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Gezeiten der Liebe

Gezeiten der Liebe

Titel: Gezeiten der Liebe
Autoren: N Roberts
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demolierten die Wohnung und machten soviel Krawall, daß die Nachbarn, die bisher darauf geachtet hatten, sich bloß nicht einzumischen, wütend gegen die Tür hämmerten.
    »Er hatte die Hände um ihren Hals gelegt«, fuhr Ethan fort. »Und ich lag auf dem Fußboden und schaute zu ihnen hoch, sah, wie ihre Augen hervorquollen und dachte, vielleicht tut er es ja. Vielleicht erledigt er es für mich. Da bekam sie ein Messer zu fassen und stach damit zu. Sie bohrte es ihm in dem Moment in den Rücken, als die Nachbarn, die gegen die Tür gehämmert hatten, eindrangen. Ich hörte Schreie, Kreischen. Sie nahm dem Mistkerl die Brieftasche ab, während er blutend auf dem Fußboden lag. Und dann floh sie, ohne einen Blick an mich zu verschwenden.«
    Achselzuckend wandte er sich ihr wieder zu. »Irgend jemand rief die Polizei, und ich wurde ins Krankenhaus gebracht. Ich kann mich nicht mehr an alles erinnern, aber da landete ich. Ärzte, Cops und Sozialarbeiter«, sagte er leise. »Sie stellten Fragen, schrieben alles auf. Ich schätze, sie haben nach ihr gesucht, sie aber nie gefunden.«
    Dann schwieg er, so daß nur das Plätschern des Wassers zu hören war, der Ruf der Insekten, derWiderhall von Gitarrenklängen. Grace sagte nichts, da sie wußte, daß er noch nicht fertig war. Noch nicht ganz.
    »Stella Quinn nahm an einem Ärztekongreß in Baltimore teil und machte Visite im Krankenhaus. Sie kam zu mir ans Bett. Vermutlich hat sie sich mein Krankenblatt angesehen, ich weiß es nicht mehr. Ich weiß nur, daß sie da war, sich mit den Händen auf das Fußteil stützte und mich ansah. Sie hatte liebevolle Augen, keine weichen, aber liebevolle Augen. Sie sprach zu mir. Ich achtete nicht auf das, was sie sagte, nur auf ihre Stimme. Sie kam immer wieder. Manchmal war Ray bei ihr. Eines Tages sagte sie zu mir, ich könne mit ihnen nach Hause kommen, wenn ich wollte.«

    Er verstummte erneut, als sei das alles. Aber Grace dachte nur, daß der Moment, in dem die Quinns ihm ein Heim geboten hatten, erst der Beginn gewesen war.
    »Ethan, mein Herz blutet für dich. Und ich weiß jetzt, daß es, so sehr ich die Quinns in all den Jahren auch geliebt und bewundert habe, doch noch längst nicht genug war. Sie haben dich gerettet.«
    »Ja, sie haben mich gerettet«, bestätigte er. »Und nachdem ich beschlossen hatte, weiterzuleben, tat ich, was in meiner Macht stand, um ihnen Ehre zu machen.«
    »Du bist, warst schon immer der anständigste Mensch, dem ich jemals begegnet bin.« Sie ging zu ihm, schlang die Arme um ihn und hielt ihn fest, obgleich er ihre Umarmung nicht erwiderte. »Laß mich dir helfen«, murmelte sie. »Laß mich bei dir sein, Ethan.« Sie hob das Gesicht und preßte ihren Mund auf seinen. »Laß mich dich lieben.«
    Erschauernd riß er sich los. Dann umarmte er sie, als wolle er sie zerdrücken. Sein Mund holte sich den Trost, den sie ihm darbot. Er stand schwankend da und hielt sich an ihr fest wie an einer Rettungsleine in stürmischer See. »Ich kann es nicht tun, Grace. Es ist nicht fair dir gegenüber.«
    »Du bist, was ich will.« Sie klammerte sich an ihn, als er sie von sich schieben wollte. »Nichts, was du gesagt hast, ändert etwas an meinen Gefühlen. Nichts könnte daran etwas ändern. Ich liebe dich nur um so mehr.«
    »Hör mir zu.« Seine Hände zitterten nicht. Er packte sie fest bei den Schultern und schob sie von sich weg. »Ich kann dir nicht geben, was du brauchst, was du willst, was du haben solltest. Ehe, Kinder, eine Familie.«
    »Ich will nichts als . . .«
    »Sag mir nicht, daß du all das nicht brauchst. Ich weiß, daß es so ist.«
    Sie holte tief Luft. »Ich brauche all das mit dir. Ich möchte mit dir leben.«

    »Ich kann dich nicht heiraten. Ich kann dir die Kinder nicht geben, die du dir wünschst. Ich habe mir geschworen, niemals das Risiko einzugehen, an ein Kind weiterzugeben, was von ihr in mir ist.«
    »In dir ist nichts von ihr.«
    »O doch.« Er packte noch fester zu. »Du hast es an dem Tag im Wäldchen selbst erlebt, als ich dich wie ein Tier unter dem Baum nahm. Du hast es gemerkt, als ich dich anbrüllte, weil du in einem Pub arbeitest. Und ich selbst habe es so oft erlebt, wenn mich jemand reizte oder herausforderte, daß ich es schon nicht mehr zählen kann. Es zurückzuhalten heißt nicht, daß es nicht da ist. Ich kann dir kein Versprechen geben oder ein Kind mit dir zeugen. Ich liebe dich zu sehr, um dich in dem Glauben zu lassen, daß es niemals zu einen Ende mit
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