Gestern, heute - jetzt
nicht einen absolut erstklassigen Champagner. „Gut“, knurrte er grimmig.
„Wie bitte?“, fragte Simone perplex.
„Ich hätte dasselbe getan“, erklärte er.
Er … „Was?“
„Du hast mich verstanden.“
„Nun, ja, aber …“ Hatte er tatsächlich gerade seine Zustimmung ausgedrückt? „War das etwa ein Kompliment?“
„Ich weiß nicht.“ Um seine Mundwinkel zuckte es. „Möglich. Es war verdammt hart, es auszusprechen.“
„Das kann ich mir vorstellen“, entgegnete sie mit einem herausfordernden Lächeln. „Heißt das, dass wir Freunde sind?“
„Nein, es heißt, dass wir einen gemeinsamen Feind haben, und deine Skrupellosigkeit beeindruckt mich.“
War da etwa der Hauch eines Lächelns in seinen Augen? Schwer zu sagen, doch es wäre möglich. „Ich hatte einen guten Lehrer“, versetzte sie mit einem Achselzucken. „Er hat mir beigebracht, wie ich die Menschen beschützen kann, die ich liebe. Am Anfang habe ich ein wenig gebraucht, aber irgendwann kam ich dahinter.“
„Josien kommt übrigens nicht zur Hochzeit“, bemerkte Gabrielle betont lässig, ganz konnte sie ihre Enttäuschung jedoch nicht verbergen. „Sie sagt, dass sie ihre Lungenentzündung noch nicht gut genug überstanden hat, als dass sie schon wieder so weit reisen könnte.“
„Aber das war dir doch sicherlich von Anfang an klar?“, warf Simone ein. „Ich dachte, du hättest die Hochzeit extra nach Australien gelegt, um Josien fernzuhalten!“
„Nun, ja, das war einer der Gründe, sie hier zu feiern“, gab Gabrielle zu. „Aber nicht der einzige. Jetzt kommen mir Zweifel.“
„Du kannst ihr doch einen kurzen Besuch abstatten, wenn ihr aus den Flitterwochen zurückkommt“, schlug Simone sanft vor. „Mit der Zeit wird sie vielleicht akzeptieren können, wer und was du bist.“
„Hat dir die Person, die dich gelehrt hat, wie man diejenigen schützt, die man liebt, nicht auch beigebracht, nicht an Märchen zu glauben?“, warf Rafael ein.
„Doch, aber es hat nichts bewirkt“, konterte Simone. „Im Gegensatz zu ihm glaube ich an Abbitte und Erlösung. Ich bin davon überzeugt, dass mit etwas gutem Willen eine gescheiterte Beziehung wieder neu aufgebaut werden kann. Vielleicht nicht zu dem, was Menschen sich erhoffen , aber zu etwas, das es wert ist, sich die Mühe zu machen.“
„Optimistin“, sagte er.
„Feigling.“
„Oh, Gott“, stöhnte Gabrielle genau in dem Moment, als der Maitre wieder in den Raum eilte.
„Mehr Wein“, verkündete Inigo fröhlich. „Unmengen von Wein.“ Er blickte auf Rafaels leeres Champagnerglas. „Da war wohl jemand durstig, oder?“ Und geflüstert zu Simone: „Der Chefkoch möchte mit Ihnen sprechen. Wann wäre eine gute Zeit?“
„Vielleicht später“, entgegnete sie, während Inigo drei Flaschen Weißwein öffnete und die entsprechenden Gläser hervorholte.
„Ich würde ja bleiben“, flötete er, „aber ich weiß, dass Sie keine Anleitung brauchen, wenn es darum geht, einen Wein zu kosten. Außerdem muss ich zurück in die Küche und meinen Champagner bewachen.“ Er deutete auf ein kleines Metallglöckchen auf dem Sideboard. „Klingeln Sie, wenn Sie fertig sind.“
„Ich komme mit Ihnen“, verkündete Gabrielle rasch. „Ich muss mich mit dem Koch noch kurz über den Entengang für das Menü unterhalten.“
„Und ich dachte, deine Entscheidungsfähigkeit hätte dich verlassen“, kommentierte Simone trocken.
„Sie ist zurückgekehrt“, gab Gabrielle nachdrücklich zurück. „Aber ihr könnt gerne einen Weißwein in meiner Abwesenheit aussuchen. Nur bitte …“, sie suchte einen Moment nach den richtigen Worten, „… streitet nicht, ja? Seid nett.“ Mit einem letzten warnenden Blick auf ihren Bruder folgte sie Inigo in die Küche.
Schweigen folgte auf ihren Abgang. Simone wurde mit einem Schlag bewusst, dass sie mit dem Mann allein war, an den sie einst ihr Herz verloren hatte. Ein Großteil ihres Wagemuts war mit Gabrielle verschwunden.
„Sollen wir uns an höflicher Konversation versuchen?“, fragte sie schließlich und begegnete seinem Blick. „Oder sollen wir einfach nur trinken?“
Wortlos griff er nach einer Flasche und füllte zwei Gläser. Gute Antwort.
Sie nippte, kostete und schenkte dem Wein ihre ganze Aufmerksamkeit. Rafael tat dasselbe.
Währenddessen dehnte sich das Schweigen weiter aus.
„Zu leicht?“, befand sie nach einer Weile.
„Ja“, stimmte er zu und schenkte den nächsten Wein ein.
Dieser hatte mehr
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