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Gib dich hin (German Edition)

Gib dich hin (German Edition)

Titel: Gib dich hin (German Edition)
Autoren: Kerstin Dirks
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verbrannte Stofffetzen hingen um seinen Leib. Seine schwarzen Haare verdeckten sein engelsgleiches Gesicht, und doch wusste sie, dass es Mandrake war. Sein Atem ging rasch, stoßweise. Die Haare wirkten verklebt. Unter ihm hatte sich eine Blutlache gebildet.  
    »Mein Gott!«, rief sie erschrocken aus und stürzte zu ihm. Sie drehte ihn herum und entdeckte eine riesige Wunde in seiner Brust.  
    »Mandrake!« Tränen stiegen ihr in die Augen. Sie hatte ihn im Stich gelassen. Sie hätte sich nicht mit den anderen verschanzen, sondern ihm helfen müssen. Irgendwie. Irgendetwas hätte sie tun müssen.  
    »Es tut mir so leid«, sagte sie aufgelöst und schluckte die Tränen hinunter.  
    Da öffnete er die Augen und lächelte sie so zärtlich an, dass ihr warm ums Herz wurde.  
    »Es ist gut«, flüsterte er angestrengt.  
    »Gut?« Sie schüttelte verzweifelt den Kopf. Nichts war gut. Er lag im Sterben! »Sag mir, wie ich dir helfen kann, bitte! Soll ich einen Krankenwagen rufen?«  
    »Nein.«  
    »Aber …«  
    »Sie würden erkennen, was ich bin.«  
    Sie nahm sanft seinen Kopf und legte ihn in ihren Schoß, zog dabei rasch den Pullover aus und drückte ihn auf die Wunde. Irgendwie mussten sie die Blutung stillen!  
    Seine Hand tastete nach ihrer. Und als er sie fand, hielt er sie fest. Sein Händedruck war schwach, fast nicht vorhanden. Erneut trieb es ihr die Tränen in die Augen.  
    »Maddy … und ich haben … sie vernichtet. Du … brauchst dich nicht … mehr zu fürchten.«  
    Eine Träne lief ihr über die Wange und landete auf seiner Stirn. Sie betrachtete sein bleiches Gesicht. Er sah so schwach aus, wie sie ihn nie zuvor gesehen hatte. Und doch umspielte  
    ein kleines Lächeln seine Lippen.  
    »Sag mir, was ich tun kann«, flehte sie.  
    »Es ist so schön … dass ich dich … noch einmal sehen darf.«  
    »Sag doch so was nicht! Du wirst wieder gesund, und dann sehen wir uns ganz oft.«  
    Die Angst, ihn zu verlieren, dass er unter ihren Händen wegstarb, ließ sie erzittern. Was sollte ohne ihn werden? Sie konnte sich überhaupt nicht vorstellen, wie es dann weitergehen sollte. Er gehörte jetzt zu ihr, war ein Teil von ihr und ihrem Leben geworden.  
    Mandrake antwortete nicht mehr. Sein Kopf rutschte von ihrem Schoß, fiel zur Seite und blieb reglos liegen. Cynthia starrte ihn entsetzt an. Ihr Herz setzte für einen Schlag aus, aber dann begann sie hemmungslos zu weinen, beugte sich über ihn, hielt ihn fest, als könnte sie ihn dadurch in dieser Welt halten. Zitternd krallten sich ihre Finger in seinen Leib, und sie erinnerte sich daran, was Nick und ihre Eltern immer zu ihr gesagt hatten. Du hast heilende Hände. Damit solltest du irgendwann mal dein Geld verdienen.  
    Diese Hände sollten gefälligst Mandrake heilen! Er durfte sie nicht verlassen. Das würde sie nicht aushalten. Verbissen krallte sie sich fester an ihn. »Bleib hier«, schrie sie verzweifelt auf. Aber er reagierte nicht mehr. Aberglaube hin oder her, sie hatte nichts zu verlieren. Vielleicht funktionierten sie ja doch, diese Hände. Sie zog die Nase hoch, wischte sich die Tränen aus den Augen und legte beide Hände auf die offene Wunde. Entschlossen, einmal an ihre Kräfte zu glauben. Es wird funktionieren, redete sie sich ein. Es muss! Mandrake durfte nicht sterben!  
    »Bitte kämpfe!«, schrie sie ihn an und konzentrierte sich auf die Wunde, stellte sich vor, wie sie sich schloss, wie sich das Gewebe wieder miteinander verband, wie sich zerrissene Gefäße regenerierten. Sie spürte das Blut unter ihren Fingern und die Wärme, die sich um ihre Haut legte, die sie von innen durchströmte, sich aber nicht auf seinen Körper auszuweiten schien. Erneut brach sie in Tränen aus, schmiegte sich an ihn, hielt ihn fest. Sein Körper war eiskalt geworden, sie musste ihn wärmen. Irgendwie.  
    Vorsichtig tastete sie seine Brust ab, spürte, dass sein Herzschlag nur noch sehr schwach war. Doch überhaupt etwas zu spüren gab ihr Hoffnung! Er lebte noch! Sie musste sein Herz irgendwie stärken. Erneut konzentrierte sie sich auf ihn, auf seinen Körper, so stark, dass es auch für sie körperlich anstrengend wurde. Schweiß rann ihr über die Stirn, Hitze entstand in ihrem Inneren. Sie spürte, wie sie aus ihren Fingerkuppen entwich, schließlich seine Haut umschmiegte und endlich auf ihn überging. Zumindest ein wenig. Jetzt nur nicht aufgeben. Sie biss die Zähne zusammen, konzentrierte sich stärker, immer
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