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Gewitterstille

Gewitterstille

Titel: Gewitterstille
Autoren: Sandra Gladow
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Innenhof zu dem kleinen Anbau, in dem ein Teil der Zimmer untergebracht war.
    »Es ist ja nicht so, dass ich nicht auch erlebt hätte, wie Kinder brüllen können, wenn sie nicht gesund sind. Ich kann auch absolut verstehen, dass man sich dann etwas zum Essen aufs Zimmer bestellt. Mir dann aber die Zimmertür mit einer Plastikhaube auf dem Kopf zu öffnen und zu sagen, man färbe sich gerade die Haare, ist mehr als schräg.« Die Frau schüttelte bei der Erinnerung an ihre Begegnung mit Petra Kessler den Kopf. »Keine Mutter, die Ihnen sagt, ihr Kind sei schwer krank und habe Fieberkrämpfe, fängt in aller Ruhe an, sich die Haare zu färben.«
    »Haben Sie das Kind gesehen?«, fragte Bendt. »In welchem Zustand war das Mädchen?«
    »Schwer zu sagen«, antwortete die Frau, während sie den Anbau betraten. »Als die beiden bei uns eingecheckt haben, hat das Kind in seinem Maxi-Cosi geschlafen. Und ach ja, das war auch komisch. An dem Autositz hing noch ein Preisschild. Ich meine, welche Mutter kauft für ein so großes Kind noch einen neuen Autositz, den es höchstens noch ein paar Wochen benutzen kann?«
    Sie gingen die Treppe in den ersten Stock hinauf.
    »Jetzt ist alles ruhig. Vorhin konnte man die Kleine schon unten an der Tür brüllen hören. Der Vertreter aus Zimmer vierzehn hat vielleicht ein Theater gemacht wegen des Lärms.«
    Bendt hielt seinen Zeigefinger vor seine Lippen, worauf hin die Frau sofort verstummte. Im Flur brannte nur schwa ches Licht.
    Braun hielt sein Ohr an die Tür und gab Bendt dann mit einem Schulterzucken zu verstehen, dass nichts zu hören war.
    »Vielleicht schlafen beide«, sagte er und begann dann vernehmlich mit dem Handballen anzuklopfen. Es blieb weiterhin still.
    Jetzt klopfte er energischer.
    »Frau Möller«, rief er den Namen, unter dem Petra Kessler im Hotel eingecheckt hatte. »Öffnen Sie bitte die Tür. Mein Name ist Kommissar Braun, ich habe einige Fragen an Sie.«
    Als sich im Inneren des Raumes erneut nichts tat, bat Braun die Rezeptionistin, die Tür zu öffnen.
    Bendt trat zuerst ein und schaltete das Licht an. Er erkannte den Gegenstand, der auf dem Bett lag, sofort.
    »Emilys Stoffhase!«, sagte er und nahm das Plüschtier an sich, das neben dem Zimmerschlüssel auf dem gemachten Bett abgelegt war. Braun lief derweil hastig ins Badezimmer, das er ebenfalls leer vorfand. Einer Eingebung folgend warf er einen Blick in den kleinen Alu-Mülleimer unter dem Waschbecken und zog einige Fetzen Pappe hervor. Petra Kesslers Aufbruch war offenbar sehr überstürzt gewesen; zumindest hatte sie sich keine Zeit mehr zum Aufräumen genommen.
    »Wir sind zu spät gekommen!«, fluchte er in sein Polizeifunkgerät. »Die Leute können abziehen«, gab er an den Einsatzleiter der Hamburger Kollegen weiter. »Ach, und übrigens, Frau Kessler ist jetzt brünett.«
    Zurück im Kommissariat, schlichen die Stunden nur so dahin. Braun hatte sich kaum Schlaf gegönnt und hielt sich mit literweise starkem Kaffee aufrecht. Er blickte auf, als Bendt in sein Büro trat.
    »Sophies Zustand ist weiterhin kritisch«, berichtete dieser von seinem soeben geführten Telefonat mit der Klinik und ließ sich Braun gegenüber auf einen Stuhl fallen. »Wir werden sie bis auf Weiteres nicht vernehmen können.«
    Braun seufzte, er war erschöpft. Es wäre eine Frage von Stunden, bevor der Haftbefehl gegen Asmus aufgehoben werden müsste. Der im Schließfach am Hamburger Hauptbahnhof aufgefundene Schlüssel hatte erwartungsgemäß in das Türschloss des Brandhauses gepasst, und inzwischen galt Petra Kessler aufgrund der neuen Ermittlungsergebnisse als dringend tatverdächtig. Der gegen Asmus verbleibende Verdacht des Diebstahls und der fahrlässigen Körperverletzung zulasten Bendts rechtfertigte nicht das Fortbestehen der Untersuchungshaft, nachdem Asmus insoweit geständig war und er zudem einen festen Wohnsitz hatte.
    »Mist, verdammt!«, fluchte Braun. »Sobald publik gemacht wird, dass der Mordverdacht gegen Asmus fallen gelassen wurde und er auf freiem Fuß ist, kann Petra Kessler zwei und zwei zusammenzählen und weiß, dass wir ihr auf den Fersen sind. Es wird nur eine Frage der Zeit sein, wann die Presse davon Wind bekommt und Asmus seine Nase in die erstbeste Kamera hält.«
    Ihnen beiden war klar, dass es vermutlich keine vierundzwanzig Stunden dauern würde, bevor die Medien über sie herfielen, weil man Petra Kessler erst sehr spät ins Visier genommen hatte. Aber das war Braun in diesem Moment
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