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GK0134 - Die Drachenburg

GK0134 - Die Drachenburg

Titel: GK0134 - Die Drachenburg
Autoren: Jason Dark
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wucherte und fast die Schultern berührte. Der struppige Bart bedeckte die untere Gesichtshälfte und ließ nur zwei Lippen frei, von denen die Oberlippe gespalten war. Der Mann hatte kalte hervorquellende Augen, die denen glichen, die Sandra draußen bei den beiden Fabelwesen gesehen hatte. Ein langer brauner Umhang umwallte die Gestalt des Fremden. Die Ärmel waren weit geschnitten wie bei einer Mönchskutte.
    Noch immer war Sandra von diesem Anblick gebannt, und erst als der Unheimliche seine Hand von ihrer Schulter nahm, löste sich die Erstarrung.
    »Wer sind Sie?« flüsterte Sandra.
    Der Fremde lächelte. Es war ein wissendes, aber auch diabolisches Lächeln. »Man nennt mich den Count of Blackmoor«, erwiderte er, und seine Gestalt straffte sich.
    Sandra wankte einen Schritt zurück. »Aber – aber der Count ist tot«, ächzte sie.
    »Wirklich?«
    Dieses Wort klang aus dem Munde des Mannes so überheblich und wissend, daß es Sandra vorzog, zu schweigen. Sie begriff nichts mehr. Sicher, sie hatte die Drachenburg gefunden und wollte auch das Geheimnis dieser Burg lösen, aber daß sie auf einmal einem Toten gegenüberstehen sollte, das ging doch über ihr Begriffsvermögen.
    Plötzlich drehte sich alles vor ihren Augen, und hätte der Count nicht schnell genug reagiert und sie aufgefangen, so wäre Sandra zu Boden gestürzt.
    Als wäre sie eine Feder, so leicht hob der Count sie hoch. Sandra öffnete die Augen und begegnete dem Blick des Unheimlichen. Er war abschätzend und forschend, und Sandra hatte plötzlich das unbestimmte Gefühl, in den Armen eines Vampirs zu liegen.
    »Sie werden hungrig und durstig sein«, sagte der Count. »Gedulden Sie sich einige Minuten. Es ist bereits alles vorbereitet.«
    Sandra wollte fragen, wieso der Mann von ihrer Ankunft gewußt hatte, doch sie traute sich auf einmal nicht mehr. Alles war so selbstverständlich geworden, daß Sandra bereits mit dem Gedanken spielte, so schnell nicht mehr fortzulaufen.
    Der Count trug sie zur Stirnseite des langen Tisches und setzte sie dort auf einen Stuhl. Er nahm ihr gegenüber Platz und klatschte zweimal in die Hände.
    Lautlos öffneten sich die Türen. Sandras Augen wurden weit, als sie die Frauen sah, die den Saal betraten. Sechs waren es insgesamt, die hier als Dienerinnen auftraten.
    Alle Frauen trugen eine Tracht, die vor rund achthundert Jahren modern gewesen war. Die einfachen Kleider reichten bis hinunter zum Boden und wurden durch Stoffgürtel gehalten. Weiße Hauben bedeckten die Köpfe und ließen die Gesichter der Frauen strenger erscheinen als sie in Wirklichkeit waren. Wie festgefroren saß das Lächeln auf den Lippen, als sich die Frauen schweigend vor Sandra verbeugten.
    Die junge Studentin hatte das Gefühl, im Mittelpunkt eines Märchens zu stehen. Zu unwirklich war das, was sie erlebte, und dabei geschah dies mitten im zwanzigsten Jahrhundert.
    »Unser Gast ist hungrig und durstig«, unterbrach die Stimme des Countes die Stille. »Bringt ihm zu essen und zu trinken!«
    Die Dienerinnen verneigten sich abermals und verschwanden ebenso lautlos wie sie gekommen waren.
    Sandra wischte sich über die Augen. War das überhaupt noch Realität, was sie eben erlebt hatte, oder befand sie sich in einem Traum, der irgendwann einmal zu Ende gehen würde?
    »Ich sehe, Sie sind etwas verwirrt, meine Liebe«, sagte der Count, stützte die Ellenbogen auf den Tisch und legte beide Hände gegeneinander.
    Sandra atmete erst einmal tief durch, ehe sie antwortete. »Ja, Sir, ich bin sogar sehr verwirrt. Es ist alles unfaßbar. Die geheimnisvolle Burg, die Frauen, Ihre moderne Sprache, Sir, obwohl Sie doch aus einer Zeit stammen, die…«
    Der Count lachte. »Ja, ich gebe zu, es klingt etwas seltsam, aber wenn Sie mich jetzt ausreden lassen, wird Ihnen alles sehr natürlich vorkommen. Sehen Sie, ich habe einen Pakt geschlossen.«
    »Einen Pakt?«
    »Ja, mit Tok-El, dem Druidengott und Baumeister dieser Burg.«
    »Um Himmels willen«, flüsterte Sandra und wurde blaß.
    Der Count fuhr fort. »Wie ich bemerke, sagt Ihnen der Name Tok-El etwas, und dann wissen Sie sicherlich auch, daß sich die Druidengötter schon immer des Menschen bedient haben, um ihre Macht auszuweiten. Ich habe von Tok-El die Unsterblichkeit bekommen und mußte ihm nur als Gegenleistung einen Opferaltar einrichten. Er befindet sich tief im Berg, auf dem die, Burg gebaut worden ist. Doch leider hat jede Sache zwei Seiten. Tok-El, auch ›Der Drachengott‹ genannt, ist
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