und ruhmreich, mit denen er seine beachtenswerte Karriere beschrieb, ließ Annabelle aufmerken.
    „Ich habe davon gehört“, erklärte sie.
    „Haben Sie?“, kam es zurück.
    Sie nickte knapp. „Die anderen Gestütsbesitzer konnten es kaum abwarten, mir davon zu erzählen, wie Sie mit neunzehn Ihr Pferd während der International Equestrian Show in London direkt vor einem Hindernis gestoppt haben. Sie hätten das Springreiten gewinnen können, stattdessen haben Sie sich ohne Erklärung aus dem Profireitsport zurückgezogen. Keiner konnte mir sagen, warum. Wollen Sie mich nicht über Ihre Motive zu diesem ungewöhnlichen Schritt aufklären?“
    „Vielleicht ein anderes Mal“, versprach er vage, in dem festen Entschluss, das ganz sicher nicht zu tun, und wandte sich wieder dem verblichenen Wappen zu. „Als das Haus renoviert wurde, habe ich die Wand nur deshalb nicht überpinseln lassen, weil meiner Mutter das Gemälde so gut gefallen hat.“
    „Was für eine nette Geste. Stehen Ihre Eltern und Sie sich nahe?“
    „So war es tatsächlich, leider sind die beiden inzwischen verstorben. Meine Mutter hat nur ein Jahr hier gelebt.“
    Als er sich ihr zuwandte, sah Stefano Betroffenheit in den schönen grauen Augen und sogar ein paar Tränen, wenn er sich nicht täuschte.
    „Es tut mir sehr leid, das zu hören“, sagte sie rau. „Meine Mutter starb, als ich gerade mal zwei Jahre alt war.“
    „Wie traurig“, erwiderte er leise. „Und was ist mit Ihrem Vater? Lebt er noch?“
    Da senkte sie den Blick, murmelte etwas Unverständliches und räusperte sich.
    „Haben Sie Geschwister?“, wollte sie dann wissen.
    Natürlich war ihm nicht entgangen, dass sie versuchte, das Thema zu wechseln. „Nein, ich bin ein Einzelkind“, gab Stefano bereitwillig Auskunft, während er sich fragte, wie Annabelle zu ihrem Vater stehen mochte, da es ihr offenbar widerstrebte, über ihn zu reden.
    „Ich habe sieben Brüder, die ich leider viel zu selten sehe.“ Ihr Ton klang abschließend. „Ihr Haus ist sehr schön, Mr Cortez, aber ich glaube, ich finde mich jetzt zurecht. Würden Sie mir nur noch mein Zimmer zeigen?“ Ohne auf seine Antwort zu warten, wandte Annabelle sich um und verließ den Speisesaal.
    Stefano folgte ihr und bewunderte ihre geschmeidigen Bewegungen. Sie ging wie eine Tänzerin, mit sehr geradem Rücken, jeden Fuß bewusst setzend. Dabei wirkte sie ruhig und gelassen – und wieder weder kalt noch hart, wie alle sie ihm beschrieben hatten.
    Außer natürlich, wenn sie seine zarten Annäherungsversuche boykottierte. Davon abgesehen aber war sie
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